Pixel Fold im Test: Googles faltbarer Versuch
Lange wurde spekuliert, dass Google ins Geschäft mit Falt-Handys einsteigen wird, nun ist es endlich passiert. Das Pixel Fold wurde im Rahmen der Google I/O im Mai angekündigt und erscheint Ende Juni.
Klarer Konkurrent, dessen Vormachtstellung es anzugreifen gilt, ist in diesem Fall Samsung mit seinem Galaxy Z Fold, das derzeit in der 4. Generation am Markt ist. Für Sommer wird die 5. Generation erwartet.
Wie das Galaxy verfügt auch das Pixel Fold über 2 Displays. Der Star ist zweifelsohne das große, mittig faltbare Display mit einer Diagonale von 7,6 Zoll. Dazu gibt es ein sekundäres Außendisplay mit einer Diagonale von 5,8 Zoll.
➤ Mehr lesen: Galaxy Z Fold4 im Test: Für immer kurios
Das Äußere
Obwohl das Galaxy der große Konkurrent ist, erinnert mich das Pixel zugeklappt im ersten Moment an ein ganz anderes Gerät. Aufgrund des Seitenverhältnisses des Außendisplays fühlt sich das Handy eher wie Microsofts Surface Duo 2 (hier zum Test) an. Der Vergleich funktioniert aber nur zugeklappt, da das Surface über kein Falt-, sondern über 2 getrennte Displays verfügt.
Zurück zum Pixel Fold: Im Vergleich zu einem normalen Handy ist es naturgemäß groß und schwer. Zusammengeklappt hat es eine Dicke von über 1,2 Zentimeter, das Gewicht liegt bei 283 Gramm. Auf der Rückseite befindet sich die mittlerweile für Pixel-Geräte typische Leiste für die Kameras. Neben den Lautstärken-Buttons hat das Handy noch den obligatorischen Power-Knopf, in dem sich auch der Fingerabdruckscanner befindet. Jener funktionierte im Test immer schnell und zuverlässig. Die Geschwindigkeit und Genauigkeit der dezidierten Fingerabdruckscanner ist den Unter-Display-Varianten nach wie vor noch so sehr überlegen, dass ich sie auch bei “normalen” Handys gerne im Power-Button hätte.
Im Hinblick auf Verarbeitung macht das Pixel Fold auf mich einen positiven Eindruck. Das Scharnier ist nicht klapprig, der Widerstand beim Auf- und Zuklappen ist gleichmäßig. Selbst auf den letzten Zentimetern beim Zuklappen knallt es nicht unangenehm zusammen.
Und im Vergleich zum Fold hat Google eine Sache etwas besser hinbekommen. Nachdem man ein Display nicht so spitz falten kann wie ein Blatt Papier, bleibt direkt beim Scharnier immer noch ein kleiner Spalt zwischen den beiden Displayhälften übrig. Beim Galaxy Z Fold4 kann man jenen sehr deutlich erkennen und er ist auch ein leidiger Fänger von Staub oder Schmutz. Beim Pixel liegen die beiden Displayhälften annähernd aufeinander auf, wodurch sich in der Praxis auch tatsächlich weniger Fussel zwischen den Displays fangen.
Auch wenn im Rahmen meines Tests keine Qualitätsprobleme des Displays bemerkbar waren, war das nicht bei allen so. Das Testgerät von Ars Technica gab etwa nach 4 Tagen den Geist auf und kurz nach dem offiziellen Verkaufsstart meldeten sich auch mehrere Käufer*innen mit Problemen bzw. kaputte Displays, wie The Verge berichtet.
Die Displays
Nimmt man das Pixel Fold erstmals in die Hand, fällt das im Vergleich zum Galaxy Z Fold deutlich andere Seitenverhältnis des Front-Displays auf. Beim Pixel sind es 17,4 : 9, beim Galaxy 21,1 : 9. Das heißt, dass das Außendisplay des Google-Handys in der Praxis ein gutes Stück breiter ist. Wenn man das Front-Display des Fold gewohnt ist, tut das in erster Linie einmal sehr gut. Während auf jenem alles “zusammengequetscht” wirkt, lässt sich das Pixel Fold von außen erstklassig bedienen.
Im Unterschied zum Galaxy Z Fold wird das Pixel nicht auf der langen, sondern auf der kürzeren Kante gefaltet. Wenn man es also wie ein Buch aufschlägt, hält man es im Querformat in Händen. Das ist perfekt für das Anschauen von Filmen oder Videos, allerdings weniger optimal für das Lesen von Webseiten, wenn sie sich über die gesamte Anzeige erstrecken.
