Distance Learning: Technisches Chaos bei beliebter Lernplattform
Am ersten Schultag, der von vielen von zu Hause absolviert wurde, kam es zu einem großen Chaos technischer Natur: Es gab Server-Probleme bei den einzelnen Schul-Plattformen, die im Einsatz sind. Während es bei der Kommunikations-App „Schoolfox“ schon im Vorfeld zu Ausfällen kam, betrafen die technischen Probleme am Dienstag vor allem die Plattform Eduvidual.
Ein einziger Server
Diese kommt an rund 70 Prozent aller Gymnasien in Österreich und 37 Prozent der Mittelschulen zum Einsatz. Sie basiert auf der Lernplattform Moodle und bietet jeder Schule einen separaten, privaten Kursbereich, der selbst verwaltet werden kann. Die Plattform wird allerdings zentral administriert und gewartet und zwar auf nur einem einzigen Server. Dieser Server für die Plattform steht im Bildungsministerium und wird vom Bundesrechenzentrum (BRZ) betreut.
"Es kam zu hohen Zugriffszahlen und das führte zu Engpässen“, bestätigte eine Sprecher des Bildungsministeriums der futurezone. „Wir sind gerade dabei, zusätzliche Kapazitäten anzuschaffen.“ Bereits am Montag habe es Probleme gegeben, die man am Dienstag gegen Mittag "weitgehend im Griff" gehabt habe.
Doch bereits im ersten Lockdown hatte die Software mit entsprechenden Problemen gekämpft, damals war sie noch im Testbetrieb. „Lehrer und Eltern waren damals von den Ausfällen bei Eduvidual so frustriert, dass sie auf Microsoft- und Accenture-Produkte umgestiegen sind“, berichtet eine betroffene Mutter.
Mehr Nutzer
Der Pädagoge und Leiter des Projekts, Robert Schrenk, bedauert die Probleme. „Ich würde aber derzeit nicht empfehlen, die Plattform zu wechseln und bitte Schulen um Geduld. Wir arbeiten seit einer Woche rund um die Uhr daran, dass die Plattform stabil läuft“, so Schrenk. Denn seit Ende Oktober hat sich die Zahl der Nutzer verzehnfacht.
Eduvidual wird seit 2019 vom Zentrum für Lernmanagement entwickelt und basiert auf einer Open-Source-Lösung. Damit sei die Plattform nachhaltig, so Schrenk. „Alle Entwicklungen, die gemacht werden, sind ebenfalls Open Source und im Gegensatz zu Produkten, bei denen Lizenzen eingekauft werden, habe ich am Ende der Entwicklung hier eine langfristige Lösung, die allen zur Verfügung steht“, so der Pädagoge, der auch Informatiklehrer ist. „Wir sind nicht von einem externen Konzern abhängig“, sagt Schrenk.
Pilot auf Regelbetrieb
Der Umstieg vom Pilotprojekt auf den Regelbetrieb erfolgte aufgrund der Krise schneller als geplant und zwar binnen weniger Wochen. „Das ist etwas, was normalerweise Monate in Anspruch nimmt, damit es ausgiebig getestet werden kann, bevor es umgestellt wird“, sagt Schrenk. Das dahinterliegende Moodle-System sei aber prinzipiell problemlos für die gleichzeitige Nutzung von Hunderttausenden Menschen ausgelegt und erprobt, so der Experte des Zentrums für Lernmanagement.
Die Software-Plattform wird in ihrem Endausbau, der für 2021 anvisiert wird, viele Vorteile für Pädagogen mit sich bringen, wie etwa eine bessere Vernetzung der Lehrkräfte über mehrere Schulen hinweg. Das dahinterliegende Moodle-System sei außerdem prinzipiell problemlos für die gleichzeitige Nutzung von Hunderttausenden Menschen ausgelegt und erprobt, so der Experte des Zentrums für Lernmanagement. Die Moodle-Plattform hat weltweit mehr als 240 Millionen Nutzer. „Wir tun gerade alles, was wir in der aktuellen Situation tun können“, beschreibt Schrenk.
Wenn jetzt aufgrund der Server-Probleme viele Schulen und Lehrer abwandern würden, wäre das „total schade“. „Aber natürlich ist es ein Kriterium, dass eine Plattform funktioniert. Eine, die das nicht tut, braucht keiner“. Die Zusammenarbeit mit dem Bildungsministerium habe in der Vergangenheit aber sehr gut funktioniert und Schrenk geht davon aus, dass die Server-Probleme bald dauerhaft behoben sein werden.