Zahnarzt behandelt einen Patienten, während eine Assistentin daneben sitzt und hilft.
Leisere Bohrer sollen Angst vorm Zahnarzt nehmen
Schätzungen zufolge leiden 15 Prozent der Erwachsenen und 30 Prozent der Kinder unter Odontophobie - sie haben also Angst vor dem Zahnarzt. Eine der größten Ursachen für diese Angst ist der hohe, laute Ton des Zahnbohrers. Dieser könnte aber bald der Vergangenheit angehören.
"Ich habe immer wieder erlebt, dass Patienten - darunter auch mein eigenes Kind - beim Geräusch des Zahnbohrers ängstlich oder unruhig wurden", sagt Dr. Tomomi Yamada, Zahnärztin und Professorin an der Universität Osaka in Japan, gegenüber Popular Science. "Irgendwann wurde mir klar, dass jemand dieses Problem ernst nehmen musste."
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Druckluftbohrer
Das hohe Fiepen des Bohrers entsteht hauptsächlich durch interne und externe Luftströme. Viele Zahnbohrer werden nämlich mit Druckluft angetrieben, um bis zu 320.000 Umdrehungen pro Minute zu erreichen. Das Team um Yamada nutzte Japans Supercomputer "Fugaku", um zu visualisieren, wie sich die Luft durch und um den Bohrer herum bewegt.
"Das Überraschendste war, dass wir den ultraschnellen Luftstrom im Inneren des Zahnbohrers visualisieren konnten", sagt Yamada. "Im Inneren kann die Druckluft Geschwindigkeiten von etwa 135 Metern pro Sekunde erreichen - das entspricht etwa Mach 0,4 (ca. 490 km/h)."
Frequenz ist ausschlaggebend
Von außen betrachtet ist ein moderner Zahnbohrer bereits ziemlich leise. Er erreicht mit etwa 60 Dezibel in etwa der Lautstärke einer normalen Unterhaltung in ein Meter Entfernung. Die Mundhöhle funktioniert aber wie ein Klangkörper, der den Ton verstärkt. Die Vibrationen des Bohrers werden zusätzlich über den Zahn und den Kiefer auf die Innenohrknöchelchen übertragen, wie bei einem Knochenschallkopfhörer.
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Den Bohrer leiser zu machen, reicht aber nicht aus, damit das Geräusch angenehmer wird. Auch die Tonlage muss sich ändern, die Bohrer erreichen nämlich Frequenzen von bis zu 20 Kilohertz. Um das zu erreichen, arbeitet das Forscherteam daran, die Geometrie der Turbine im Innern des Bohrers und die Auslassöffnungen zu verändern, ohne dass Leistung verloren geht.
Kinder leiden mehr
Besonders für jüngere Menschen ist der Ton eines Zahnarztbohrers unangenehm. Mit dem Alter nimmt nämlich die Fähigkeit ab, hochfrequente Töne zu hören. "Wenn ein Kind sagt, dass der Zahnarztbohrer 'beängstigend klingt', dann ist das nicht nur Einbildung", sagt Yamada. "Kinder nehmen hochfrequente Geräusche tatsächlich anders wahr als Erwachsene - oft lauter und unangenehmer."
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Als Nächstes will Yamada mit Herstellern von Zahnarztinstrumenten zusammenarbeiten, um Prototypen von leisen Zahnbohrern bauen zu lassen. Vollkommen lautlos werden diese Bohrer aber nicht sein. Aus Sicherheitsgründen muss der Bohrer einen Ton von sich geben, um zu signalisieren, dass er in Betrieb ist. Das verhindert, dass der Patient plötzliche Bewegungen macht.
Leisere Alternativen zu den Druckluftbohrern gibt es bereits. Elektrisch betriebene Zahnbohrer sind zwar nicht so laut, jedoch auch schwerer und sperriger. Komplett ohne Bohrgeräusche kommen Zahnlaser aus, die allerdings noch nicht weit verbreitet sind. Hier muss dennoch meist gebohrt werden, um den Kariesbefall für den Laser freizulegen.
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