Hunderte Millionen Kinder spielen Roblox: Das steckt dahinter
Lieber als Superheld kämpfen oder Rennen fahren? Nach schneller und einfacher Registrierung erhält man mit PC, Smartphone oder auf der Xbox One kostenlos Zugriff auf verschiedenste Spiele der Online-Plattform Roblox. Man bekommt eine eigene Lego-ähnliche Figur, deren Kleidung und Aussehen nach Belieben angepasst werden kann.
Mit ihr kann man in über 40 Millionen verfügbare Spielewelten eintreten und mit anderen Teilnehmer*innen chatten und interagieren. In einem Fitness-Spiel bekommt man mit abgeschlossenen Übungen nach und nach mehr Muskelmasse. In einem anderen Spiel muss man sich bewaffnet Horden von Zombies stellen. Ob es nachgestellte Echtleben-Erfahrungen, wie die Arbeit in einer Pizzeria, sind oder blanke Fantasie – die Möglichkeiten scheinen nur so begrenzt, wie die Kreativität der Nutzer*innen. Sie können die Spielewelten selbst erstellen und für andere freigeben.
Schätzungen zufolge sind mehr als zwei Drittel der Roblox-Spieler*innen unter 16 Jahre alt. Laut Barbara Buchegger, pädagogische Leiterin von Saferinternet.at, hat sich die Plattform hierzulande bei Jugendlichen von etwa 10 bis 13 Jahren als soziales Netzwerk etabliert. Sie bilden Gruppen, finden neue Freunde und spielen miteinander – Aktivitäten, die während der Pandemie oft nicht möglich waren. In Zeiten von Quarantäne und Home-Schooling ist Roblox zu einem digitalen Treffpunkt für Kinder geworden.
Dementsprechend stiegen auch die Nutzerzahlen. Während im März 2020 von 100 Millionen monatlichen Nutzer*innen auf Roblox die Rede war, wurde im April 2021 eine Rekordanzahl von 202 Millionen verzeichnet. Die Nutzeranzahl speziell in Österreich wurde allerdings nicht ermittelt, wie die Plattform auf Anfrage der futurezone mitteilt.
Die Schattenseiten von Roblox
Die Entwicklung der Spielewelten in die Hände aller möglichen Nutzer*innen zu geben, kann aber auch problematisch werden. Die bunten optischen Erscheinungen sollten nicht täuschen, denn teilweise werden Inhalte hochgeladen, die gar nicht für das junge Publikum geeignet sind.
Wie die BBC kürzlich berichtete, gibt es etwa Sexspiele, die als „Condos“ bezeichnet werden. Von sexuellen Gesprächen bis hin zu virtuellem Sex der Avatare ist dort einiges vorhanden, was keinem kinderfreundlichem Spiel entspricht. Spiele dieser Art seien laut BBC in der Regel nur für eine kurze Zeit online, bevor sie entfernt werden. Roblox führe eigener Angabe nach eine „Sicherheitsüberprüfung jeder einzelnen Bild-, Video- und Audiodatei durch“, die hochgeladen wird. Zudem wurde eine Kindersicherung in den Einstellungen integriert, mit der bei Aktivierung nur auf Inhalte zugegriffen werden kann, die für alle Altersgruppen angemessen sind.
2019 hat Stiftung Warentest Roblox unter die Lupe genommen. „Wir fanden ein rassistisches Spiel, in dem es darum geht, „böse Juden“ zu töten. Auch stießen wir auf rechtsextreme Spielernamen und Spiele mit IS-Flagge als Vorschaubild“ heißt es im Testkommentar.
Vorsicht gilt auch bei der Kommunikation. Man kann mit anonymen und fremden User*innen sprechen, die möglicherweise vorgeben, so jung wie das Gegenüber zu sein. Private Daten und Informationen sollten nicht preisgegeben werden. „Man muss Kinder darin schulen, welche Antworten gegeben werden können und welche nicht“, so Buchegger. Trotz eines Chat-Filters gebe es immer wieder Fälle von Kontaktaufnahmen, „die in Richtung Cyber-Grooming gehen könnten“. Kommen Nachrichten an, die nicht für Kinder geeignet sind, solle man sie unbedingt melden.
Laut Buchegger haben alle Plattformen, wo User-generierter Content zu finden ist, mit solchen Problemen zu kämpfen. Den Kindern die Nutzung zu verbieten, sieht Buchegger nicht unbedingt als Lösung an. „Dann würden viele Kinder es auf eine andere Weise versuchen.“ Es seien ja auch nicht alle Spiele mit jugendfreien Inhalten verbunden und es gebe Kinder, die selber Spiele programmieren wollen und das dort erstmals probieren können. „Die Bandbreite kann so groß sein – von ganz förderlichen, hilfreichen und tollen Dingen bis zu schädlichen und traumatisierenden Erfahrungen.“ Sie rät allen Eltern, deren vor allem jüngeren Kinder auf Roblox Zeit verbringen, sich damit auseinanderzusetzen, das Kind dabei zu begleiten, sich die Spielewelten zeigen und erklären zu lassen.
Wegbereiter des Metaversums
Roblox ist ein Paradebeispiel für das Metaverse – einem Ort, in dem Menschen in virtuellen Räumen eine digitale Identität aufbauen, miteinander in Echtzeit interagieren und in Spielen sowie bei der Entwicklung dieser zusammenarbeiten. Einer dieser virtuellen Räume wäre etwa das Rollenspiel „Brookhaven“, in dem täglich um die 500.000 User*innen simultan aktiv sind. In dieser Stadt können Spieler*innen Häuser und Autos ergattern, Freunde finden und Familien gründen. Durch seine Eigenschaften gilt Roblox als Pionier des Metaverse.
Roblox hat auch ein eigenes Wirtschaftssystem. Mit einer virtuellen Währung namens Robux ist es möglich, Sonderrechte in den Spielen, Kleidung und Accessoires oder andere Sachen zu bezahlen. Robux erhält man durch den Tausch mit Echtgeld bspw. 400 Einheiten für knapp 5 Euro oder man verdient es sich auf der Plattform. So sind der Zutritt zu selbsterstellten Spielen, Ausrüstung und andere Gegenstände handelbar, wobei Roblox bei jeder Transaktion eine Provision erhält. Seit 2013 können sich Entwickler*innen auch die selbst verdienten Robux unter bestimmten Voraussetzungen in echtem Geld auszahlen lassen.
Einige Unternehmen haben das Metaverse-Potenzial der Plattform schon erkannt. Im November gab es ein virtuelles Event des British Fashion Council zu den Fashion Awards, das fast 2 Millionen Nutzer*innen besuchten. Kooperationen hat es auch mit Gucci, Nike, der WWE, Warner Bros und dem Streaming-Anbieter Netflix gegeben.
Auch virtuelle Konzerte werden auf Roblox veranstaltet. So ist der US-Rapper Lil Nas X im Dezember 2020 vor insgesamt 30 Millionen Zuschauer*innen aufgetreten.
Fakten zu Roblox
Die Plattform ging im Jahr 2006 online. Zwei Jahre zuvor wurde das Unternehmen von David Baszucki und Erik Cassel gegründet.
Wie aus dem kürzlichen erschienen Finanzbericht hervorgeht, konnte das Unternehmen 2021 einen Umsatz von 1,9 Milliarden US-Dollar verzeichnen.
Insgesamt verbrachten Spieler*innen im vergangenen Jahr 41,4 Milliarden Stunden auf Roblox.
Der Gesamtwert der im Umlauf befindlichen Aktien des börsennotierten Unternehmens liegt aktuell bei rund 32 Milliarden US-Dollar.