Huawei-Krise: Liebeserklärungen statt Panikverkäufe von Kunden
Die Huawei-Krise ist in vielerlei Hinsicht einzigartig. Noch nie blockierte eine Regierung ein Unternehmen, das derart viele Kunden in aller Welt zählt. Umso bemerkenswerter fällt die Reaktion der Konsumenten aus. Panikverkäufe von verunsicherten Konsumenten blieben bislang aus, wie ein Stimmungsbild aus dem österreichischen Handel zeigt. Stattdessen antworten viele Kunden mit Sympathie und Verständnis für die Situation.
Mobilfunk und Handel: Alles stabil
Auf Nachfrage betonten alle Mobilfunker (A1, Drei und Magenta), dass es derzeit „nur vereinzelt“ Anfragen von Kunden gibt, die Menge sei überschaubar. Auch im Verkauf zeichne sich derzeit kein negativer Trend ab. Die Mobilfunker stellen für Huawei in Österreich der wichtigste Verkaufskanal dar. Rund zwei Drittel aller in Österreich verkauften Huawei-Smartphones werden über Mobilfunker verkauft.
Doch auch der Einzelhandel, der das verbleibende Drittel ausmacht, zeichnet ein positives Bild. Laut einer Sprecherin von MediaMarktSaturn, das den Großteil des über den Einzelhandel vertriebenen Huawei-Volumens ausmacht, sei „der Umfang der Anfragen unserer Kundinnen und Kunden zur Verfügbarkeit von Updates überschaubar“. Auf der Preisvergleichsplattform Geizhals blieben die Preise für die Modelle der P30-Serie seit dem Beschluss durch US-Präsident Donald Trump stabil. Ein größerer Preissturz fand Anfang Mai statt, dieser ist aber wohl nicht auf den Handelskrieg zurückzuführen und ließ sich auch bei den Modellen in den Vorjahren nach einer ähnlichen Periode auf dem Markt beobachten.
Wenig Schnäppchenjäger
Laut der Handelsplattform Shpock, über das Privatpersonen Waren verkaufen können, sei die Zahl der Suchanfragen zu Huawei-Artikeln über die vergangenen Wochen konstant geblieben – auch nach der Eskalation des Handelskrieges. Das Angebot ist aber zuletzt stark gestiegen, nach der Ankündigung durch Trump gab es plötzlich um 43 Prozent mehr Inserate (Vergleichszeitraum 10.5 bis 16.5. gegenüber 17.5. bis 23.5.). „Die Nachfrage nach den Geräten ist unverändert stark - hier erhoffen sich möglicherweise viele, noch ein Schnäppchen zu ergattern", so Shpock-Sprecherin Denise Böhm.
Ob das auf die Krise zurückzuführen ist, bleibt unklar. Grundsätzlich hatte sich bereits zuvor die Zahl der Anzeigen mit Huawei-Smartphones im Vergleich zum Vorjahr verdoppelt. Das dürfte auch auf den stark gewachsenen Marktanteil von Huawei zurückzuführen sein. Allein im ersten Quartal legte die Zahl der ausgelieferten Smartphones um 50 Prozent auf rund 59,1 Millionen Stück zu.
Auf der Anzeigen-Plattform Willhaben zeichnet sich ein ähnliches Bild ab. Auf Anfrage der futurezone sagte ein Sprecher, dass man lediglich am 20. und 21. Mai ein verstärktes Aufkommen an neuen Huawei-Anzeigen verzeichnete, es habe sich aber „wieder im Rahmen normaler Schwankungen eingependelt“.
Ruhe auf Social Media
Insbesondere auf Social-Media-Plattformen, die üblicherweise eher ein beliebter Kanal für Kundenbeschwerden sind, fällt die Reaktion überraschend positiv aus. Huawei Österreich äußerte sich am Donnerstag erstmals aktiv mit einem Beitrag zur Situation.
Dabei veröffentlichte man zwar lediglich das bisher bekannte Statement und bedankte sich für das Verständnis, der Tenor der Kommentatoren ist aber durchgehend unterstützend. Diese üben vorwiegend Kritik an der Entscheidung der US-Regierung, insbesondere an Präsident Donald Trump, und betonte, dass man „jetzt erst recht“ an Huawei festhalten wolle.
