Turtles: Shredder's Revenge im Test: Liebeserklärung an die 90er
Achtung, es folgt der „Wie 90er seid ihr?“-Test. Was passiert, wenn ihr das Wort „Turtles“ lest? Beginnt Frank Zander in eurem Kopf zu singen? Wenn eure Antwort „na logo!“ ist, gefolgt von einem „hö hö hö“-Lacher (danke für diesen Hirnbrenner Frank), seid ihr genauso 90er-geschädigt wie ich – und damit die Zielgruppe für Teenage Mutant Ninja Turtles: Shredder's Revenge (PS4, Xbox One, PC, Switch).
Trotz dieser vermutlich relativ großen Zielgruppe, hat Shredder's Revenge kein leichtes Spiel. Es tritt nämlich in die Fußstapfen von Turtles in Time, das 1992 für Heimkonsolen erschienen ist. Es gilt zu Recht auch heute noch als einer der besten Vertreter des Beat-em-Up-Genres und hat für viele Gamer*innen Kult-Status. Ich habe Shredder's Revenge auf der PS5 getestet, um zu sehen, wie mit dem Schildkröten-Erbe umgegangen wird.
Hey, jetzt kommen die Hero-Turtles
Braucht ein Sidescrolling-Beat-em-Up eine durchdachte Hintergrund-Geschichte? Nope, da die meisten ohnehin mit Turtles und den verschiedenen Charakteren vertraut sind. Gemeint sind hier die Zeichentrick-Turtles aus den 80er- und 90er-Jahren, nicht die aktuelleren Turtles-Filme, die der üblichen Marvel-Superheldenfilm-Formel folgen.
Neben den 4 Turtles stehen Splinter, April und später auch Casey als spielbare Charaktere zur Auswahl. Alle haben die gleichen Moves – wenn man also von April auf Rafael wechselt, muss man keine neuen Moves erlernen.
Die Charaktere haben aber für die gleichen Moves unterschiedliche Animationen. Auch unterscheiden sich Eigenschaften wie Reichweite, Geschwindigkeit und Stärke. Hier macht es sehr wohl einen Unterschied, ob man mit Michelangelo über den Bildschirm flitzt und wegen der kurzen Reichweite immer auf Tuchfühlung gehen muss, oder lieber mit dem langsamen Splinter hohen Schaden austeilt. So hat man, obwohl alle dieselben Moves haben, nie das Gefühl, dass etwa Donatello einfach nur Leonardo mit einer anderen Maskenfarbe ist.
Superstarke Hero-Turtles
Die Charaktere können im Story-Modus im Level steigen. Auch das ist für alle Charaktere gleich und schaltet dieselben Sachen frei, wie etwa eine Luft-Version des Spezialschlags. Im Vergleich zu anderen, modernen Beat-em-Ups ist das Leveling sehr rudimentär.
Das stört vielleicht Gamer*innen, für die Progressing ein Teil der Motivation/Belohnung eines Spiels ist (ich zähle mich dazu). Der Vorteil davon ist aber, dass Shredder's Revenge relativ einsteigerfreundlich ist. Auch als Nicht-Turtles-Fan (gibt es sowas überhaupt?) oder Gelegenheitsspieler*in findet man relativ schnell ins Game rein.
Das ist auch gut so, denn in Shredder's Revenge können bis zu 6 Spieler*innen gleichzeitig dem Foot Clan das Handwerk legen – offline und online. Und wenn man mal tatsächlich eine Gruppe von 6 Personen im Wohnzimmer versammeln kann, ist die Chance groß, dass zumindest ein paar dabei sind, die keine Core-Gamer*innen sind oder Beat-em-Up-Erfahrung haben.
Wenn sie gegen Angst und Schrecken ziehn
Das Gameplay ist so klassisch, wie Pizza die Lieblingsspeise von mutierten Schildkröten ist. Man bewegt sich von links nach rechts und prügelt auf Kämpfer des Foot Clans, Roboter und anderes Zeug ein, was sich den grünen Panzerträgern in den Weg stellt.
Das Besondere ist, wie liebevoll Shredder's Revenge eine Hommage an Turtles in Time ist. Die Retrografik hat viele Details im Vorder- und Hintergrund. Überall sind Anspielung an Turtles in Time, bis hin zu einem Erfolg namens „Mode 7“ (if you know, you know), wenn man Gegner in die Kamera wirft. Und selbst ohne Insiderwissen wird man die Animationen und die witzigen Details zu schätzen wissen.
