Sony WF-1000XM5

Sony WF-1000XM5

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Sony WF-1000XM5 im Test: Die Welt ein bisserl leiser drehen

Die Sony WF-1000XM5 machen die Zivilisation leiser - und damit erträglicher

U4 Heiligenstadt, 18 Uhr. Auf den Plätzen hinter mir „unterhalten“ sich 2 Teenagerinnen mit einer Lautstärke, die jodeln gleich kommt. Rechts vor mir spricht ein Mann über die Freisprechfunktion seines Handys mit einer Frau, um ihr zu berichten, dass Sabine einen neuen Hautarzt hat.

Der Silberpfeil setzt sich quietschend in Bewegung. Das Geräusch zieht durch Mark und Bein. Alle Fenster sind offen, weil unklimatisiert – die Teenagerinnen brüllen ein bisschen lauter, um sich zu verstehen, Sabine hat einen Ausschlag am linken Fuß und am Ende des Wagons beginnt ein Kind zu weinen (vermutlich nicht wegen Sabine).

Und plötzlich ist es leise. Ich habe die Sony WF-1000XM5 in die Ohren gegeben. Der kurze Moment, bevor die Trageerkennung eingesetzt hat und das Noise Cancelling aktiv wurde, zeigt, wie unglaublich effektiv die In-Ears dem Umgebungslärm entgegensteuern. Ein leiser Seufzer der Erleichterung, ein bisschen Gänsehaut vor Freude – und dabei habe ich noch nicht mal Musik aufgedreht. Ich frage mich, was Sabine wohl für Musik hört.

Kleiner, leichter, teurer

Die WF-1000XM5 sind Sonys neues Topmodell der True Wireless In-Ear-Kopfhörer. Sie sind der Nachfolger der WF-1000XM4, die ich 2021 getestet habe.

➤ Mehr lesen: Sony WF-1000XM4 im Test: Die besten Kopfhörer mit furchtbaren Namen

Rein optisch hat sich in den 2 Jahren, die zwischen den Produkten liegen, ordentlich was getan. Die XM5 sind kleiner und runder als die XM4. Das Mikrofon ist formschöner im Gehäuse integriert und sieht nicht mehr wie eine „Ups, wir müssen noch ein Mikrofon einbauen“-Situation der Produktentwickler*innen aus.

Links: WF-1000XM4. Rechts: WF-1000XM5

Das Gewicht ist von 7,3 Gramm pro Hörer auf 5,9 Gramm gesunken. Die Akkulaufzeit soll laut Datenblatt nicht darunter leiden. Gewachsen ist dafür der Preis. Beim Erscheinen haben die XM4 279 Euro gekostet. Der UVP der XM5 ist 319 Euro.

Bequemer, auch für kleine Ohren

Durch die kleine und runde Bauweise lassen sich die XM5 angenehm tragen. Wie schon bei den Vorgängern setzt man sie gerade ein und dreht sich sanft nach unten, damit sie im Ohr halten. Beim Einsetzen und die erste Minute danach ist weniger Druck am Ohr, als bei den XM4.

Hat man die XM5 einmal gut eingesetzt, kann man sie stundenlang tragen, ohne, dass es am oder im Ohr drückt. Bevor man das macht, sollte man die verschiedenen Ohrstöpsel durchprobieren, die im Lieferumfang enthalten sind. Neben Small, Medium und Large gibt es jetzt auch Small-Small für Menschen mit besonders zarten Ohren.

Ist man zwischen 2 Größen, gilt: Je größer der Stöpsel, desto besser die passive Dämpfung, wodurch die Effektivität der gesamten Geräuschunterdrückung besser wird. Dafür kann ein zu großer Stöpsel aber unbequemer sein. Für mich fühlt es sich so an, als bräuchte ich eine Größe zwischen Medium und Large. Da das aktive Noise Cancelling aber ohnehin extrem effektiv ist, nutze ich lieber Medium – sie sind für mich bequemer und ich verliere gefühlt keine Leistung bei der Unterdrückung der Hintergrundgeräusche.

