Der Pitztaler Gletscher hat eine PV-Anlage auf 3000 m

Der Pitztaler Gletscher hat eine PV-Anlage auf 3000 m

© Florian Jamscheck/ehoch2

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Was Solaranlagen im Hochgebirge bringen

In unserem Nachbarland Schweiz ist ein regelrechter Hype rund um Photovoltaik-Anlagen in den Bergen, speziell in hochalpinen Regionen, entbrannt. Doch macht das trotz höherer Kosten, schwieriger Transportbedingungen und stärkeren Umwelteinflüssen überhaupt Sinn?

Tatsächlich gibt es einige Vorteile: Gerade in den Wintermonaten, wenn wir Strom importieren müssen, können mit Solaranlagen in höheren Regionen bessere Erträge erzielt werden. „Durch kältere Temperaturen, die dafür sorgen, dass die Module leistungsfähiger sind, und durch die höhere Anzahl an Sonnenstunden jenseits von Nebel und Wolken kann deutlich mehr Strom erzeugt werden“, erklärt Hubert Fechner, Obmann der österreichischen Technologieplattform Photovoltaik, im Gespräch mit der futurezone.

Nicht nur die sonnige Höhenlage wirkt sich positiv aus, sondern auch, dass es deutlich weniger Staub und Schmutz gibt als in städtischen Gebieten. Auch durch Schneereflexionen kommt es vor allem im Winter zu einer Ertragssteigerung.

Pionierprojekt aus Österreich

Am Pitztaler Gletscher in Tirol gibt es seit 2015 Europas höchstgelegenes Photovoltaikkraftwerk mit einer Höchstleistung von ca. 1.000 kWp (Kilowattpeak). Es wurde auf rund 3.000 Meter Höhe gebaut. Die PV-Anlage mit einem Jahresertrag über 1.450.000 kWh (Kilowattstunden), das ist Energie für 380 bis 420 Haushalte pro Jahr, gilt als Pionieranlage in alpinen Regionen.

Sie zählt zu den „Herzensprojekten“ von Florian Jamschek von der Firma ehoch2, die die technische Umsetzung des Projekts verantwortet hat. Laut Jamschek liegt der Ertrag am Gletscher pro Kilowatt installierter Leistung bei ca. 1.480 kWh (Kilowattstunde). Im Tal wären es nur etwa 900 bis 1.100 kWh - und das bei einer Anlage, die bereits acht Jahre alt ist. „Wir haben aktuell rund 40 Prozent Mehrertrag. Heutzutage könnte man mit bifazialen Modulen die Erträge noch deutlich erhöhen“, erklärt Jamschek der futurezone. Bifazial bedeutet, dass das Modul auf der Vorder- und auf der Rückseite zur Stromerzeugung genutzt werden kann.

Wenn die Anlage nicht auf Stützen steht, die hoch genug sind, könnten Schneeverwehungen die Anlage einschneien und die Module beschädigen

Es gibt auch Herausforderungen: Schnee

„Solche Anlagen sind wirklich sinnvoll, weil wir irrsinnig viel Strom erzeugen können“, sagt Jamschek. Dafür gibt es jedoch andere Herausforderungen. „Ein Problem, das von anderen Betreibern definitiv unterschätzt wurde, ist die Tatsache, dass PV-Anlagen eingeschneit werden können und dadurch kaputt gehen“, erklärt der Experte. Schneeablagerungen und Windverwehungen können sich hier extrem negativ auswirken.

„Wir haben am Pitztaler Gletscher daher Schneemessungen durchgeführt, bevor man die Höhe der Konstruktion fixiert hat. Der höchste Schnee lag sechs Meter und deshalb haben wir die Anlage mit 7,5 Meter sehr hoch gebaut. Das hat sich ausgezahlt“, erklärt Jamschek. Auch ein Lawinenschutz habe sich bereits bewährt, denn da sei vor 3 Jahren tatsächlich erstmalig eine Lawine runtergekommen, die die Anlage ohne Schutz zerstört hätte, so der Experte. Auch sei es durchaus schwierig gewesen, die Materialien an Ort und Stelle zu transportieren. Hier muss man mit höheren Kosten rechnen als im Tal.

