Snowden befürchtet Überwachung über Corona-Krise hinaus
Rund um die Welt ziehen Staaten neue technologische Möglichkeiten heran, um die Corona-Krise unter Kontrolle zu bekommen. Was derzeit nur als legitim und sinnvoll erscheint, birgt jedoch eine große Gefahr, meint Edward Snowden. Wie TheNextWeb berichtet, hat der Whistleblowser dies nun in einem Interview anlässlich des (nun online stattfindenden) internationalen Dokumentationsfilmfestivals erklärt: "Notfallmaßnahmen, die speziell heute genehmigt werden, tendieren dazu, kleben zu bleiben. Der Notfall tendiert dazu, ausgedehnt zu werden. Die Behörden beginnen sich damit anzufreunden, ein wenig mehr Macht zu erhalten. Sie beginnen, das zu mögen."
Gefallen finden an neuen Möglichkeiten
Laut Snowden beginnen Geheimdienste zunächst, neue Anwendungsfälle für Technologien zu finden, die ihnen in einer Krisenzeit zur Verfügung stehen. Ist die Krise einmal vorbei, werden Gesetze geändert, um Regeln für den Notfall dauerhaft geltend zu machen. Dadurch kann Widerstand unterdrückt werden, oppositionelle Stimme können mundtot gemacht werden.
KI besonders gefährlich
Snowden, der 2013 die geheimen Überwachungsmethoden der NSA aufgedeckt hat, warnt vor allem vor Möglichkeiten, denen mittels künstlicher Intelligenz Tür und Tor geöffnet wird. In der Corona-Krise setzt etwa China KI ein, um Menschen mit Fieber zu identifizieren. In Russland wird KI verwendet, um Menschen ausfindig zu machen, die gegen Quarantäneregeln verstoßen. Selbst das durch kontroversielle Sammlung von Social-Network-Daten in Verruf geratene KI-Unternehmen Clearview wird derzeit von Regierungen konsultiert und soll dabei helfen, Corona-Infizierte aufzuspüren.
In Zukunft denkbar sei nicht nur der Rückgriff auf Bewegungsdaten und Metadaten von Kommunikations-Apps, sondern etwa auch auf Daten von Fitness-Trackern. Snowden beschreibt etwa, wie Pulsraten von Menschen gemessen werden könnten, die sich ein Propaganda-Video einer Regierung ansehen.
Abwägen notwendig
Besonders autoritäre Regime, die Zugang zu Daten und fortschrittlichen Analysewerkzeugen vorfinden, seien dafür prädestiniert, neu erlangte Fähigkeiten gegen ihre eigene Bevölkerung einzusetzen, meint Snowden. "Wir nähern uns dieser Situation täglich mehr, wenn wir unsere Entscheidungen in Panik fällen." Es sei deshalb notwendig, technische Kompetenzen von Staaten genau zu beobachten und abzuwägen, ob man sie für eine vorübergehende Krise in Kauf nimmt, um möglicherweise dauerhaft damit überwacht zu werden.