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Nach TV-Bericht: Ukraine zerstört mit Drohne Russlands Drohnenjagd-Flugzeug

Kürzlich wurde im russischen Fernsehen ein Bericht über Propellermaschinen ausgestrahlt. Diese sind eigentlich unbewaffnet, werden von Russland aber zu Drohnenjägern umfunktioniert. Bei Patrouillen schießen sie ukrainische Drohnen ab, die in russisches Gebiet bzw. in von Russland besetztes Gebiet fliegen.

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Anscheinend haben auch die ukrainischen Streitkräfte den TV-Bericht mit Spannung verfolgt. Nur wenige Tage später wurde nämlich ein Stützpunkt, auf dem solche Propellermaschinen stationiert sind, angegriffen. Mit einer Kamikazedrohne wurde eine Jak-52 zerstört.

Flugfeld in besetztem Gebiet

Ob es sich genau um das Flugfeld handelt, das im TV-Bericht zu sehen war, ist unbekannt. Jedenfalls herrscht dort militärischer Betrieb und es sind mehrere Flugzeuge zu sehen. Die getroffene Jak-52 wurde versucht, mit einem Tarnnetz zu verstecken – was aber womöglich den gegenteiligen Effekt hatte.

Ohne TV-Bericht und ohne Tarnnetz hätten die ukrainischen Streitkräfte womöglich die Jak-52 ignoriert, weil sie ein unbewaffnetes Schulungsflugzeug ist. Durch den Bericht war aber klar, dass sie aktiv militärisch genutzt wird. Und wenn die russischen Truppen die Maschine als unwichtig erachten würden, hätte sie nicht versucht, sie mit einem Tarnnetz zu schützen.

Laut Defence-Blog gibt es Hinweise darauf, dass sich der angegriffene Stützpunkt im Oblast Saporischschja befindet. Dieser liegt in der Ukraine und wurde im Jahr 2022 von Russland besetzt. Ob weitere Flugzeuge zerstört wurden, ist derzeit nicht bekannt. In dem Video ist nur der Angriff auf die Jak-52 zu sehen.

Copilot schießt mit AK74 auf Drohnen

Die Jak-52 basiert auf dem Kunstflugzeug Jak-50. Die Serienfertigung fand von 1978 bis 1998 in Rumänien statt. Schätzungen zufolge wurden über 1.000 Stück produziert.

Der Zweisitzer wurde primär für die Pilotenausbildung gebaut. Durch das Leergewicht von lediglich 998 kg und einer hohen Beweglichkeit, kann sie aber ebenso für Kunstflüge genutzt werden.

Im ursprünglichen TV-Bericht wird gezeigt, wie die Jak-52 für die Drohnenjagd genutzt wird. Der Copilot am hinteren Platz fliegt mit offenem Cockpit und versucht Drohnen mit einem AK74-Sturmgewehr mit Schalldämpfer und 1P87-Rotpunktvisier abzuschießen.

Diese Taktik hat man sich von der Ukraine abgeschaut. Die nutzt seit Anfang 2024 die Jak-52 auf genau diese Art, um russische Drohnen des Typs Shahed, bzw. Nachbauten davon, abzuschießen.

➤ Mehr lesen: Wie die Ukraine mit einem unbewaffneten Flugzeug 120 Drohnen abgeschossen hat

Warum werden improvisierte Drohnenjäger genutzt?

Der Einsatz dieser rustikal-wirkenden Taktik hat 2 Gründe: Kosten und Flexibilität. Die Kosten pro Schuss für eine Patrone im Kaliber 5,45x39 mm der AK74 liegen für Russland vermutlich im Bereich von 10 bis 15 Cent. Selbst die billigen Raketen des APKWS II, das die Ukraine gegen russische Drohnen nutzt, kosten 22.000 US-Dollar pro Stück.

Weitreichendere Boden-Luft-Raketen liegen bei mehreren Hunderttausend bis über eine Million US-Dollar. Die Geran-2, Russlands eigene Version der Shahed-136, kostet Schätzungen zufolge hingegen nur zwischen 50.000 und 80.000 US-Dollar pro Stück.

Billiger als mit Raketen ist es, die tieffliegenden Drohnen mit Flak abzuschießen. Aber selbst Flugabwehrgeschütze auf Panzern oder Lkw können oft nicht schnell genug verlegt werden, falls die Drohnen ihre Flugroute ändern oder von mehreren Richtungen kommen.

