E-Sport als Sportart: "Es geht schlussendlich nur um das Geld"
Ist das professionelle Zocken von Videospielen ein Sport? Diese Frage wird bereits seit einigen Jahren heftig diskutiert. Während Befürworter argumentieren, dass Profi-Spieler ebenso hohe Konzentration, geistige Belastbarkeit und viel Training erfordern, halten Kritiker entgegen, dass es an der körperlichen Aktivität mangle.
„Als organisierter Sport ist man Neuem gegenüber meistens sehr reserviert“, sagt Rudolf Hundstorfer, Präsident der Österreichischen Bundessport-Organisation (BSO). Der BSO versammelte am Dienstag seine Mitglieder, unter ihnen der Österreichische Fußballbund und der Österreichische Skiverband, zu einer Fachkonferenz, um über das Thema E-Sport zu diskutieren. Der BSO ist ausschlaggebend dafür, ob eine Aktivität als Sport anerkannt wird. Nur wer Mitglied ist, kann Fördergelder beziehen.
Doch von einer Mitgliedschaft sei der E-Sport-Verband Österreich (eSVÖ) noch „weit entfernt“ – darin sind sich sowohl eSVÖ-Präsident Stefan Baloh als auch BSÖ-Präsident Hundstorfer einig. Ein offizieller Antrag auf Aufnahme wurde bislang noch nicht gestellt, obwohl die formalen Kriterien erfüllt sind und Denksportarten wie Schach und Go, die ebenfalls keine körperliche Aktivität voraussetzen, dem BSO angehören.
Die meisten Sportverbände reagierten kritisch auf den E-Sport, der vor allem jüngere Generationen begeistert. „Man spürt die Welle, die nicht unbedingt positiv ist“, sagt Baloh, der aber dennoch auf Zusammenarbeit zwischen etablierten Sportklubs und E-Sport hofft. Ein Verbandsmitglied schlug beispielsweise sarkastisch vor, auch Rockkonzerte als Sportart anzuerkennen, denn „dort schwitzt man schließlich auch“ und kritisierte die Zusammenarbeit mit Fast-Food-Konzernen.
„Am Ende haben aber dann doch alle die Köpfe zusammengesteckt und darüber diskutiert. Das wollten wir erreichen“, sagt Baloh. In Österreich versucht beispielsweise der Segelverband, mit virtuellem Segeln Kinder und Jugendliche für den Sport zu begeistern. Dort können diese ungefährdet gegeneinander antreten und kostengünstig Erfahrungen sammeln. „Für uns sind die Chancen sehr viel größer bei kleineren Risiken“, so Roland Regnemer, Generalsekretär des Europäischen Segelverbands.
Auch die österreichische Bundesliga veranstaltet seit zwei Jahren einen E-Sport-Bewerb, die eBundesliga. Dort treten die besten österreichischen Spieler der Fußball-Simulation FIFA für ihre Bundesliga-Mannschaft an. „Es geht nicht darum, ob man sich mit E-Sport beschäftigt, sondern wie man sich beschäftigt“, sagt Bundesliga-Vorstand Christian Ebenbauer, laut dem man mit der eBundesliga Fans gewinnen konnte, die noch nie auf dem Fußballplatz waren. „Bei der Frage, ob E-Sport ein Sport ist oder nicht, geht es schlussendlich wieder nur um das Geld. Es wird gespielt und es ist eine Frage, wie man es einbindet.“
Dass vor allem der wirtschaftliche Faktor die etablierten Sportverbände verunsichert, wurde rasch deutlich. E-Sports-Veranstaltungen haben hohe Zuschauerzahlen, was wiederum Sponsoren anlockt. Das Finale des populären Titels „League of Legends“ verfolgten im Vorjahr mehr als 205 Millionen Menschen weltweit, in der nahegelegenen polnischen Stadt Katowice finden regelmäßig Events mit mehr als 170.000 Teilnehmern statt. Auch in Österreich spielen laut Marktforschungsinstitut GfK 4,9 Millionen Menschen Videospiele, 32.000 davon haben sogar bereits an E-Sports-Turnieren teilgenommen
„Es gibt diese Entwicklung, ob wir es wollen oder nicht“, sagt Hundstorfer. „Das Problem ist, dass sich Teile der Wirtschaft vom organisierten Sport verabschieden und sagen, wir gehen dorthin, beispielsweise A1.“ Diese Entwicklung wolle man nicht aufhalten, sondern Wege finden, wie man die Popularität von E-Sport nutzen könne, um Sport wieder attraktiver zu gestalten.
Auch hier zieht man jedoch klare Grenzen. „Wir sind uns einig: Alles, was in Richtung Shooting geht, ist nicht das, was wir wollen. Dort, wo eine real existierende Sportart dahintersteht, wird es eine Annäherung geben“, so Hundstorfer. Damit orientiert man sich an der deutschen Lösung, die eher für Spott sorgte. Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) unterscheidet zwischen „virtuellen Sportarten“ und „eGaming“. Lediglich „virtuelle Sportarten“ sollen gefördert werden, da diese mit analogen Sportarten und den „Werteinhalten des IOC“ verknüpft.
„Ich glaube sogar, dass die Attraktivität des analogen Sporttreibens, Schwitzen, hinterher müde sein, dass das in unserer zunehmend digitalisierten Welt sogar noch an Attraktivität gewinnen wird“, so Christian Sachs vom DOSB. „Aber es ist natürlich unsere Aufgabe als Sportorganisation, diese Attraktivität rüberzubringen.“
Bald olympisch?
Dennoch hätten zumindest die „virtuellen Sportarten“ eine gute Chance, als olympische Disziplin in naher Zukunft anerkannt zu werden. Insbesondere die Tatsache, dass beispielsweise bei den Asian Games bereits E-Sports gespielt werden und die internationale Nachfrage steige, erhöht den Druck auf das Internationale Olympische Komitee (IOC), glaubt Sachs. „Thomas Bach (Anm.: der aktuelle IOC-Präsident) kann ja nur bis 2025 Präsident bleiben. Dann sehen wir ja, was passiert.“