Wie Solaranlagen umweltfreundlich produziert werden können
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Die Solaranlage erntet das Sonnenlicht und produziert damit elektrischen Strom. In ihrer Nutzung setzt sie weder CO2 noch andere Schadstoffe in die Atmosphäre frei. Photovoltaik (PV) zählt daher zu den wichtigsten Technologien zur sauberen Energiegewinnung.
Viele Gegner*innen kritisieren aber, dass bei der aufwendigen Produktion von Solarmodulen nicht nur CO2 ausgestoßen wird, sondern auch ein höherer Energieaufwand entsteht, als die Anlage später liefern kann. Studien zeugen jedoch von einer hohen Effizienz. Bei 20 Jahren Laufzeit erzeugt eine Anlage das Zehnfache an Energie, die für die Herstellung benötigt wurde.
Materialverschleiß verringern
Dennoch gibt es Luft nach oben. Denn die Herstellung von PV-Anlagen ist hochkomplex und daher anfällig für das Auftreten von Fehlern in den einzelnen Produktionsschritten. Dadurch steigen Kosten und Energie. Künstliche Intelligenz (KI) könnte in Zukunft eine Null-Fehler-Fertigung ermöglichen und den allgemeinen Produktionsprozess von PV-Anlagen optimieren.
Dieses Bestreben verfolgt ein Forschungsteam des AIT Austrian Institute of Technology gemeinsam mit 11 europäischen Partnern im Rahmen des EU-Projekts Platform-Zero. Zum Einsatz kommen neue Prüfverfahren, um Defekte in der Herstellung frühzeitig zu erkennen und zu vermeiden.
„Die langfristige Zielsetzung ist, den Materialverschleiß zu minimieren und die Produktionskosten zu senken“, sagt Govinda Lilley vom Center for Vision, Automation & Control vom AIT, der futurezone. Je nach Produktionsverfahren und Produktionsschritt kommen unterschiedliche Sensoren zur Anwendung.
Für die visuelle Überprüfung wird die am AIT entwickelte Inline-Computational-Imaging-Technologie genutzt. Sie kombiniert sehr schnelle 2D- und 3D-Bildaufnahmemethoden mit intelligenten Algorithmen. Alle Sensordaten werden dann zusammengeführt, um mithilfe einer künstlichen Intelligenz Abweichungen zu erkennen, bevor defekte Solarzellen am Ende der Produktionslinie vom Band rollen und entsorgt werden müssen.
Platform-Zero
Die Anwendungen der neuen Prozessüberwachung und der künstlichen Intelligenz werden in 4 Pilotanlagen in den Ländern Österreich, Spanien, Deutschland und Polen getestet. In diesen Pilotanlagen befasst man sich mit intelligenten Beschichtungen für Photovoltaik, hocheffizienten Solarmodulen sowie flexiblen Solarfolien aus verschiedenen Materialien.
10 Millionen Euro beträgt das Gesamtbudget für das gemeinsame EU-Projekt, das von Victor Izquierdo von der Gruppe Solarenergie-Materialien und -Systeme am IREC koordiniert wird.
Perowskit statt Silizium
Die KI-Techniken werden im Vorfeld auf der optimal laufenden Produktionslinie trainiert, um dann im Betrieb Abweichungen vom Optimum zu erkennen und der Anlagensteuerung zu melden. Werden die Abweichungen korrigiert, können Fehlproduktionen vermieden werden.
Die reduzierten Fertigungsfehler implizieren laut Régis Decorme von R2M Solution, technischer Partner in dem Konsortium, auch eine effizientere Nutzung der kritischen Rohstoffe, die für PV-Anlagen genutzt werden. Der Bedarf der Produktionslinien an diesen Materialien könne so um 10 Prozent gesenkt und die Kosteneffizienz im gesamten PV-Herstellungsprozess optimiert werden.
Als Material werden für das Projekt das Mineral Perowskit oder CIGS – ein Material aus den Elementen Kupfer, Indium, Gallium und Selen – bevorzugt. Beide Werkstoffe bieten einen höheren Wirkungsgrad als etwa polykristallines Silizium, das standardmäßig bei Solarmodulen zum Einsatz kommt.
