Knochenschallkopfhörer von Shokz

Knochenschallkopfhörer von Shokz

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Knochenschall und Open-Ear: Das sind die Vor- und Nachteile der Kopfhörer

Kabellose In-Ear-Kopfhörer haben in den vergangenen Jahren unseren Alltag erobert. Die Stöpsel, die man sich direkt in den Gehörgang steckt, versprechen Musikgenuss auch bei lauter Umgebung. 

Neuere Modelle sind zudem mit aktiver Geräuschunterdrückung ausgestattet. Die kleinen Geräte nehmen die Umgebung über Mikrofone auf und geben dann entgegengesetzte Schallwellen ab, um unerwünschte Geräusche zu reduzieren.

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Manche Menschen können mit In-Ear-Kopfhörern allerdings nichts anfangen. Sie klagen etwa über ein Druckgefühl im Kopf, wenn die Gehörgänge komplett verschlossen sind. Auch im Straßenverkehr sind die Ohrstöpsel nicht empfehlenswert, da man damit eine herannahende Gefahr leicht überhören kann. Doch es gibt Alternativen.

Knochenschall

Eine davon sind die sogenannten Knochenschallkopfhörer. Die ersten kommerziellen Geräte kamen vor etwa 15 Jahren auf den Markt. Seitdem konnten sie sich etablieren und sind vor allem bei Sportler*innen beliebt.

Während des Sports hört man auch Umgebungsgeräusche.

Während des Sports hört man auch Umgebungsgeräusche.

Knochenschallkopfhörer leiten die Schallwellen nicht durch die Luft durch den Gehörgang auf das Trommelfell. Stattdessen werden sie am Knochen vor dem Ohr angelegt, der die Vibrationen des Geräts aufnimmt und weiterleitet. Bereits Ludwig van Beethoven soll sich dieses Prinzip zunutze gemacht haben. Der schwerhörige Komponist soll sich einen Holzstab am Klavier befestigt haben, auf den er während des Spielens biss. Die Schallwellen breiteten sich über sein Gebiss bis an seine Gehörknöchelchen aus, was zumindest kurzzeitig Besserung brachte. Als er völlig ertaubte, half auch dieser Trick nichts mehr.

Der Vorteil am Knochenschall ist, dass der Gehörgang frei bleibt und man die Umgebung weiterhin wahrnehmen kann. Beim Joggen kann etwa ein herannahendes Auto gehört werden, wasserdichte Modelle eignen sich sogar fürs Schwimmen. Außerdem wird das Trommelfell umgangen, was für Menschen mit bestimmten Hörproblemen, wie etwa Löchern im Trommelfell, von Vorteil sein kann.

“Grundsätzlich kann ich aber mit jedem Kopfhörer eine Hörstörung erzeugen”, erklärt Universitätsprofessor Wolf-Dieter Baumgartner von der Universitätsklinik für HNO der MedUni Wien. “Es ist wie bei Autounfällen: Egal ob ich VW-Käfer oder Ferrari fahre, ich kann immer tödlich verunglücken", vergleicht es Baumgartner.

Auf die Lautstärke kommt es nämlich an. In der Regel reichen 80 Dezibel über einen längeren Zeitraum, um einen chronischen Innenohrschaden auszulösen. Das entspricht etwa der Lautstärke eines sehr lauten Gesprächs. “Subjektiv überschreitet man diese Grenze mit In-Ear-Kopfhörern schneller, weil sie näher am Trommelfell anliegen”, weiß Baumgartner. Deshalb rät der Experte von dieser Art von Kopfhörern eher ab. 

Kann klanglich nicht mithalten

Klanglich können Knochenschallkopfhörer aber auch bei leiser Umgebung nicht mit jenen mithalten, die direkt ins Ohr gesteckt werden oder wie Over-Ear-Kopfhörer das gesamte Ohr umfassen. Grund dafür ist, dass Schädelknochen nur den mittleren Frequenzbereich einer Schallquelle gut übertragen können. Das eignet sich für menschliche Stimmen, Bässe oder sehr hohe Höhen werden allerdings verzerrt oder gar nicht weitergeleitet.