Ski- und Wandergebiete mit Tourismus profitieren

Beim Pitztaler Gletscher handelt es sich außerdem um ein Ski- und Wandergebiet, das sowohl im Winter, als auch im Sommer touristisch genutzt wird. „Durch die PV-Anlage kann ein Drittel der Energie des Skigebiets gedeckt werden“, sagt Jamschek. Damit werden etwa Lifte betrieben sowie Restaurants und weitere Infrastruktur mit Strom versorgt. „Es zahlt sich für Skigebiete durchaus aus, die Strapazen und Mehrkosten auf sich zu nehmen“, so Jamschek. Mittlerweile sei es aufgrund der gestiegenen Strompreise sehr wirtschaftlich, PV-Anlagen in den Bergen zu bauen. In Tirol sind daher „weitere 5 bis 6 PV-Anlagen“ in Skigebieten geplant.

„Wenn es im alpinen Raum geeignete Standorte gibt, die die notwendigen Genehmigungsverfahren positiv durchlaufen, spricht nichts gegen PV-Anlagen in alpinen oder auch hochalpinen Lagen“, erklärt der in Tirol zuständige Energielandesrat Josef Geisler der futurezone. „Die Auswahl von Standorten in hochalpinen Gelände erfordert viel Fingerspitzengefühl und eine gute Einbindung in die landschaftlichen Naturräume. Zu befürworten sind vor allem PV-Anlagen in bereits beeinflussten Bereichen wie etwa Skigebieten. Hier ist auch die Erschließung vorhanden“, sagt Geisler.

Die Anlage am Pitztauer Gletscher ist direkt an die Liftinfrastruktur und die Restaurants angeschlossen. Ein Drittel des Strombedarfs kann damit gedeckt werden

Keine explizite Förderung für alpine Regionen

Gefördert werden diese PV-Anlagen im Gebirge allerdings in Österreich nicht explizit. Das bestätigt auch das Klimaschutzministerium. In der Schweiz, wo es jetzt den Solar-Boom in den Bergen mit riesig dimensionierten Anlagen gibt, ist das anders. „Die Schweizer fördern alpine PV-Anlagen massiv“, erklärt Fechner. Dort gäbe es allerdings auch eine „etwas andere Situation“ als in Österreich: Während es in Österreich eine gute Windkraftszene gibt und viel Potential für weitere Windprojekte, sieht es diesbezüglich in der Schweiz düster aus.

Auf 1.400 Windkraftanlagen in Österreich kommen in der Schweiz heiße 42. „Den Schweizern fehlt es einfach an Platz und geeigneten Windstandorten und die haben daher einen noch stärkeren Druck als wir“, sagt Fechner. Auch Fechner ist überzeugt, dass PV-Anlagen in den Bergen vor allem in der Nähe von „stehenden Wasser-Kraftwerken und touristisch genutzten Einrichtungen“ Sinn ergeben.

Die Anlage am Pitztaler Gletscher ist hingegen ein Erfolgsprojekt. Sie soll nun demnächst erweitert werden. „Pläne werden in Kürze bei den zuständigen Behörden eingereicht“, erklärt Jamschek.

Teil 1 dieser Photovoltaik-Serie "Wo wir überall Photovoltaik brauchen, um unsere Klimaziele zu erreichen" findet ihr hier. Teil 3 der Serie findet ihr hier.

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Barbara Wimmer

shroombab

Preisgekrönte Journalistin, Autorin und Vortragende. Seit November 2010 bei der Kurier-Futurezone. Schreibt und spricht über Netzpolitik, Datenschutz, Algorithmen, Künstliche Intelligenz, Social Media, Digitales und alles, was (vermeintlich) smart ist.

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