Die Materialien sind auch günstiger und haben einen kleineren CO2-Fußabdruck. Generell soll Platform-Zero einen neuen, grünen Weg zur Herstellung von PV-Geräten aufzeigen. Auch soll das Projekt laut dem Team dazu beitragen, die Photovoltaik-Industrie der EU durch eine erwartete Produktivitätssteigerung von 10 Prozent in eine führende Position auf globaler Ebene zu bringen.
Die Abhängigkeit Europas von fossilen Brennstoffen und kritischen Rohstoffen könne dadurch verringert werden. Gestartet wurde Platform-Zero im Jänner 2023. Das Projekt ist auf 4 Jahre ausgelegt.
Dieser Artikel entstand im Rahmen einer Kooperation zwischen AIT und futurezone.
Weniger Energie bei exakt berechneter Prozessdauer
Die Kosten- und Energieeinsparung bei der Herstellung von Photovoltaik-Anlagen beginnt schon bei der Optimierung der Produktionsprozesse kleinster Bauteile – ein Ziel des Forschungsprojekts ThermoTec des AIT Austrian Institute of Technology und seines Partnerunternehmens Plansee SE. Im Fokus stehen Hochleistungswerkstoffe wie Wolfram oder Molybdän. Diese Metalle spielen in der Herstellung von PV-Anlagen als Beschichtungsmaterialien eine leistungsentscheidende Rolle.
Sie weisen eine hohe thermische und elektrische Leitfähigkeit, Korrosionsbeständigkeit und einen hohen Schmelzpunkt auf. Damit sie aber ihre volle Leistungsfähigkeit erreichen, müssen sie einer Wärmebehandlung unterzogen werden, die in einem elektrischen Hochtemperatur-Ofen stattfindet.
1.600 Grad Celsius
„Ein wichtiger Prozessschritt bei der Herstellung von Produkten aus Molybdän und Wolfram ist der Glühprozess bei Temperaturen bis zu 1.600 Grad Celsius“, sagt der AIT-Forscher Martin Niederer der futurezone. Dies ist ein zeit- und energieintensiver Prozess – dessen Optimierung ist daher von besonderem Wert. Normalerweise wird die dem jeweiligen Material entsprechende gewünschte Temperatur für eine gewisse Zeit auf diesem Niveau gehalten. So können die Komponenten eine vorgegebene Temperatur für eine bestimmte Mindestglühzeit erreichen. Im Anschluss werden sie wieder abgekühlt.
Die exakte Einhaltung dieser Mindestglühzeit ist wichtig, je nach Beladung des Ofens und der thermischen Trägheit der Materialien aber schwer abschätzbar. In der Praxis wählt man daher sicherheitshalber eine längere Dauer für den Glühprozess, wobei allerdings Zeit und Energie verschwendet werden. Ist die Dauer aber zu kurz, wirkt sich das negativ auf die Materialeigenschaften aus.
„Das Ziel des gemeinsamen Projektes war es, die Dauer und den Energieverbrauch des Prozessschritts bei gleichbleibender Produktqualität zu reduzieren“, so Niederer. Durch Messungen, Analysen und Modellierungen wurde ein Algorithmus entwickelt, der die gewünschte Mindestglühzeit für jede Ladung im Ofen zuverlässig bestimmen kann.
Weniger CO2
Tests haben gezeigt, dass die Gesamtdauer des Prozesses um 12 Prozent gesunken ist. Der eingesparte Energiebedarf und die Reduktion der CO2-Emissionen entsprechen hingegen dem Verbrauch von 15 Einfamilienhäusern im Jahr.
Generell kommt die Optimierung des Prozesses aber nicht nur der Photovoltaik zugute. Weitere Profiteure sind laut Niederer unter anderem die Elektronikindustrie und die Medizintechnik. „Die Idee hinter der entwickelten Lösung, die zu der Verbesserung des Prozesses führte, kann in vielen weiteren Prozessschritten in der metallverarbeitenden Industrie angewandt werden“, sagt der Forscher.
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