Wer dem eigenen Gefühl nicht traut, kann in der Begleit-App unter „System“ die Funktion „Bestimm. d. opt. Ohrstöpsel-Aufsätze“ nutzen. Diese misst, ob die gewählten Stöpsel dicht genug sind, bzw. die Kopfhörer korrekt ins Ohr eingesetzt wurden.

Sporteln mit den WF-1000XM5

Wenn man besonders heftig sportelt, sollte man den Halt der Kopfhörer im Ohr gut überprüfen – nicht nur per App. Durch meine zwischengroßen Ohren fühlt sich Medium fast schon zu bequem an. Beim Laufen und Sprinten blieben sie aber gut in den Ohren, ebenso bei Burpees. Rugby würde ich aber nicht mit den mittelgroßen Stöpseln spielen – eigentlich generell nicht mit Kopfhörern.

Vorsicht bei Wassersportarten: Die XM5 sind nur spritzwassergeschützt. Einen Spaziergang oder ein Intervalltraining bei mäßigen Regen halten sie aus. Unter die Dusche oder gar ins Schwimmbecken sollte man aber nicht damit.

Die WF-1000XM5 sind schweißresistent, aber nicht wasserfest

Bestes Noise Cancelling: Kein Werbeschmäh

Sony behauptet bei den XM5 großspurig, was eigentlich Kund*innen und Tester*innen bescheinigen sollten: Bestes Noise Cancelling bei In-Ear-Kopfhörern. Wenn Hersteller in ihren Produktbeschreibungen mit Superlativen arbeiten, sollte man immer skeptisch sein, aber in diesem Fall ist es wahr: Das Active Noise Cancelling ist phänomenal.

Im Vergleich zum XM4 sind die XM5 noch besser darin, hohe Töne und die Mitten zu unterdrücken. Dadurch wird allgemein diverser Lärm, aber auch Sprache von anderen Menschen, stärker reduziert. Bei den Tiefen hat Sony ebenfalls nachjustiert, was Straßenlärm und die Geräuschkulisse in Zügen und Flugzeugen effizienter unterdrückt. Dreht man dann noch Musik auf, hört man nichts mehr von außen. Auch bei Podcasts hilft das Noise Cancelling. Hohe Lautstärken machen bei Sprache oft kein schönes Hörerlebnis. Mit den XM5 kann man in der lauten U-Bahn leiser hören, weil man nicht die neuesten Abenteuer von Sabine übertönen muss.

Ganz perfekt ist es aber nicht. Bis mit Active Noice Cancelling bei In-Ear-Kopfhörern völlige Stille erzeugt werden kann, wird es wohl noch ein paar Jahre dauern. Es ist trotzdem eine Wohltat, die Welt mal ein paar Stufen leiser drehen zu können. Als ich am Ende der U-Bahn-Fahrt die Kopfhörer rausgenommen habe, hat sich die Umgebung richtig unangenehm laut angefühlt – obwohl ich vorher 20 Minuten mit, für meine Verhältnisse, recht hoher Lautstärke Musik gehört habe. Falls man also ein Argument sucht, um sich einzureden, dass man die XM5 eh nicht will: Man wird dadurch ein wenig Zivilisationsmüde, weil man keinen Bock mehr auf den Lärm der Großstadt hat.

Sauberer Sound

Die XM5 haben ein ähnliches Soundprofil wie die XM4. Ich nenne es „massentauglicher Referenzklang“. Die Basis ist ein sehr sauberer, detailreicher Klang, der es einfach macht, bestimmte Elemente aus Liedern herauszuhören. Er hat aber genug Power, dass das Ganze nicht fad oder steril klingt. Im direkten Vergleich zum XM4 sind die Dynamik und Details eine Spur besser geworden.

