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Star Wars Squadrons im Test: Orientierungslos im Weltraum

EA hat scheinbar eine neue Taktik für "Star Wars"-Spiele gefunden. Wie schon bei "Fallen Order" (hier im futurezone-Test) setzt man sich mit dem Universum auseinander und schreibt interessante Charaktere und Geschichten, statt mit Microtransactions den Leuten das Geld aus der Tasche zu ziehen. Star Wars Squadrons (ab 35 Euro bei Amazon für PC, PS4, Xbox One) setzt diese Taktik fort.

Auf den ersten Blick wirkt Squadrons nur wie eine Erweiterung für das Multiplayer-Spiel Battlefront und nicht wie ein Revival alter Star Wars Dogfight-Games wie "Star Wars: X-Wing vs. TIE Fighter". Sobald man das tatsächliche Spiel aber startet, kommt die Erkenntnis, dass so viel mehr darin steckt. Man erstellt zunächst seine beiden Hauptfiguren - eine vom Imperium, eine von den Rebellen (die jetzt Neue Republik heißen) - und erhält dazu eine Auswahl an diversen Männern und Frauen. Das ist wirklich cool und ebenso erfreulich ist, dass in der Crew der Neuen Republik eine nicht-binäre Person auftaucht und damit ein Stückchen zur besseren Repräsentation in Videospielen beiträgt.

Vanguard 5 und Titan 3

Der Singleplayer startet kurz nach "Episode VI: Die Rückkehr der Jedi-Ritter". Wir lernen den imperialen Captain Lindon Javes kennen, der sich der Neuen Republik anschließt und eine Superwaffe entwickelt. Als Spieler wechselt man immer wieder die Seiten und erfüllt mit seiner Crew, entweder als Vanguard 5 für die Neue Republik oder als Titan 3 für das Imperium, Aufträge. Eine Fehde zwischen Javes und seiner ehemaligen Schülerin Captain Terisa Kerill spannt den Bogen zwischen den beiden Lagern und verbindet die Geschichte der Kampagne.

Die Charaktere sind auf beiden Seiten interessant gestaltet und sowohl in deutscher als auch englischer Sprachausgabe sehr gut vertont. Zwischen den 14 etwa halbstündigen Missionen (je nach Flugtalent und Schwierigkeitsgrad auch länger) gibt es immer wieder kurze Zwischensequenzen. Zudem kann man mit den Crewmitgliedern sprechen und mehr über ihre Lebensgeschichte erfahren. Das wirkt zunächst recht simpel, gibt dem Spiel aber überraschend viel Tiefe.  

8 Fighter, 4 Klassen

Bevor man mit dem Multiplayer loslegt, sollte man auf jeden Fall den Singleplayer vollständig spielen. So lernt man, eingebettet in die Story, alle 8 verfügbaren Flieger kennen. Das ist wichtig, denn zwischen Imperium und Neuer Republik gibt es deutliche Unterschiede in Handhabung und Ausstattung der 4 verschiedenen Klassen (Bomber, Fighter, Interceptor, Support). Im Rahmen der Story kann man alles einmal ausprobieren, um herauszufinden, welche Spielart einem besonders liegt.

Zu Beginn ist das alles aber gar nicht so einfach. Es gibt zahlreiche Funktionen und taktische Steuerelemente, die man alle gleichzeitig beachten muss. So kann man die Energieverwaltung der Fighter steuern, indem man zwischen Schild, Feuerpower und Schubkraft wechselt, je nachdem, welche Taktik sich derzeit eignet. Legt man sie auf Feuerpower, schießt der Laser, ohne zu überhitzen, im Dauerfeuer. Legt man sie auf die Schilde, werden diese stärker, man kann aber nicht mehr so viel schießen. Oder man entzieht dem Antrieb gleich die gesamte Energie und überlädt die Waffensysteme, die dann alles feuern, was der Fighter hergibt.

Alles explodiert und brennt

Gleichzeitig darf man die Orientierung aber nicht verlieren, während man im All herumrast und gar keine Ahnung mehr hat, wo oben und unten ist. Ach, und angegriffen wird man natürlich auch noch und muss Raketen abwehren, die sonst immensen Schaden anrichten. Dann sprühen überall Funken, es bilden sich Risse in der Scheibe und der einzige Ausweg ist die Flucht. Wer es ganz genau haben möchte, kann die Schilde nach vorn oder hinten verlagern, je nachdem, wo sich der Feind befindet.

