Auf dem Mars würden Uhren schneller als auf der Erde ticken (Symbolbild).
Warum die Zeit am Mars schneller vergeht als auf der Erde
Das Kommando „Uhren synchronisieren!“ kennt man wohl hauptsächlich aus alten Heist-Movies, in denen die Helden kurz vor einem Überfall ihre Armbanduhren checken. Doch synchrone Uhren sind auch in der Realität enorm wichtig, vor allem wenn es um Navigation und Kommunikation geht.
Damit GPS oder 5G fehlerfrei funktionieren, müssen alle involvierten Geräte die richtige Zeit anzeigen – ganz egal wo auf der Erde oder im Weltall sie sich befinden. Ein Team des US-amerikanischen National Institute of Standards and Technology (NIST) hat nun errechnet, wie sich Uhren auf dem Mars im Gegensatz zu solchen auf der Erde oder dem Mond verhalten. Ihre Studie erschien Anfang der Woche im Astronomical Journal.
Längere Tage und Jahre am Mars
Mars-Tage und -Jahre sind länger als die auf der Erde: Ein Tag, also eine volle Umdrehung, dauert 40 Minuten länger, und der Planet braucht 687 Tage, um die Sonne zu umkreisen.
Wenn man also zum Beispiel, wie Mars-Rover-Ingenieurin Nagin Cox, immer synchron mit der Marszeit arbeiten will, muss man auf der Erde seine Schicht jeden Tag um 40 Minuten später antreten.
Auch die Gravitationsverhältnisse auf dem Mars unterscheiden sich von den uns gewohnten. Denn einerseits ist seine eigene Schwerkraft auf der Oberfläche etwa 5-mal niedriger als auf der Erde, und andererseits ist er weiter von der Sonne entfernt.
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Relativitätstheorie und Rechenproblem
Gemäß Albert Einsteins Relativitätstheorie wirkt sich die Gravitation auf die Zeit aus. Das bedeutet, dass Uhren bei stärkerer Schwerkraft langsamer ticken, bei schwächerer Schwerkraft schneller. Allerdings spielt auch die Umlaufbahn eine Rolle und die ist beim Mars anders als bei Erde und Mond nicht konstant.
„Seine Distanz von der Sonne und seine exzentrische Umlaufbahn machen die zeitlichen Schwankungen größer“, erklärt NIST-Physiker Bijunath Patla in einer Aussendung. Die Berechnungen seien schwieriger gewesen als erwartet, denn es mussten Sonne, Erde, Mond und Mars mitbedacht werden.
Uhren ticken am Mars 477 Millionstel Sekunden schneller
Das Forschungsteam errechnete schließlich, dass Uhren auf dem Mars pro Tag durchschnittlich 477 Mikrosekunden, das sind 477 Millionstel einer Sekunde, schneller ticken als auf der Erde. Im Laufe des Marsjahres – also abhängig von der Position des Planeten gegenüber der Sonne – kann das um bis zu 226 Mikrosekunden variieren.
Laut NIST sind 477 Mikrosekunden etwa ein Tausendstel der Zeit, die ein menschliches Blinzeln dauert. Dennoch macht diese kurze Zeitspanne einen großen Unterschied für künftige Marsmissionen.
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Irgendwann Echtzeitkommunikation zum Mars?
Derzeit brauchen Nachrichten zwischen Erde und Mars gut 24 Minuten für jede Strecke. „Wenn man Synchronisation erreicht, wird das fast so sein wie Echtzeitkommunikation ohne Informationsverlust. Man muss nicht warten, um zu sehen, was passiert“, erklärt Patla.
Genau wie menschliche Marsmissionen seien derartige Kommunikationsnetzwerke noch weit entfernt von der Umsetzung. Jetzt schon daran zu forschen, könnte zukünftig bei der Implementierung helfen, meint der Wissenschaftler.
Noch viele offene Fragen
„Es ist gut, erstmals zu wissen, was zeitlich auf dem Mars geschieht. Das wusste vorher niemand. Es verbessert unser Verständnis der Theorie, wie Uhren ticken und wie Relativität funktioniert“, sagt Patla.
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Zur „Zeitzone“ des Mars seien aber dennoch Fragen offen. Weitere relativistische Effekte seien noch nicht erforscht – für hochpräzise Uhren könnten sie zusammengenommen einen Unterschied machen.
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