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CO2-frei wie Greta in die USA reisen: Geht das auch bequem?

Als „Campingtrip auf einer Hochschaubahn“ bezeichnete Greta Thunberg ihre deklariert CO2-freie Reise mit einem Segelschiff von England nach New York. Ihr Boot, die 18 Meter lange und 4,5 Meter breite Malizia II, gilt als eine der modernsten Hightech-Rennjachten der Welt, die auch bei meterhohem Wellengang Geschwindigkeiten bis zu 30 Knoten (55 km/h) erreicht.

„Es wird nicht komfortabel werden“, war Thunberg schon vor Reiseantritt klar. Zwei Wochen dauerte die Tortur an Bord, wo statt Betten Schlafkojen mit Gurten zum Festzurren und statt eines Badezimmers mit Klo nur ein roter Plastikkübel zur Verfügung stand.

Tunbergs Reise war mit zwei Wochen deutlich kürzer als die üblichen drei bis vier Wochen für eine Fahrt über den Atlantik in einem Segelboot. Massentauglich (und bequem) ist das Reisen in teuren Rennjachten aber eher nicht. Mit dem Flugzeug ist man zwar von London aus in acht Stunden im Big Apple (über den Komfort in der Economy-Class lässt sich streiten), aber auch verantwortlich für rund 900 Kilogramm Kohlendioxid-Emissionen.

Doch wie kann klimafreundliches transatlantisches Reisen dann aussehen?

Wasserstoffflugzeug

Ende der 1980er Jahre bauten sowjetische Ingenieure eine Tupolev-Linienmaschine in das erste Wasserstoff-Flugzeug der Welt um, die TU-155. In den Düsen wurde kein Kerosin zu Kohlendioxid, sondern Wasserstoff zu Wasser verbrannt.

Mit dem Ende der Sowjetunion wurde die Technologie nicht weiterverfolgt, was auch mit den technischen Herausforderungen zu tun hat: Die Tanks können nicht wie beim Kerosin-Modell in den Flügeln verstaut werden, da sich große Mengen nur unter hohem Druck und großer Kälte speichern lassen.

Elektroflugzeug

Wasserstoff hat zwar viel Energie pro Kilogramm, braucht aber viel mehr Volumen. Daher ist das bisher keine brauchbare Alternative“, erklärt Luftfahrtexperte Andreas Galffy von der TU Wien. Beim Versuchsflugzeug TU-155 wurde der Wasserstoff in den Turbinen verbrannt. Inzwischen gibt es Versuche, Wasserstoff nur als Energiespeicher in Flugzeugen mit Elektroantrieb zu verwenden. Der Wasserstoff wird dabei in Brennstoffzellen in Strom umgewandelt (dabei entsteht wieder nur Wasser). Luftfahrt-Experte Palffy winkt aber ab. „Hier hat man das gleiche Problem wie mit den Akkus in Flugzeugen. Die Energiedichte ist vor allem im Vergleich zu Kerosin nur ein Fünfzigstel und damit viel zu gering, besonders über den Atlantik.“

Elektroflugzeuge gibt es zwar einige wenige, diese finden sich aber nach wie vor höchstens als Prototypen am Himmel. Ineffizient seien bisher auch Lösungen, wo Flugzeug samt Tragflächen mit Fotovoltaik-Paneelen ausgestattet wurden: „Die liefern maximal nur fünf Prozent der Energie“, sagt Gallfy.

Zeppeline

Seit Jahren erprobt werden auch wieder Zeppeline. Diese haben seit der Hindenburg-Katastrophe im Jahr 1937 keine gute Presse. Das Schiff explodierte beim Landen in Lakehurst, New Jersey, 35 Menschen fanden den Tod. Doch damals wurde, weil die USA den Export von (unbrennbarem) Helium an Nazi-Deutschland verboten hatte, das Luftschiff mit dem (hochentzündlichen) Wasserstoff gefüllt.

Heute werden Luftschiffe nur mit Helium gefüllt. „Bei der Flugshow in Paris präsentierte eine neue Firma namens Flying Whales wieder ein Transport-Luftschiff“, erzählt Galffy, der dem Projekt aber kritisch gegenübersteht: Luftschiffe seien sehr behäbig, hätten enorme Probleme bei starkem Wind, und sie bräuchten ohnehin noch immer technische Lösungen, wie das Luftschiff angetrieben wird.

