Solarstrom vom Dach: Große Bauträger wollen massiv ausbauen
Wenn es darum geht Flächen zu finden, um Solarenergie zu nutzen, bieten sich Hausdächer ziemlich gut an. Sie werden die meiste Zeit direkt von der Sonne angestrahlt und werden von Menschen kaum genutzt - außer es handelt sich um eine Dachterrasse. Um Photovoltaikanlagen darauf zu errichten, muss man keinen zusätzlichen Grund verbauen und Stromanschlüsse sind auch vorhanden. Im dritten Teil unserer Serie über den Photovoltaik-Ausbau in Österreich sehen wir uns an, wie sehr Gebäudedächer momentan und in Zukunft für die Erzeugung von Ökostrom genutzt werden.
Szenario mit allen Hausdächern der Welt
Wie groß das Potenzial von Dächern zur Solarstromgewinnung ist, dazu gibt es verschiedene Angaben. Laut einer Studie des University College Cork in Irland könnte man insgesamt 27.000 Terawattstunden Strom pro Jahr erzeugen, wenn man alle Dachflächen der Welt (rund 200.000 Quadratkilometer) mit PV-Anlagen bestücken würde. Mit diesem Wert könnte man den gesamten Energieverbrauch der USA decken (ca. 24.000 TWh), jenen Chinas (ca. 40.000 TWh) aber nicht.
40 Prozent des Ausbaus auf Dächern möglich
Für Österreich hat Christian Mikovits von der Universität für Bodenkultur Berechnungen angestellt, wonach rund 730 Quadratkilometer Dachflächen vorhanden wären. Wenn diese Fläche mit PV-Modulen bestückt wäre, würde deren Leistung locker ausreichen, um Österreichs Klimaziele (Plus 11 TWh PV-Strom bis 2030) zu erreichen. "Es gibt aber mehrere Einschränkungen", sagt Mikovits zur futurezone. Dachflächen ließen sich meist nicht vollständig nutzen, weil es Aufbauten gebe, etwa Rauchfänge, Fenster oder Lüftungsanlagen.
Viele Dächer sind zu steil, ungünstig ausgerichtet (Norden), zu wenig tragfähig oder denkmalgeschützt. Die Stromnetze vieler Häuser könnten PV-Anlagen dazu nur bis zu einer gewissen Dimension verkraften. Abgesehen von den Voraussetzungen am Dach gebe es auch finanzielle Faktoren, Fachkräftemangel und Verfügbarkeitsprobleme. Am Ende bliebe ein wesentlich geringerer Wert übrig. "Bis 2030 sind es nur noch 7 Jahre. Von den 11 Terawattstunden werden wir unserer Ansicht nach auf Dachflächen mit sehr viel Bemühen 40 Prozent erreichen", sagt Mikovits. Das Nutzen von Freiflächen für das Errichten von PV-Anlagen sei daher unbedingt notwendig.
Alleinige Hausbesitzer*innen haben es leichter
Die Solarenergienutzung sei bei Neubauten am einfachsten umzusetzen. "Wenn man eine PV-Anlage von vornherein einplant, ist es leichter", meint Mikovits. Hausbesitzer*innen seien klar im Vorteil, weil sie Entscheidungen allein treffen können. "Bei Mehrparteienhäusern muss die ganze Eigentümer*innengemeinschaft zustimmen, wenn eine PV-Anlage am Dach errichtet werden soll - und zwar einstimmig." Weigert sich nur eine Person, sei das Projekt gestorben.
Große Bauträger hätten es am ehesten in der Hand, PV-Anlagen auf großen Hausdachflächen zu errichten. Hervorragend eignen sich etwa Industriegebäude von größeren Betrieben. "Die Dächer sind oftmals flach, da gibt es keine Schattenseiten und man kann PV-Module optimal auf die Sonne ausrichten. Industriegebäude sind auch besser an das Stromnetz angeschlossen." Das Potenzial großer Flachdächer würden auch Photovoltaikfirmen erkennen, die PV-Anlagen auf eigene Kosten errichten und Betrieben Pacht für die Dachnutzung zahlen.
