Netzpolitik

Kann WhatsApp meine Nachrichten mitlesen?

Der US-Konzern Facebook, zu dem WhatsApp gehört, hat nicht gerade den besten Ruf, was den Schutz der Privatsphäre seiner weltweit 2,5 Milliarden Nutzer*innen betrifft. Erst Anfang des Jahres gab es großen Wirbel, weil Facebook für den Messenger neue Nutzungsbedingungen einführen wollte, mit denen eine Datenweitergabe an Facebook möglich wird.

Nach einem investigativen Artikel von „Pro Republica“ gibt es nun erneut eine große Aufregung um den Schutz der Privatsphäre bei WhatsApp. Auch wir haben am Montag darüber berichtet, dass WhatsApp (unter bestimmten Umständen) Nachrichten mitlesen kann. Uns haben daraufhin zahlreiche User*innen-Anfragen zu diesem Thema erreicht. Wir beantworten alles, was ihr dazu aktuell wissen müsst:

Worum geht es dieses Mal?

Der Mutterkonzern Facebook soll über 1.000 Mitarbeiter*innen rund um den Globus dafür bezahlen, private Nachrichten zu durchforsten, zu analysieren und zu bewerten. Millionen davon wurden bereits gesichtet. Diese Auftragnehmer*innen sollen in Austin, Dublin und Singapur angesiedelt sein. Sie sehen sich WhatsApp-Nachrichten von User*innen an, die zuvor gemeldet worden sind. Neben Textnachrichten sollen auch Bilder und Videos angesehen werden.

WhatsApp-Nachrichten sind aber verschlüsselt. Wie geht das mit dem Mitlesen?

WhatsApp hat im Jahr 2012 die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung von Nachrichten eingeführt. Diese ist bis heute in Verwendung. Das heißt, die Nachrichten von WhatsApp-Nutzer*innen können nicht einfach so mitgelesen werden, sie sind geschützt.

Meldet ein*e Nutzer*in eine*n andere*n WhatsApp-Nutzer*in, weil dieser etwa in Nachrichten Drohungen gegen eine Person verschickt, selbstgefährdendes Verhalten ankündigt, oder weil er Falschmeldungen, Kinderpornografie, oder sonstige Inhalte verbreitet, dann werden die letzten Nachrichten dieser Person automatisch an WhatsApp weitergeleitet.

In einem nächsten Schritt analysiert eine künstliche Intelligenz (KI), wie dringlich etwas unternommen werden muss. Das passiert automatisiert. In Folge bekommen die Nachrichten die Mitarbeiter*innen zu Gesicht, die man allgemein als „Content-Moderator*innen“ bezeichnet.

Bleiben die Nachrichten also verschlüsselt?

Ja, die WhatsApp-Nachrichten der gemeldeten Nutzer*innen sind dabei weiterhin verschlüsselt, auch wenn sie automatisiert im Hintergrund weitergeleitet werden. WhatsApp liest also nur jene Nachrichten von gemeldeten User*innen und verheimlicht dies auch nicht. Diejenigen, die Nutzer*innen melden, bekommen das in einem Popup-Fenster angezeigt, dass Nachrichten weitergleitet werden, außerdem steht es auch in den FAQs von WhatsApp.

Erfährt man als Nutzer*in, dass jemand Fremder die Nachrichten liest?

Nein, die Nutzer*innen werden seitens WhatsApp nicht benachrichtigt. Das geschieht zum Schutz jener Personen, die die Person gemeldet haben. Wenn es etwa um Drohungen geht, könnte das für denjenigen, der die Nutzer*in gemeldet haben, gefährlich werden.

Warum gibt es dann eine Aufregung?

„ProRepublica“ kritisiert, dass WhatsApp in letzter Zeit sehr darum bemüht war, das Image „privatsphärefreundlich“ zu sein, ins mediale Rampenlicht zu rücken. Laut der Publikation hat der Mutterkonzern bisher auch auf Nachfrage verschwiegen, dass es auch bei WhatsApp zu einer „Content-Moderation“ kommt und weitergeleitete Nachrichten mitgelesen werden. Der Publikation liegt außerdem ein Papier eines Whistleblowers vor, das belegen soll, dass auch bei WhatsApp jede Menge Software eingesetzt wird, um WhatsApp-Accounts zu analysieren.

Warum will WhatsApp privatsphärefreundlich wirken?

Weil nach dem Skandal rund um die neuen Nutzungsbedingungen Anfang des Jahres einige Nutzer*innen abgewandert sind, viele davon zu Signal und Telegram.

Soll man WhatsApp jetzt verlassen?

Die Verschlüsselung der WhatsApp-Nachrichten funktioniert grundsätzlich. Eine Sache sollte WhatsApp-Nutzer*innen auf jeden Fall bewusst sein: Auch wenn die Inhalte in der Regel nicht mitgelesen werden, weiß WhatsApp über sogenannte "Metadaten" viel über einen. Neben der Telefonnummer, Smartphone-Informationen wie Modell, Betriebssystem, IP-Adresse, werden auch Informationen darüber, wie man mit anderen interagiert, gespeichert und an den Mutterkonzern Facebook weitergegeben. Die Messenger-Alternative Signal etwa speichert weit weniger Daten über einen und gehört auch zu keinem Großkonzern wie Facebook.

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Barbara Wimmer

shroombab

Preisgekrönte Journalistin, Autorin und Vortragende. Seit November 2010 bei der Kurier-Futurezone. Schreibt und spricht über Netzpolitik, Datenschutz, Algorithmen, Künstliche Intelligenz, Social Media, Digitales und alles, was (vermeintlich) smart ist.

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