Am Anfang war ich damit zugegebenermaßen sehr überfordert. Alles passiert gleichzeitig, ständig lerne ich neue kecke Wendemanöver, muss permanent Energie von A nach B verlagern, Elemente scannen und zwischen Missionszielen hin und her navigieren. Währenddessen brennt und explodiert alles um mich herum und ein roter Balken und fiepender Alarm anzeigt, dass ich gleich von einer Rakete getroffen werde, die ich sofort loswerden muss. Puh. Irgendwann beginnt man aber, tatsächlich ein bisschen System im Chaos zu sehen, die Steuerung wird intuitiv - und dann macht es Spaß. 

Kleine aber feine Auswahl

Hat man die Kampagne gemeistert, kann es mit dem Multiplayer losgehen. Hier sollte man sich zunächst für eine Fliegerklasse entscheiden, mit der man gut zurecht kommt. Die im Multiplayer-Gefecht verdiente In-Game-Währung kann für neue Bauteile wie verbesserte Laser, Raketen, Gegenwehrmaßnahmen und Schilde ausgegeben werden oder man verpasst seinem Fighter einen neuen Anstrich. Die Auswahl ist hier nicht unbegrenzt groß. Das schafft zumindest auf dem Papier bessere Chancengleichheit für Spieler, die nur gelegentlich mal ins virtuelle Cockpit steigen.

Die meisten Maps sind schön aufgebaut, da man zwischen Trümmerteilen oder Asteroiden navigieren muss. Das fügt eine spannende Komponente hinzu, da man die Umgebung für Ausweichmanöver und Hinterhalte nutzen kann. Nur die Wolkenwelt "Yavin Prime" ist zwar hübsch, aber leer. So fliegt man eben nur aufeinander zu und schießt sich über den Haufen. Zumindest, wenn man den Modus „Weltraumgefecht“ auswählt, bei dem sich jeweils eine imperiale und eine Rebellen-Staffel gegenüberstehen. 

Spannender sind da die „Flottenkämpfe“, wo jeweils das gegnerische Flaggschiff zerstört werden muss. Dazu gehört ein bisschen Taktik und eigentlich auch, dass man sich abspricht. Das steht und fällt aber oft damit, ob man alleine spielt und jedes Teammitglied einfach irgendetwas macht, oder ob man mit Freunden zusammen überlegt vorgeht und sich per Voice-Chat verständigt.

Fazit

"Squadrons" kommt auf den ersten Blick recht bombastisch daher. Insbesondere die Kampagne führt durch eine spannende Geschichte, die mir immer wieder das Gefühl gegeben hat, mitten im "Star Wars"-Geschehen zu sein. Der Weg von völliger Überforderung hin zur (einigermaßen) routinierten Kampfpilotin war befriedigend und das hielt mich die gesamte Kampagne motiviert. 

Trotz einiger schöner Gefechte und wirklich liebevoll gestalteter Maps bleibt der Langzeitspaß aber auf der Strecke. Nach einigen schlecht ausbalancierten Matches, in denen einige wenige Spieler das komplette Geschehen dominieren, legt man den Controller zur Seite und rümpft die Nase.

Dafür bezahlt man aber mit nur circa 40 Euro keinen Vollpreis für den Titel. Trotzdem sollte man sich bewusst machen, dass "Squadrons" eine eher schmale Zielgruppe ansprechen wird. Wer sich gern in die Technik von X-Wing und Tie-Fighter reinfuchsen will und die nüchterne Cockpit-Perspektive über Stunden hinweg nicht scheut, kann getrost zugreifen. Wer sich nicht sicher ist, kann ein paar Monate warten, bis das Spiel sicherlich deutlich reduziert zu haben sein wird.

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Franziska Bechtold

frau_grete

Liebt virtuelle Spielewelten, Gadgets, Wissenschaft und den Weltraum. Solange sie nicht selbst ins Weltall kann, flüchtet sie eben in Science Fiction.

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