Der Bass ist pointiert: markant, aber nicht dominant. Er ist knackig statt dröhnend. Das ist zwar gut, aber nicht optimal, wenn man Musikstreaming nutzt, das nicht HD ist – so wie Spotify. Die XM5 schaffen zwar hier Details aus Liedern herauszuholen, von denen man gar nicht wusste, dass es sie gibt. Ein satter Bass kann jedoch bei Songs, die in Spotify nur in mäßiger Qualität vorhanden sind, gut Klangdefizite kaschieren. Ich habe deshalb in der Begleit-App im Equalizer den Bass auf Stufe 6 (von 10) erhöht. Wer flachen Sound bevorzugt, kann den Bass bis zur Stufe -10 reduzieren oder die Equalizer-Profile „sanft“ und „entspannt“ ausprobieren.

Die WF-1000XM5 sind in Weiß und Schwarz verfügbar

Equalizer-Assistent

Stichwort Equalizer: Hier hat Sony in der App was Praktisches inkludiert: „Finden Sie Ihren Equalizer“. Die Funktion ist noch Beta, hat bei mir aber ganz gut funktioniert. Am besten spielt man dazu das Lieblingslied in der gewohnten Lautstärke ab. In der App tippt man jetzt auf die Zahlen, wovon jede für ein Klangprofil steht. So sucht man sich aus, was einem am besten gefällt und tippt dann auf „Weiter“.

In den nächsten Schritten wird auf dieselbe Methode der Klang weiter spezifiziert, bis man schließlich eine Equalizer-Einstellung erhält, die als „Benutzerdefiniert 2“ abgespeichert ist. Das für mich so erstellte Profil gefällt mir tatsächlich besser als die vorgefertigten Equalizer-Profile und als der Standard-Klang ohne Equalizer.

Begleit-App braucht ein Update

Hat man jahrelang Sony-Kopfhörer verwendet, ist man die Begleit-App gewohnt. Dennoch ist sie in die Jahre gekommen und wirkt mittlerweile unübersichtlich und altmodisch. Wer die App noch nicht kennt, wird auf Begriffe stoßen, die wenig aufschlussreich sind, wie etwa [Umg.geräusch-Strg]-Bedienungseinstellung.

Oben gibt es 4 Reiter, unten 3 Icons. Warum manche Einstellungen wo sind, ist nicht schlüssig. Die „Adaptive Geräuschsteuerung“ ist etwa im Reiter „Status“ zum Ein- und Ausschalten. Wechseln zwischen den Modi Noise Cancelling, Transparenz und Aus, muss man aber im Reiter „Sound“ machen.

Bei „Sound“ findet man auch die Funktion Speak-To-Chat (schaltet automatisch in Transparenz-Modus, wenn man redet), obwohl diese ebenfalls zu „System“ passen würde. Bei System gibt es dafür „Stimme während T.anruf erfassen“, mit der man sich selbst leichter hört, um den Gesprächspartner nicht unabsichtlich anzubrüllen. Die Bluetooth-Verbindungsqualität ist dafür wieder bei „Sound“ und nicht bei „System“.

Adaptive Geräuschsteuerung

Abgesehen von der App selbst, hätte auch die „Adaptive Geräuschsteuerung“ ein Update nötig. Diese passt den Transparenzmodus an die Aktivität an. Sitzt man still, ist Noise Cancelling auf voller Stufe. Beim Spazierengehen wird die Umgebung teilweise akustisch durchgelassen, damit man z. B. ein hupendes Auto oder die Sirene eines Einsatzfahrzeuges hören kann. Für die jeweiligen Modi kann man noch die Stärke des Transparenzmodus anpassen. Auch für Orte kann das so festgelegt werden.

Das ist alles schön und gut, aber die automatische Erkennung der Aktivität und des Orts klappt nicht immer. Den Unterschied zwischen Gehen, Spazieren und Laufen beherrscht die App, aber in den Öffis sollte sie eigentlich auf „wird transportiert“ umschalten, was besonders bei der U-Bahn ein Problem ist. Hier „spaziere“ ich laut der App oft. Nach doch einigen Jahren, seit es diese Funktion gibt, hätte Sony dieses Problem mal lösen können.

