Big Brother Awards im Zeichen der Spione
An was denken wir, wenn wir von Spionen sprechen? „An James Bond, an die NSA, oder denken wir auch an Facebook, Google und Co, oder gar an unser Handy mit den unzähligen Spionage-Apps“, fragen sich die Veranstalter der Big Brother Awards, die traditionell am 25. Oktober 2014 im Wiener Rabenhof Theater verliehen werden.
Spione können vieles sein, und spioniert wird heutzutage besonders viel, wie die Nominierungsliste der Big Brother Awards, zeigt. Etwa der spionierende Smart-TV von LG, der das Fernsehverhalten seiner Nutzer, die Namen von Dateien auf angeschlossenen USB-Sticks und USB-Festplatten, Kameras, Smartphones nach Hause sendet, auch wenn die dazugehörige Privatsphäre-Einstellung deaktiviert wurde. Wer nicht zustimmt, muss auf alle „smarten“ Funktionen verzichten. Dafür ist LG Electronics nominiert.
Chip im Auto
Oder aber das europaweite Autoüberwachungssystem eCall. Dabei setzt ein Auto nach einem Unfall selbst einen Notruf ab. Ziel ist es, Verletzte schneller am Unfallort versorgen zu können. Wenn das System nicht manuell ausgelöst wird, reagiert es beispielsweise auf das Auslösen der Airbags und sendet auf Basis der EU-weiten Notrufnummer 112 Ort und Zeit des Unglücks an die nächste zuständige Dienststelle. Eine manuelle Deaktivierung des eCall ist im System aber nicht vorgesehen und Datenschützer befürchten, dass auch Versicherungen an dem System interessiert sein könnten. Tatsächlich kündigte die Uniqa bereits an, künftig Versicherungsmodelle, die auf Telematik-Daten beruhen, starten zu wollen. Nominiert ist die gesamte EU-Kommission (Anmerkung: wohl die alte, nicht die neu gewählte).
Facebook und Google
Doch bei den Big Brother Awards tauchen auch einige „alte Bekannte“ wieder auf. So ist etwa Facebook dafür nominiert, dass bei Facebook User als Versuchskaninchen herhalten mussten, indem die Startseiten manipuliert wurden. Auch bei Google handelt es sich um einen Konzern, der bereits mehrfach in der Kategorie "Weltweiter Datenhunger" nominiert war. Dieses Mal nominiert ist der Konzern dafür, dass er mit dem Update auf die Android-Version 4.4.2 eine in der Version 4.3. erhaltene Funktion zum Einschränken von App-Rechten wieder entfernt hat. „Da Google den Anwendern keine Möglichkeit gibt, die Datenspionage von vielen Apps zumindest einzuschränken, und wie bekannt wurde, diese abgegriffenen Daten auch von der NSA genutzt werden, gibt es eine Nominierung für Google. Keine Macht Spionen“, so die Begründung der Jury.
Fingerabdrücke und Gmail an Unis
Aus Österreich ist zudem Innenministerin Johanna Mikl-Leitner für den Abgleich zwischen den USA und Österreich bei den Fingerabdrucksdaten ab Ende 2014 nominiert, Justizminister Wolfgang Brandstetter wegen seiner Untätigkeit bei den Ermittlungen gegen NSA-Spionage. Diese liegen seit Ende Mai auf Eis, da die zuständige Staatsanwaltschaft „nicht ausreichend Hinweise“ gefunden hatte, um weiter tätig zu werden. Das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung hat als Grund für die Untätigkeit den fehlenden Auftrag der Staatsanwaltschaft genannt.
Weitreichende AGB
Auch die Wiener Volkshochschulen sind dieses Jahr die Big Brother Awards nominiert. Der Grund: Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Volkshochschulen sind zwiespältig. Kursteilnehmer verpflichten sich nämlich mit dem Besuch der Angebote dazu bereit, den Volkshochschulen die Möglichkeit einzuräumen, Ton- , Film- und Videoaufnahmen zu tätigen. Die Daten sollen dann „mittels jedes derzeitigen oder zukünftigen technischen Verfahrens ausgewertet werden dürfen“. Wahlfreiheit besteht auch insofern nicht, da auch Kurse für das AMS oder Sprachkurse für Integration angeboten werden.
Nominiert wurde dieses Jahr auch die Staatsanwaltschaft Wien. "Da ist der Wurm drin", so die Jury. Die Staatsanwaltschaft Wien kommt seit einiger Zeit mit einer Reihe von unaufgeklärten Vorkommnissen nicht aus den Schlagzeilen. Ein Vorfall war etwa, dass Akten laufender Ermittlungen im Altpapier Container gefunden worden sind. Der KURIER berichtete: "Ein Schelm würde denken, dass das Handwerk für investigative Journalisten mit einem Handgriff erledigt ist. Denn ein Griff in den Müllcontainer des Wiener Straflandesgerichts reichte offenbar aus, um sensible Daten aus mehreren prominenten Verfahren in die Hände zu bekommen. Wie berichtet, fischte ein Blogger die Akten aus dem Altpapier. Darunter befanden sich Papiere zum Verfahren rund um die Meinl Bank. Doch der Aktenfund betrifft wesentlich mehr große Verfahren."