Wo der digitale Blaulicht-Funk TETRA noch Lücken hat
Blaulicht-Organisationen müssen auch im Krisenfall sicher miteinander kommunizieren können. Dazu kommt ein eigenes digitales Funksystem zum Einsatz. Dieses basierte bis 2004 zum großen Teil noch auf analogen Technologien. Dann kam TETRA (Terrestrial Trunked Radio). Das ist ein Standard zur digitalen Funkkommunikation.
Bundesländer-Lücken
In 7 Bundesländern ist das Vollnetz für den Digitalfunk bereits fertig ausgebaut. In einigen Teilen Österreichs verwenden Sicherheitsorganisationen allerdings noch immer lieber analoge Methoden. Doch das soll sich 2022 nun ändern: Das letzte Bundesland Österreichs – Kärnten – soll, zumindest in Teilen, an das heimische TETRA-Digitalnetz geschlossen werden.
Doch nicht nur in Kärnten gibt es Lücken. Auch in Vorarlberg ist das TETRA-Netz in manchen Teilen noch nicht ausgebaut. Auch das soll noch 2022 aktiv angegangen werden, erzählt Wolfgang Müller, Abteilungsleiter für kritische Informationssysteme beim Innenministerium. Müller versuchte seit 11 Jahren, die Verantwortlichen in den Ländern von den Vorteilen und dem Nutzen des Digitalfunks zu überzeugen. „Es lag nicht an der Technik, sondern an politischen Entscheidungsfindungsprozessen. Diese brauchen Zeit“, erzählt Müller.
Nutzen für die Einsatzdienste
Zu den Vorteilen zählt die schnellere und verlässliche Kommunikation in kritischen Momenten für Einsatzkräfte, die mit Kolleg*innen und Leitstellen Kontakt halten, in denen jeder Moment zählt. So können Polizei und Rettung in wenigen Sekunden Verstärkung anfordern, oder auf wichtige Informationen zugreifen. Für die Berufsrettung ist das TETRA-Netz auch aus anderen Gründen wichtig: „Die Abhörsicherheit der Funkgespräche ist essenziell“, sagt Markus Gross, technischer Offizier bei der Berufsrettung. So würde etwa verhindert, dass Schaulustige zur Unfallstelle kommen und dadurch die Rettungsarbeiten behindern.
Auch bei Großeinsätzen hat sich TETRA schon bewährt. Während mehreren Demonstrationen an einem Tag in Wien im Jänner 2022 wurden über 50.000 Funkrufe von Sicherheitsorganisationen abgesetzt. Die Auslastung des Netzes lag bei unter 40 Prozent.
Im April diesen Jahres wurden während eines Großbrandes in einem oberösterreichischen Industriebetrieb mehr als 11.000 Funksprüche über das Netz abgesetzt, um den Einsatz zu koordinieren. Damit konnten die Feuerwehrkräfte erfolgreich unterstützt werden, das Feuer einzudämmen, sagt Müller. Die Auslastung sei dabei ebenfalls unter 38 Prozent gelegen. „Bisher sind wir nicht an unsere Grenzen gestoßen, auch nicht beim Terroranschlag in Wien, bei dem es 1.000 aktive Funkrufe pro Stunde an einem Funkort gegeben hat“, erklärt Müller.
Mehr als 106.000 Nutzer*innen
Derzeit sind 1.600 Standorte des Netzes in Betrieb. Ursprünglich war das Digitalnetz für rund 70.000 Nutzer*innen konzipiert, doch diese Zahl wurde bereits jetzt weit überschritten. Aktuell verzeichnet das Digitalfunk-Netz 106.000 Nutzer*innen. Betrieben wird das nationale Behördenfunknetz, neben dem BMI, von TETRON, einer Tochtergesellschaft von Motorola Solutions. „Das Erreichen dieser Zahl ist ein wichtiger Meilenstein und zeigt die Sicherheit- und Zuverlässigkeit“, sagt Albert Schauer, Geschäftsführer von TETRON.
Insgesamt gibt es in Österreich 24 Leitstellen. „Damit können wir einen Standort im Krisenfall räumen und den Vollbetrieb vom anderen Standort aus aufrecht halten“, erzählt Müller. Zudem gebe es eine vierfache Georedundanz, doch man wolle weitere, zusätzliche Redundanzen schaffen, heißt es. „Die Technologie passt einfach gut zu Österreich“, erklärt Müller.
Motorola zeigte neue Technologie
Pandemie, Inflation und Krieg. Sicherheitsbehörden stehen heutzutage vor immer mehr Herausforderungen. Motorola Solutions hat auf der Fachmesse „Critical Communications World“ deshalb Lösungen vorgestellt, mit der die Sicherheit der Bevölkerung erhöht werden soll.
Neues Funkgerät
Unter anderem wurde ein optimiertes Funkgerät für Ersthelfer vorgestellt, mit dem man einerseits über das TETRA-, andererseits über 4G/LTE-Netze kommunizieren kann. Mit dem MXP7000 werden Smartphone und Funkgerät kombiniert. Sicherheitskritische Breitband Push-to-Talk-Services (MCX) werden ebenso unterstützt wie der Austausch großer Datensätze und visueller Informationen wie Fotos oder Videos, etwas das über das klassische TETRA-Funkgerät nicht geht. Die Daten sollen trotzdem sicher sein, Administratoren müssen alle Anwendungen, die auf dem Gerät installiert werden, freigeben, erklärt Axel Kukuk von Motorola Solutions.
Bodycams
Videos spielen generell eine immer größer werdende Rolle, wenn es um die Sicherheit geht. So zeigte Motorola Solutions auf der Messe auch ein System aus Bodycameras, mit dem es möglich ist, Bilder aus mehreren Blickwinkeln zu generieren. Zieht ein Polizist etwa seine Dienstwaffe, schalten sich die Bodycams des Beamten sowie jene seiner Kollegen automatisch ein, um die nachfolgende Szene aufzunehmen. Es gibt außerdem eine weitere Komponente, mit der auch Bilder aus dem Dienstwagen aufgenommen werden können.
Die Bodycams kommen unter anderem in Frankreich bereits bei 30.000 Polizisten zum Einsatz. In Österreich läuft die Ausschreibung zu Bodycams aktuell noch, 400 befanden sich im Testbetrieb.