Neues Datenabkommen zwischen USA und EU könnte wieder vorm EuGH landen
Die EU und die USA haben sich im Grundsatz auf einen Nachfolger des vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) gekippten „Privacy Shield“ für den Transfer personenbezogener Daten geeinigt. Das gaben EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen und US-Präsident Joe Biden am Freitag in Brüssel bekannt.
Massenüberwachung von EU-Bürger*innen
Der EuGH hatte den „Privacy Shield“ für die Übermittlung von Daten aus Europa über den Atlantik im Juli 2020 mit der Begründung gekippt, dass das Datenschutzniveau in den USA nicht den Standards der EU entspreche und eine Massenüberwachung von EU-Bürger*innen möglich wäre. Die Richter*innen bemängelten vor allem die weitreichenden Zugriffsmöglichkeiten von US-Geheimdiensten auf Daten von Europäer*innen.
Die USA müsste ihre eigenen Überwachungsgesetze ändern, und EU-Bürger*innen mit US-Bürger*innen gleichzustellen, damit ein neues Datenabkommen überhaupt möglich wird. Doch das dürfte nicht geschehen sein, zumindest ist davon bisher nichts bekannt. Bei der Verkündigung einer Einigung auf ein neues Abkommen hieß es lediglich, dass es "neue Regeln geben" werde und "Garantien den Zugriff der US-Geheimdienste auf die Daten auf das beschränken werde, was zur Verfolgung definierter nationaler Sicherheitsziele notwendig und verhältnismäßig“ sei. Das bedeutet, dass die USA EU-Bürger*innen weiterhin überwachen darf.
Geplant ist allerdings ein "unabhängiger Rechtsschutzmechanismus". Damit würden Beschwerden von Europäer*innen über den Datenzugriff der US-Geheimdienste möglich - denn diese waren bisher nicht möglich.
Rein politisches Abkommen
Bei der präsentierten "Einigung" handelt es sich in erster Linie um eine politische Ankündigung und noch nicht um ein fertig ausgearbeitetes Abkommen. Es bedeutet lediglich, dass sich die USA und die EU an einen Tisch gesetzt haben, um sich dazu auszutauschen und zu beschließen, dass es rasch ein Nachfolge-Abkommen braucht und die Eckpunkte klar seien.
Max Schrems, Vorsitzender der Bürgerrechtsorganisation noyb.eu, hatte das Verfahren, bei dem "Privacy Shield" gekippt wurde, damals vor dem EuGH angestoßen und geklagt. Er sieht die Ankündigung eines neuen Abkommens kritisch. "Wir hatten bereits 2015 ein rein politisches Abkommen, das keinerlei Rechtsgrundlage hatte. Der Deal war offenbar ein Symbol, das von Van der Leyen gewollt war aber keinen Rückhalt der Expert*innen in Brüssel hat, da sich die USA nicht bewegt haben. Besonders empörend ist, dass die USA angeblich den Krieg gegen die Ukraine genutzt haben, um die EU in dieser Wirtschaftsfrage unter Druck zu setzen", analysiert Schrems.
Landet es wieder vorm EuGH?
Der Datenschutz-Aktivist geht davon aus, dass das Verfahren ein 3. Mal vor dem EuGH landen wird. Denn bevor "Privacy Shield" gekippt wurde, gab es "Safe Harbor", das erste Datenschutzabkommen zwischen der EU und den USA. Auch dieses bot kein "angemessenes Schutzniveau" beim Datentransfer von Europa in die USA und wurde von Schrems vor Gericht gebracht. "Wie es derzeit aussieht, könnten wir das gleiche Spiel jetzt ein 3. Mal spielen. Es ist bedauerlich, dass die EU und die USA diese Situation nicht genutzt haben, um zu einem 'No-Spy'-Abkommen mit Basisgarantien unter gleichgesinnten Demokratien zu kommen. Kund*innen und Unternehmen drohen weitere Jahre der Rechtsunsicherheit", sagt Schrems.
Für Unternehmen war durch das EuGH-Urteil nämlich eine große Rechtsunsicherheit beim Datentransfer zwischen den USA und der EU entstanden. So warnte der Facebook-Konzern Meta seit dem Herbst, dass das Online-Netzwerk und auch Instagram in Europa wahrscheinlich eingestellt werden müssten, wenn es keine Nachfolgeregelung gibt. Dies ist allerdings nur eine leere Drohung und kein wirklicher Versuch, sich aus Europa zurückzuziehen. In Europa gibt es viel zu viele Nutzer*innen und Werbeumsätze, um auf diesen wichtigen Markt zu verzichten.