Der Ton wird schärfer in China
Töne wie diese sind auch auf chinesischen Social-Media-Plattformen zu finden, wo chinesische Nutzer nun dazu auffordern, Huawei zu unterstützen und US-Konkurrenten, wie Apple, ebenfalls vom chinesischen Markt auszuschließen. Auf dem Twitter-Pendant Weibo sowie Douyin (hierzulande als TikTok bekannt) gingen zahlreiche Hashtags und Beiträge zum Thema viral. Ein Hashtag, der übersetzt in etwa „Huawei braucht die USA für seine Produktion nicht“ bedeutet, wurde bis heute mehr als 58 Millionen Mal aufgerufen. Auch der Slogan „Los China! Los Huawei!“ ist in zahlreichen Beiträgen und Kommentaren zu finden.
Die Influencerin Luo Yufeng, die auch als Sister Feng bekannt ist, löste mit einem Beitrag gegen Huawei sogar einen Shitstorm aus. „Huawei hätte früher zusammenbrechen sollen“, schrieb diese auf Weibo. Ihr schlug daraufhin viel Hass der Nutzer entgegen, auch der chinesische Elektronikhändler Suning meldete sich öffentlich zu Wort. „Auf der Würde anderer tritt man nicht herum“, schrieb der Einzelhändler und gab an, dass man Luo keine Smartphones mehr verkaufen würde. Derzeit kursiert auf der Messenger-Plattform WeChat auch ein Lied, in dem Chinesen zum Handelskrieg ermutigt werden.
Anreize für iPhone-Umsteiger
Einem Bericht der chinesischen Tageszeitung China Press zufolge habe ein Unternehmen aus der Provinz Jiangsu seinen Angestellten auch mit Kündigung gedroht, wenn diese mit US-Produkten, wie iPhones und Essen von McDonalds oder KFC erwischt werden oder gar planen, dort Urlaub zu machen. Ein Foto dieses Memos ging viral, die Online-Community reagierte aber eher spöttisch auf die Maßnahme – auch da viele US-Ketten, wie McDonalds, KFC und Starbucks, mittlerweile in China allgegenwärtig sind.
Bereits im Vorjahr, nachdem die Tochter des Huawei-Gründers in Kanada festgenommen wurde, gab es auf Social Media zahlreiche kuriose Aktionen und Boykott-Aufrufe. Ein Textilhersteller gab damals bekannt, dass Mitarbeitern, die Apple-Produkte verwenden, Beförderungen verwehrt bleiben könnten. Zugleich bot man an, den Kauf von Huawei-Smartphones für Mitarbeiter finanziell zu unterstützen. Zahlreiche andere Unternehmen zogen in den vergangenen Monaten mit ähnlichen Maßnahmen nach.
Huawei-Gründer warnt vor Nationalismus
Eine Entwicklung, die wesentlich für den weiteren Verlauf des Handelskrieges zwischen USA und China sowie die Zukunft von Huawei sein könnte. Huawei verkaufte allein im Vorjahr 105 Millionen Smartphones in China, mit 34 Prozent Marktanteil dominiert man das Geschäft in der Heimat, während Apples Verkaufszahlen um ein Drittel eingebrochen sind. China ist der größte Smartphone-Markt der Welt, vor Indien und den USA.
Huawei-Gründer Ren Zhengfei zeigte sich aber alles andere als begeistert vor dieser Zunahme an Nationalismus beim Smartphone-Kauf. Er warnte in einem Interview davor, Produkte und Unternehmen zu politisieren – auch er und seine Familie würden schließlich ebenso Apple-Produkte verwenden. „Lasst uns positiver gegenüber den US-Unternehmen sein. Wenn man jemanden angreifen sollte, dann sind das die US-Politiker“, so Ren am Dienstag gegenüber chinesischen Medien. Das scheint Wirkung zu zeigen: Trump stellte am Donnerstag in Aussicht, es „besteht eine gute Möglichkeit“, dass die USA und China eine rasche Einigung zu Huawei erzielen könnten.