Bio-Kerosin

CO2-neutrales Fliegen sei derzeit nur mit nachwachsenden Biokraftstoffen möglich, gibt Galffy zu. Allerdings verbrennt eine typische Langstreckenmaschine vom Typ 777 rund 6,8 Tonnen Treibstoff – pro Stunde. Derzeit rechnet man mit einer Treibstoff-Ausbeute (Ethanol) bei Mais von rund 3700 Liter pro Hektar (10.000 ) und Jahr.

Zum Vergleich: In Europa werden täglich rund 230 Millionen Liter getankt – nur in der Luftfahrt. „Derzeit zeichnet sich keine eindeutige Lösung für die Luftfahrtindustrie ab“, gibt Galffy zu.

Tunnel

Was bleibt dann noch? In den 1960er Jahren kam die Idee für einen transatlantischen Eisenbahntunnel zwischen New York und London auf, das wurde aber bald wieder fallen gelassen. Rudern Tatsächlich haben Menschen schon in Ruder- und Paddelbooten den Atlantik überquert, es finden sogar Regatten statt.

Im Internet finden sich Mitfahrbörsen für Segelschiffe über den Atlantik. Da funktioniert das Mitfahren nach dem Prinzip „Hand für Koje“: Man muss also während der Überfahrt auch mitarbeiten.

Schnelle Lösungen gibt es also derzeit nicht. Und was schlägt die Wissenschaft vor? Eine faire Kerosin-Steuer. Wenn man fliegt, soll man auch länger dort bleiben. Und es soll vorab geklärt werden, ob eine Videokonferenz statt des Business-Flugs nicht sinnvoller sein könnte.

Schädlicher Flugverkehr

Weltweit wird der internationale Flugverkehr für 4 bis  5 Prozent der Treibhausgas-Emissionen verantwortlich gemacht.  Neben Kohlendioxid durch die Verbrennung des Fossil-Treibstoffs Kerosin, sehen Wissenschaftler die Emissionen von im Kerosin enthaltenen Stick- und Schwefeloxiden als klima-relevant an.

Und kaum eine Branche wächst so schnell wie der internationale Flugverkehr. Schätzungen gehen davon aus, dass sich der Flugverkehr in den nächsten 20 Jahren verdoppeln wird, insbesondere in Südostasien.

Seit 2016 gibt es eine – freiwillige – Regulierung der Treibhausgas-Emissionen durch einen globalen Mechanismus mit Zertifikate-Kauf. Das CORSIA (Carbon Offsetting and Reduction Scheme for International Aviation) genannte Projekt sieht vor, dass eine Pilotphase von 2021 bis 2023 startet und ab 2024 eine freiwillige Phase bis 2026 läuft. Danach soll das Projekt für alle Staaten verpflichtend werden.

Geplant ist auch, dass das Wachstum im Flugverkehr ab 2020 -neutral erfolgen soll – durch Kompensation in Form von Klimaschutzprojekten, wie etwa Aufforstung.

Kerosin-Steuer

In Europa ist der Kerosin-Treibstoff derzeit mit null Prozent besteuert, obschon in den meisten anderen Staaten, auch in den USA, eine Kerosin-Steuer eingehoben wird.

In Österreich sieht die Situation ebenso dramatisch aus: Im Jahr 1990 verursachte der Flugverkehr 0,9 Millionen Tonnen, im Vorjahr waren es 2,3 Millionen Tonnen. Das entspricht dem jährlichen Ausstoß von 1,5 Millionen Benzin-Pkw, hat der Verkehrsclub Österreich berechnen lassen.

Während hierzulande die -Emissionen des Pkw-Verkehrs seit dem Jahr 1990 um 60 Prozent zugenommen haben und jene des Straßengüterverkehrs  um 91 Prozent, sind die klimaschädlichen Emissionen des Flugverkehrs um 155 Prozent gestiegen.

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Bernhard Gaul

Geboren in Wien-Penzing, Jahrgang 1974. Einst u.a. Redakteur bei Krone.at. Seit März 2005 im Innenpolitik-Ressort des KURIER. Kernthemen Bildung und Klimapolitik. EU-Korrespondent von Februar 2009 bis April 2012 in Brüssel. Als Journalist bei den UN-Klimakonferenzen Bali (2007), Cancún (2010), Paris (2015), Katowice (2018), Madrid (2019), Glasgow (2021), Sharm el-Sheik (2022) und Dubai (2023). Verheiratet, eine Tochter. Kleingärtner, Wiener. E-Mountainbiker, Skifahrer, Snowboarder.

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