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Zu bedenken ist auch, dass die meisten Knochenschallkopfhörer mit einem Bügel über das Ohr und um den Kopf herumgeführt werden. Das kann für Brillenträger*innen störend wirken. Knochenschallkopfhörer sind für Mitmenschen nicht komplett geräuschlos, da ein Teil des Schalls weiterhin an die Luft abgegeben wird. In leisen Umgebungen und bei hoher Lautstärke sollte man darauf achten, weit genug von einer Person entfernt zu sein, um sie nicht zu stören. Zudem muss man sich an das Vibrieren der Kopfhörer erst gewöhnen, das bei hoher Lautstärke entsprechend unangenehm sein kann. 

Wie sieht es mit den Kosten aus?

Bekanntester Hersteller für Knochenschallkopfhörer ist das Unternehmen Shokz. Ihre neuesten Modelle kosten auf Amazon zwischen 90 und 190 Euro. Es gibt allerdings auch günstigere Anbieter.

Anbieter von Open-Ear-Kopfhörern gibt es zuhauf. Auf Amazon finden sich Kopfhörer zwischen 30 und 150 Euro. In der Regel sind Open-Ear-Kopfhörer günstiger als Knochenschall-Modelle und werden von vielen namhaften Kopfhörer-Herstellern wie etwa Soundcore angeboten.

Wer es etwas stylischer mag, kann auf die FreeClips von Huawei zurückgreifen. Diese Clip-Kopfhörer gibt es auf Amazon um etwa 180 Euro. Andere chinesische Händler bieten ein ähnliches Konzept aber bereits um unter 40 und sogar unter 20 Euro an.

Für alles ein offenes Ohr

Dieses Problem wollen sogenannte Open-Ear-Kopfhörer lösen, die oft auch als Air Conduction Kopfhörer bezeichnet werden. Diese Kopfhörer sind wie In-Ear-Kopfhörer mit einem kleinen Lautsprecher ausgestattet, lassen allerdings den Gehörgang frei. Der Schall wird dabei in die Ohrmuschel abgegeben. Es ist quasi so, als würde ein kleines Radio neben dem Ohr hängen. 

Open-Ear-Kopfhörer gibt es in mehreren Versionen: Neben Geräten mit Kopfbügel wie bei Knochenschallkopfhörern sind auch Kopfhörer beliebt, die man sich einzeln ans Ohr “hängen” kann. Ein Bügel verbindet dabei den Akku hinter dem Ohr mit dem Lautsprecher vor der Ohrmuschel.

Eher neu und in Österreich recht unbekannt sind Modelle, die man sich ans Ohr clippen kann. Die wie Piercings aussenden Geräte bestehen ebenfalls aus einem Akkuteil hinter dem Ohr und einem Lautsprecher, der ins Ohr ragt.

Die Freeclips von Huawei erinnern an Piercings.

Die Freeclips von Huawei erinnern an Piercings.

Die Vorteile sind ähnlich wie bei Knochenschallkopfhörern. Dadurch, dass der Gehörgang nicht vollständig abgedeckt ist, lassen sich Umgebungsgeräusche noch wahrnehmen. Die Klangqualität liegt zwischen Knochenschallkopfhörern und In-Ear-Kopfhörer und ist für die meisten Menschen ausreichend, auch wenn man besonders im Bass-Bereich Abstriche hinnehmen muss. Außerdem wird auch hier Schall an die Umgebung abgegeben - noch stärker, als bei Knochenschallkopfhörern.

Sonnenbrille und Lautsprecher für den Hals

Knochenschall- und Open-Ear-Konzepte lassen sich auch bei anderen Geräten anwenden. So gibt es bereits Sonnenbrillen mit integrierter Lautsprecher- oder Knochenschalltechnologie. Die Lautsprecher bzw. Vibrationsmodule sowie Akkus werden dabei in den Brillenbügeln eingesetzt, die entsprechend dick sein müssen.

Einen Schritt weiter treiben es Lautsprecher-Hersteller, die den Kopfhörer komplett vom Ohr ablösen und eine Art Musik-Hufeisen entwickelten, das man sich um den Hals legt. Die Anwendungsgebiete dafür sind aber eher stationär - etwa für das Computerspielen vor dem PC oder vor dem Heimkino auf dem Sofa. Dabei soll man einen räumlichen Klang erleben, für den man sonst mehrere Lautsprecher im Raum benötigt.

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Marcel Strobl

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Ich interessiere mich vor allem für Klima- und Wissenschaftsthemen. Aber auch das ein oder andere Gadget kann mich entzücken.

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