EU-Kommissarin: "Uploadfilter hätten Terror in Christchurch verhindert"
Alle Serviceprovider - auch außerhalb der EU – sollen terroristische Inhalte binnen einer Stunde nach Anordnung der Behörden vom Netz nehmen oder unzugänglich machen. Tun sie das nicht, drohen ihnen Strafen von bis zu vier Prozent ihres weltweiten Umsatzes. Das sieht ein neuer Gesetzesvorschlag der EU-Kommission vor, den die EU-Justizkommissarin Vera Jourova nun in Brüssel verteidigt hat.
Uploadfilter in einem neuen Gesetz
Möglich werden derartige kurze Fristen nur, indem Internet-Provider sogenannte Upload-Filter einsetzen. Das sind technische Maßnahmen, die Bilder, Videos, Musik und andere Inhalte, die Nutzer hochladen, bereits vorab filtern. Dieselben Upload-Filter stehen auch in der heiß umstrittenen Urheberrechtsrichtlinie, die am heutigen Dienstag in Straßburg diskutiert wird.
„ Uploadfilter und kurze Löschfristen für Online-Plattform hätten auch den rechten Terroranschlag von Christchurch und die Radikalisierung des Täters verhindert“, sagt die Justizkommissarin gegenüber netzpolitik.org. In den vergangenen Jahren hätte man bei ISIS-Propaganda gesehen, wie schnell sich terroristische Inhalte verbreiten würden. Dies habe zur Radikalisierung beigetragen. Bei einer etwaigen Entfernung einschlägiger Inhalte sei deshalb „Geschwindigkeit essenziell“, sagte Jourova, die sich „proaktive Maßnahmen“ von den Plattform-Betreibern wünscht.
Parlament muss sich auch damit befassen
"Online-Terror-Inhalte haben eine Schlüsselrolle bei fast jedem Terrorangriff gespielt, den wir in Europa gesehen haben", sagte auch Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) noch im Dezember während Österreich den EU-Ratsvorsitz innehatte. Mit dieser Vereinbarung sende der EU-Ministerrat eine starke Botschaft an die Internet-Provider in Hinblick auf die Dringlichkeit von Gegenmaßnahmen.
Auch die EU-Terrordirektive kann nicht von der EU-Kommission alleine beschlossen werden, sondern muss auch durch das Parlament. Die EU-Innenminister hatten dem Gesetzesvorhaben schon Ende des Jahres zugestimmt. Ergo: Sollten am heutigen Dienstag Uploadfilter vom EU-Parlament verhindert werden, könnten sie schon bald in einem anderen Gesetzesvorschlag erneut auftauchen.
Hätte sich der Anschlag verhindern lassen?
„Ich glaube, wir müssen eine 100-prozentige Sicherheit haben, dass diese Inhalte nicht im Netz stehen bleiben“, sagte Jourová gegenüber netzpolitik.org. Das gelte auch für Instruktionen, etwa zum Bombenbau und dergleichen. Gelingt dies, werde das aus ihrer Sicht die Radikalisierung eindämmen. Ob das vom Christchurch-Attentäter im Internet verbreitete Manifest als terroristischer Inhalt gilt, konnte die tschechische Kommissarin allerdings nicht beantworten. Gelesen habe sie es nicht, sagte sie netzpolitik.org.
Gegenüber der futurezone hatten unlängst Experten gesagt, dass sie bezweifeln, dass die Verbreitung von Material wie beim Christchurch-Anschlag durch KI verhindert hätte werden können. „Die Erkennung von Waffen ist sehr schwer, denn optisch ist eine echte Waffe von einer Attrappe nur schwer unterscheidbar“, sagte Martin Kampel, Senior Scientist am Computer Vision Lab der TU Wien, der seit Jahren zu diesem Thema forscht. „Durch die vielen Fehlalarme ist das praktisch nicht einsetzbar.“
Der Attentäter, der 50 Menschen bei Angriffen auf zwei Moscheen im neuseeländischen Christchurch tötete, übertrug die Attacke in Echtzeit auf Facebook Live. Facebook selbst sagte zu dem Ereignis: „Um das zu verhindern, müssen wir unsere Systeme erst mit großen Mengen von Daten von genau solchen Inhalten versorgen – was schwierig ist, da solche Ereignisse dankenswerterweise selten sind."