Immerhin kann man den normalen Transparenzmodus auch manuell aktivieren, per Touch-Geste am Kopfhörer. Abgesehen von dieser üblichen Antipp-Steuerung, gibt es noch eine Gestensteuerung, die optional aktiviert werden kann. Bekommt man einen Anruf, kann man diesen durch Nicken annehmen oder Kopfschütteln ablehnen. Ziemlich unnötig, aber lustig.

Stabilere Verbindung, gleiche Akkulaufzeit

Im Gegensatz zu den XM4 ist die Verbindung der XM5 stabiler. Beim XM4 gab es Aussetzer, wenn in den Einstellungen die Bluetooth-Verbindung auf „Priorität auf Klangqualität“ eingestellt war, wenn man nahe an einer befahrenen Straße gegangen bzw. gestanden ist. Mit den XM5 gab es keinen einzigen Aussetzer im mehrwöchigen Testzeitraum bei dieser Einstellung.

Laut Sony sind bis zu 8 Stunden Akkulaufzeit bei reinem Musikhören möglich, bevor die Kopfhörer zum Laden ins Case müssen – dort gibt es Saft für weitere 16 Stunden. Im Test kam die Angabe mit 8 Stunden gut hin, mit aktiver Geräuschunterdrückung und aktiviertem DSEE Extreme (Digital Sound Enhancement Engine Extreme). Wenn man diese beiden Sachen ausschaltet, sind laut Sony sogar bis zu 12 Stunden Laufzeit möglich.

Davon rate ich allerdings ab, wenn man nicht gerade einen 10-Stunden-Langstreckenflug vor sich hat und unbedingt durchgehend Musik hören will, ohne die Kopfhörer dazwischen ins Case zu geben. Das Noise Cancelling ist nämlich Gold wert und DSEE Extreme hilft Nicht-HD-Musik besser klingen zu lassen. Gerade Spotify-User*innen sollten davon Gebrauch machen.

Bessere Sprachqualität

Die XM5 unterstützen die Bluetooth-Verbindung mit 2 Geräten gleichzeitig, also etwa Smartphone und Notebook. Eine weitere dringend nötige Verbesserung wurde bei der Sprachqualität beim Telefonieren bzw. Online-Meetings vorgenommen.

Die eigene Stimme wird klar übertragen und mit fast keinen Unterbrechungen. Hintergrundlärm und fremde Stimmen werden verlässlich herausgefiltert. Die für den XM4-typischen Aussetzer bei der Sprachübertragung, weil die eigene Stimme nicht erkannt wurde, sind jetzt Geschichte.

Fazit

Bekommt man Gänsehaut bei einem Song, den man zuvor schon hunderte Mal gehört hat, hat man die richtigen Kopfhörer gefunden. Wenn sie dann auch noch das derzeit beste Noise Cancelling haben, bequem sind und eine lange Akkulaufzeit aufweisen, sind das die Sony WF-1000XM5.

Was gegen die In-Ears spricht, ist die mittlerweile veraltet wirkende Begleit-App, in die man sich erst einarbeiten muss, sowie der hohe Preis. Mit 319 Euro UVP (u. a. billiger erhältlich bei Amazon) überflügelt Sony sogar Apple (AirPods Pro Gen 2 299 Euro UVP, 246 Euro bei Amazon). Trotz des besseren Klangs und Noise Cancelling sollten iPhone-User*innen bei den AirPods Pro bleiben, weil diese tiefer und besser im Ökosystem integriert sind.

➤ Mehr lesen: AirPods Pro im Test: Für wen sind sie und für wen nicht?

Android-User*innen werden derzeit keine In-Ears finden, die besser performen, als die WF-1000XM5. Allerdings muss einem das klare und detailreiche Soundprofil zusagen. Wer Schmodder-Klang mit Hauptsache Bass haben will und sowieso so laut aufdreht, dass man nichts anderes mehr hört (außer danach beim Schlafengehen den Tinnitus), bekommt das für weit weniger Geld von anderen Herstellern.

 

Technische Angaben auf der Website des Herstellers

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Gregor Gruber

Testet am liebsten Videospiele und Hardware, vom Kopfhörer über Smartphones und Kameras bis zum 8K-TV.

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