Negativ fällt mir beim Pixel Fold der dicke Rand um das Falt-Display auf. Das hat Samsung besser gelöst, was sich auch in den Zahlen widerspiegelt. So nimmt das Display beim Pixel Fold knapp 83 Prozent der Fläche ein, beim Galaxy Z Fold sind es fast 91 Prozent.
Ein Nachteil an Falt-Displays ist, dass sie nicht so hart ausgeführt sein können, wie normale Bildschirme. Auch ist auf ihnen in der Regel von den Herstellern eine Displayschutzfolie angebracht, die Anwender*innen keinesfalls entfernen sollten. Die dadurch geringere Oberflächenspannung macht sie allerdings auch anfälliger für Kratzer.
Gerade bei den früheren Generationen der Samsung-Handys war das ein leidiges Problem. Das Display des Pixels ist in etwa genauso hart wie das der aktuellsten Fold-Generation. In der Praxis heißt das, dass man es zwar eine Spur vorsichtiger handhaben sollte als gewöhnliche Handys, man muss es aber nicht mit Samthandschuhen anfassen.
Die Anzeigequalität der beiden Displays unterscheidet sich. Während sich das Außendisplay farbstark und kontrastreich präsentiert, bin ich mit dem großen Falt-Display im direkten Vergleich mit dem Galaxy Fold weniger zufrieden. Die Farben könnten leuchtender und das Weiß strahlender sein.
Die Software, Innenleben und Akku
Das Pixel Fold kommt naturgemäß mit Android 13, das bereits über weiter Strecken für die Foldables optimiert ist. Zwar sieht nicht jede App auf dem großen Display perfekt aus, Google-eigene Anwendungen machen aber in der Regel eine gute Figur.
Besonders gut eignet sich das große Falt-Display natürlich zum Betrachten von Fotos oder Videos oder zum Lesen längerer Texte. Auch das Erkunden neuer Gegenden mit Maps ist auf dem großen Screen eine Freude.
Zusätzlich spielt Multitasking eine große Rolle. Klassischer Anwendungszweck ist, Apps Side-by-Side geöffnet zu haben. Wenn man eine App geöffnet hat, kann man durch eine Wischbewegung eine Leiste mit den zuletzt geöffneten Apps unten einblenden. So kann man auf dem Haupt-Display 2 Apps gleichzeitig öffnen und bedienen. Ich nutze das gerne, wenn ich mir aus einer E-Mail gleichzeitig Notizen in Keep machen möchte. Oder wenn ich Adressen aus einem Dokument gleichzeitig in Maps nachschlagen will.
In der Praxis funktioniert das Multitasking gut genug, um es zu nutzen, aber nicht perfekt. Das Hinaufziehen der App aus der Leiste unten stockt manchmal und die Beschränkung auf 2 Apps gleichzeitig schränkt auch ein. Bei Samsungs Z Fold sind es etwa 4. Auch vermisse ich beim Pixel die Möglichkeit, für bestimmte Apps einzustellen, dass sie immer gleichzeitig geöffnet werden.
Durch den Faltmechanismus hat man auch die Möglichkeit, das Gerät halb aufgefaltet auf einer Unterlage abzustellen. Auf der oberen Hälfte kann man sich dann zb. YouTube-Videos ansehen. Die Idee dafür ist nett, in der Praxis verwende ich das aber nie, da eine Hälfte des Displays so mehr oder weniger ungenutzt bleibt. Wenn ich schon ein Tablet immer eingesteckt habe, möchte ich dessen Display auch vollständig nutzen.
Für die Rechenleistung des Pixel Fold ist Googles hauseigener Tensor G2 verantwortlich. Sorgen hinsichtlich Leistung muss man sich damit definitiv keine machen. Im Alltag habe ich mit dem Fold keinerlei Verzögerungen oder dergleichen bemerkt.
Die Akkulaufzeit des Foldables hängt naturgemäß stark von der individuellen Nutzung ab. Wenn man vorwiegend das äußere Sekundärdisplay nutzt, was aufgrund des angenehmen Seitenverhältnisses des Pixels gut möglich ist, kommt man damit länger aus als mit einem konventionellen Smartphone und locker über einen oder sogar mehrere Tage. Die Frage ist, wer will denn schon ausschließlich das kleine Front-Display verwenden, wenn man schon ein Tablet dabeihat.
Wenn man dazwischen also stundenlang das große Falt-Display verwendet, kommt man in der Regel nur schwer über einen ganzen Tag, ohne dazwischen an die Steckdose zu müssen. Es ist also ratsam, ein Akkupack oder ein Ladegerät bei der Hand zu haben, wenn man mit dem Handy unterwegs ist.