Hier hilft die Flexibilität der Jak-52. Mit einer Reisegeschwindigkeit von etwa 240 km/h ist sie zwar nicht das flotteste Flugzeug, aber immer noch schneller als etwa der Flakpanzer Gepard (bis zu 65 km/h), den die Ukraine gegen Drohnen einsetzt oder der russische 2K22 Tunguska (bis 65 km/h).

Das Flugzeug kann, im Gegensatz zu Kampfjets, sehr langsam fliegen, bevor es zu einem Strömungsabriss kommt (Stall). Bei der Jak-52 liegt der Stall-Speed bei etwa 105 km/h.

Damit lassen sich nicht nur die ebenfalls langsamen Drohnen besser ins Visier nehmen, sondern auch eine längere Flugdauer für Luftpatrouillen erzielen. Je nach Variante hat die Jak-52 eine Reichweite bis zu 1.200 km.

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Vorsicht vor Friendly Fire

Üblicherweise sind die Ziele von Langstrecken-Drohnen, wie der Goran-2 und ukrainischen Gegenstücken, einprogrammiert. Ein menschlicher Pilot greift per Fernsteuerung nur im Notfall oder beim finalen Zielanflug ein. Daher ist die Chance gering, dass die Jak-52 bei der Jagd auf Drohnen selbst zur Gejagten wird.

Sie könnte trotzdem ins Visier geraten – nicht nur am Boden, sondern auch in der Luft, durch die eigene Luftabwehr. Die Ukraine hat in der Vergangenheit zivile Flugzeuge zu Kamikazedrohnen umgebaut und damit russische Einrichtungen angegriffen.

Die russische Luftabwehr könnte deshalb die tieffliegenden Jak-52s für feindlich halten. Schon in der Vergangenheit gab es Vorfälle. Im November 2024 wurde etwa ein ziviler, russischer Antonov An-2 Doppeldecker von der russischen Luftabwehr beschossen.

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Womöglich auch Cessna 172 getroffen

Im aktuellen Video des ukrainischen Angriffs auf den Stützpunk ist am Ende noch eine zweite Attacke auf ein Flugzeug zu sehen. Dabei dürfte es sich um eine Cessna 172 unter einem Tarnnetz handeln.

Im russischen TV-Beitrag war zu sehen, dass dieses zivile Leichtflugzeug nachträglich bewaffnet wurde. Unter dem Rumpf wurde eine Aufhängung angebracht. An dieser sind 2 Stück PKT befestigt. Das PKT ist die Fahrzeug-Variante des Maschinengewehrs PK.

Statt eines normalen Abzugs gibt es einen elektromagnetischen Kabelabzug. In den Aufnahmen ist das Kabel am Ende des PKTs zu sehen, das über den Rumpf zu einem Auslöser im Cockpit weitergeleitet wird.

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Das PKT hat einen schwereren und damit langlebigeren Lauf, weshalb die Feuerrate gegenüber dem normalen PK von ca. 650 Schuss pro Minute auf 750 Schuss pro Minute erhöht werden konnte. Werden vom Piloten beide Maschinengewehre gleichzeitig abgefeuert, ergibt das eine Kadenz von fast 22 Schuss pro Sekunde.

Screenshot aus dem russischen Fernsehbeitrag

Die hohe Feuerrate erhöht die Trefferchance gegen die Drohnen. Allerdings müssen die Piloten die Munitionsvorräte im Auge behalten. Üblicherweise wird ein PKT mit 250 Schuss bestückt. Sollte das bei der Cessna-Variante auch so sein, wären nach 20 Sekunden Feuern die Munitionsvorräte erschöpft.

Kamerabild mit Fadenkreuz

Da die Cessna 172 ein ziviles Flugzeug ist, hat es keine Zielvorrichtung im Cockpit. Das wurde gelöst, indem eine Kamera auf der Maschinengewehr-Aufhängung montiert wurde. Das Bild wird auf einem Monitor, der im Cockpit angebracht ist, angezeigt. In der Mitte ist ein Fadenkreuz eingeblendet.

Im Cockpit wurde ein Monitor montiert, der das Kamerabild anzeigt

Wie präzise das ausgerichtet ist, ist nicht bekannt. Die Cessna 172 muss deshalb vermutlich ziemlich nah an die Drohne heranfliegen, um sie zu treffen. Die effektive Reichweite des PKT von 1.000 Metern wird sie wohl nicht ausreizen – die effektive Angriffsentfernung dürfte mit diesem Setup eher bei unter 100 Metern liegen.

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Gregor Gruber

Testet am liebsten Videospiele und Hardware, vom Kopfhörer über Smartphones und Kameras bis zum 8K-TV.

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