Ist doch Ehrensache
Gleichzeitig ist das Entwicklerteam von Tribute Games nicht zu ehrfürchtig dem großen Vorbild gegenüber. Es gibt viele Verbesserungen, die respektvoll umgesetzt wurden. Das ganze Game ist flüssiger, was auch für Bewegungen der Charaktere gilt. Luftmoves lassen sich besser kontrollieren und die Uppercut-ähnliche Attacke nach oben ist praktisch.
Die Turtles beherrschen jetzt eine Ausweichrolle, die außerdem hilft, um größere Strecken am Bildschirm schnell zu überbrücken. Der Spezialschlag, der Feinde in 360 Grad trifft, hat eine eigene Leiste. Diese lädt sich durch gelandete Treffer auf. Durch „Provozieren“, eine kurze Angeber-Animation, kann die Leiste gleich wieder aufgefüllt werden – so kann man besser vorbereitet der nächsten Gegnerwelle gegenübertreten.
Gefallene Mitspieler*innen können wiederbelebt werden. Damit es gar nicht so weit kommt, kann man einen Teil der eigenen Gesundheit einer Mitspieler*in überlassen – durch ein High-Five.
Die Turtle-Jungs machen niemals schlapp
So schön Shredder's Revenge auch ist: Nach 3 Stunden ist man mit der Story durch. Es gibt zwar etliche Sammelgegenstände, aber ein großer Motivationsfaktor ist das nicht. Spaß macht es trotzdem, vor allem mit möglichst vielen Mitspieler*innen.
Alleine oder zu zweit ist das Geschehen noch überschaubar. Bei mehr Mitspieler*innen wird aber die Anzahl der Feinde erhöht. Wenn man zu 6 spielt, ist oft so viel am Bildschirm los, dass man erst mal den eigenen Charakter im Gewusel wiederfinden muss.
Leider kommt man nicht allzu oft in diese Gelegenheit. Das Online-Matchmaking ist, wie leider oft bei solchen Games, schlecht. Oft war ich minutenlang im Wartebereich mit 6 Spieler*innen, aber das Level hat einfach nicht gestartet. Als Host waren bei mehrmaligen Versuchen nie mehr als 3 Mitspieler*innen in meinem Game. Spieler*innen können auch nur vor den Levels hinzukommen – ein Drop-in gibt es leider nicht, was hier dringend nötig wäre.
So viel Spaß das Game auch macht, wenn man mal genügend Mitspieler*innen hat: Hätte ich es nicht testen müssen, hätte ich schon nach der ersten halben Stunde aufgegeben, eine Online-Runde mit 4 bis 6 Mitspieler*innen zu finden. Wer viele zockende Freund*innen mit Turtles-Begeisterung hat (online oder offline), ist klar im Vorteil.
Beim Schwierigkeitsgrad hätte Tribute Games ruhig etwas moderner werden können. Im Story-Modus kann der nicht geändert werden – man muss von vorn beginnen. Hängt man zB. bei einem Boss in einem der späteren Levels, kann man nicht mal schnell den Schwierigkeitsgrad für das Level ändern. Hier muss man durchbeißen und besser werden oder hoffen, online Mitspieler*innen zu finden, die beim Bewältigen des Bosses helfen.
Und immer etwas schlauer (Fazit)
Teenage Mutant Ninja Turtles: Shredder's Revenge ist das Feelgood-Spiel des Sommers. Für Gamer*innen, die in den 90er-Jahren groß geworden sind, hat es sogar „Überraschungshit des Jahres“-Qualitäten.
Es strotzt vor Charme, lässt sich angenehm spielen und ist eine würdige Hommage an Turtles in Time. Da kann man über Kleinigkeiten, wie das schlechte Online-Matchmaking, hinwegsehen.
Für 25 Euro wird man sehr gut unterhalten – oder man hat den Xbox Game Pass, darin ist Shredder's Revenge enthalten. Man sollte aber zumindest Turtles-affin sein. Turtles in Time muss man nicht unbedingt gespielt haben, aber wer die Turtles-Zeichentrick-Serie aus den 80er/90er-Jahren nicht kennt, hat nur halb so viel Spaß mit Shredder's Revenge.