Die Kameras
Das Pixel Fold verfügt über insgesamt 5 Kameras. Konkret sind in dem Handy verbaut:
- 48 Megapixel f/1.7 Hauptkamera
- 10,8 Megapixel f/2.2 Ultraweitwinkel
- 10,8 Megapixel f/3.1 5x Tele-Objektiv
- 9,5 Megapixel f/2.2 Selfie-Kamera überhaupt des äußeren Screens
- 8 Megapixel f/2.0 Selfie-Kamera über dem Falt Display
Im Vergleich zum Pixel 7 Pro muss man hier mehrere Abstriche machen. Etwa bei der Sensorgröße der Hauptkamera sowie bei der Auflösung der Tele-Linse. Trotz dieser “Nachteile” ist die Pixel-Fold-Kamera aber immer noch die beste Kamera, die ich bei einem Foldable jemals erlebt habe. Die Farben sind satt, die Fotos sind lebendig, die Tiefenschärfe weiß zu überzeugen. Auch die Zoom-Funktion liefert ordentliche Ergebnisse.
Praktisch an den Foldables: Man kann auch aus der Hauptkamera einfach eine Selfie-Kamera machen.
Fazit
Obwohl es Googles erster Versuch auf dem Gebiet der Foldables ist, macht das Pixel Fold vieles richtig: Das breitere Außendisplay macht die Bedienung im Alltag deutlich angenehmer als beim Hauptkonkurrenten Samsung. Und auch die gewohnt fantastische Google-Kamera werten das Gesamtpaket insgesamt auf.
Weniger schön ist der breite schwarze Rand um das Falt-Display, das hat Samsung deutlich besser hinbekommen. Und auch die Anzeigequalität bei der Farbdarstellung kann mich nicht restlos überzeugen. Auch schwächelt der Android-Entwickler in Sachen Software. Viel mehr als 2 Apps nebeneinander platzieren geht mit Android 13 auf dem großen Display nicht.
Googles erstes Falt-Pixel ist also nicht perfekt, überrascht mich letztlich aber auf eine positive Art und Weise. Mit einer Kaufempfehlung tue ich mich aber dennoch schwer. Überhaupt zum Marktstart, da der Preis bei stolzen 1900 Euro liegt.
Pro und Contra
Pro
- Großes, praktisches Zweitdisplay
- Kein Spalt im zusammengeklapptem Zustand
- Beste Foldable-Kamera
Contra
- Dicker Rand um Falt-Display
- Darstellung nicht ganz so gut, wie bei der Samsung-Konkurrenz
- Zum Marktstart noch sehr teuer
Pixel Fold oder Samsung Galaxy Z Fold4?
Google hat einen würdigen Herausforderer für Samsung geschaffen. Gewinnen kann der Neuling das Duell mit dem Platzhirsch aber noch nicht.
Das große Falt-Display beim Galaxy Z Fold hat keinen schwarzen Rand und eine schönere Farbdarstellung. Samsungs Stärken zeigen sich auch softwareseitig. Das Multitasking mit mehreren Apps auf dem großen Display läuft mit dem Galaxy Z Fold4 einfach runder und man kann 4 statt nur 2 Apps gleichzeitig öffnen. Dazu kommt der DeX-Modus bei Samsung, der es erlaubt, das Handy mit externem Monitor, Maus und Tastatur wie einen vollwertigen PC verwenden zu können. Derartiges fehlt beim Pixel einfach (noch) völlig. Hier ist allerdings schon bekannt, dass Google mit künftigen Android-Varianten Funktionen nachliefern will.
Das alles in Kombination mit dem geringeren Preis lassen das Samsung-Handy für mich (noch) als eindeutigen Gewinner aus dem Duell hervorgehen. Das kann auch die deutlich bessere Pixel-Kamera nicht wettmachen. Überhaupt angesichts der Tatsache, dass man das Fold4 heute schon um weniger als 1300 Euro (hier z. B. bei Amazon) bekommt.
Pixel Fold in Österreich kaufen
Im Unterschied zu Deutschland vertreibt Google seine Pixel-Handys hierzulande nicht über seinen eigenen Online-Store. Wer das Pixel Fold also hierzulande kaufen möchte, muss auf einen Dritthändler ausweichen. Zum Zeitpunkt des Verfassens dieses Artikels war das Gerät noch bei keinen Händlern hierzulande gelistet. Das dürfte sich aber im Laufe der Zeit höchstwahrscheinlich noch ändern.
WARUM WIR PARTNERLINKS EINSETZEN
Unsere Artikel entstehen in redaktioneller Unabhängigkeit. Die futurezone kann aber eine Provision erhalten, wenn ihr über einen der verlinkten Shops etwas kauft. Was das bedeutet, erfahrt ihr hier.