Rasanter Ausbau auf öffentlichen Gebäuden
Aber auch bei öffentlichen Gebäuden, Bürogebäuden oder im Wohnbau liegt die Errichtung von PV-Anlagen im Trend. Ein paar der größten Bauträger des Landes haben der futurezone gegenüber große Ausbaupläne mitgeteilt. Die Bundesimmobiliengesellschaft (BIG) besitze bereits PV-Anlagen auf 127 seiner rund 2000 Liegenschaften mit einer Gesamtleistung von 6.251 Kilowatt. Bis Ende 2023 soll sich diese Summe mehr als verdoppeln, auf 14.000 kW. Insgesamt belaufe sich das Potenzial für PV-Anlagen auf den Dächern der BIG, zu der u.a. viele Gebäude von Schulen, Universitäten und Ministerien zählen, auf 40 Megawatt.
Die Stadt Wien hat mit ihrer Sonnenstrom-Offensive ähnlich ambitionierte Ziele. Die Errichtung von PV-Anlagen werde auf sämtlichen öffentlichen Gebäuden evaluiert. Auch auf Gemeindebauten werden PV-Anlagen in großem Stil errichtet. Ein Beispiel dafür ist die Wohnhausanlage Ameisbachzeile, wo Module mit einer Gesamtfläche von 1256 Quadratmeter jährlich 213.000 Kilowattstunden produzieren sollen. Mit dem Solarpotenzialkataster und Förderungen versucht man auch, Anreize für private Hauseigentümer zu schaffen.
So viele Module wie möglich aufstellen
Bauordnungen in einzelnen Bundesländern (Wien, Niederösterreich, Steiermark) schreiben die Errichtung von PV- oder Solarthermie-Anlagen auf manchen Gebäuden verpflichtend vor. Private Bauträger scheinen aber durchaus bereit dazu, die vorgesehenen Mindestanforderungen zu übertreffen. Von der Kallco Development GmbH heißt es etwa, bei Neubauten wolle man PV-Module "in maximaler Zahl" errichten. Künftig wolle man auch PV-Module an Fassadenflächen andenken, solange sie architektonisch verträglich und ertragswirksam seien. Bei den zuletzt errichteten Projekten seien PV-Anlagen mit einer Dichte von ca. einem Quadratmeter pro Wohnung errichtet worden.
Die BUWOG will ihre Dachflächen ebenfalls maximal für PV-Anlagen nutzen. Der damit erzeugte Strom soll u.a. für Wärmepumpen verwendet werden, um von fossilen Energieträgern bei der Raumwärme wegzukommen. Ziel sei es auch, Allgemeinflächen mit Solarstrom zu versorgen. Darüber hinaus könnten künftig auch Mieter*innen vom lokal erzeugten Strom profitieren - die Umsetzung von Strommessung und Abrechnung sei aber komplex.
Die GESIBA will mit PV-Strom vom Dach ebenfalls allgemeine Einrichtungen wie Aufzüge, Ganglicht, Lüftungen, Waschküchen, Saunas oder Schwimmbäder versorgen. Man wolle sowohl Neubauten als auch Bestandsgebäude möglichst flächendeckend mit PV-Anlagen ausstatten. Laut Karin Schindler von der GESIBA gebe es aber zahlreiche Herausforderungen, u.a. die Verfügbarkeit von Material und Fachkräften. Der Materialmangel werde ihrer Meinung nach auch in Zukunft ein Problem darstellen, sie bleibe aber optimistisch: "Noch haben wir es immer geschafft."
Dieser Artikel ist Teil 3 einer dreiteiligen Serie zum Thema Photovoltaik-Ausbau. Teil 1 ging es darum, wo Photovoltaik-Anlagen künftig überall platziert werden könnten. Teil 2 behandelte Photovoltaik in alpinen Regionen und Skigebieten.