Laifen Wave im Test: Die schwingend-vibrierende Schallzahnbürste
Will man eine elektrische Zahnbürste kaufen, hat man die Wahl zwischen Oral-B und Philips. Zumindest scheint es so, da die beiden Platzhirsche kaum Luft im (virtuellen) Regal für die Konkurrenz lassen.
Das chinesische Unternehmen Laifen lässt sich davon nicht einschüchtern. Mit der Laifen Wave (bei Amazon ab 69 Euro) gibt es eine elektrische Schallzahnbürste, die die 3-fache Putzleistung einer gewöhnlichen Zahnbürste verspricht. Ich habe sie getestet und mich dabei ans Heimwerken erinnert gefühlt.
Keine Ladestation, aber extrem lange Laufzeit
Die Wave kommt nur mit dem Nötigsten. Im Lieferumfang ist das Griffstück, ein USB-C-Ladekabel mit magnetischem Stecker und ein USB-Netzteil enthalten. Eine Stand-Ladestation, wie es bei elektrischen Zahnbürsten ab 40 Euro mittlerweile üblich ist, gibt es nicht.
Die wäre ohnehin mehr im Weg als sinnvoll. Die Wave hat nämlich eine Akkulaufzeit von bis zu 30 Tagen, bei 2-mal täglichem Zähneputzen. In der ersten Testwoche hatte ich diese Spezifikation noch nicht gelesen und wunderte mich, ob die Akkuanzeige der Zahnbürste kaputt ist, weil sie nicht weniger wird. Meine Oral-B iO Series 10 verbraucht nämlich pro Putzvorgang gut 8 Prozent Akkuleistung und wäre schon nach 6 Tagen ohne Aufladen leer.
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Trotz der langen Akkulaufzeit darf man bei der Wave nicht auf das Laden vergessen. Vermutlich werden die Wenigsten ein USB-C-Netzteil dauerhaft im Bad liegen haben, an dem man das Ladekabel der Wave bei Bedarf ansteckt. Wer seine Ladeinfrastruktur im Wohn- oder Schlafzimmer hat, muss also ab und zu die Zahnbürste dorthin verlegen.
Das vollständige Laden dauert 2,5 Stunden. Um nicht im ungünstigsten Moment ohne Saft dazustehen, ein Tipp: Im Kalender einen Dauereintrag machen, mit der Erinnerung, alle 20 oder 25 Tage die Wave aufzuladen.
Gut für Reisen, aber ohne Reiseetui
Die Wave ist kompakter als eine übliche Oral-B iO: Griffstück und Gesamtlänge sind 3,5cm kürzer. Das, zusammen mit der langen Akkulaufzeit, macht sie zu einer guten Reisezahnbürste.
Allerdings ist im Lieferumfang weder ein Reiseetui, noch ein Schutz für die Bürstenköpfe enthalten. Das Plastikverhüterli, das bei normalen Zahnbürsten oft beiliegt, ist zu groß für die Wave-Bürstenköpfe. Will man also die Borsten beim Transport schützen, muss man sich was einfallen lassen – z. B. ein kleines Zip-Lock-Bag. Mit abgenommenen Bürstenkopf ist die Wave jedenfalls kompakt genug, um in die meisten Kulturbeutel zu passen: Falls man den Bürstenkopf herunter bekommt.
3 Bürstenköpfe im Lieferumfang, einer ist bockig
Einer der 3 Bürstenköpfe, die im Lieferumfang enthalten sind, ist extrem schwer anzustecken und noch schwerer wieder herunter zu bekommen. Ich rede hier von „Gummihammer und Zange“-streng und nicht von „der futurezone-Redakteur ist zu schwach, weil er immer nur Videospiele spielt, statt ins Fitnesscenter zu gehen“-streng.
Leider standen für den Test keine weiteren Bürstenköpfe zur Verfügung, um festzustellen, ob alle Köpfe des Typs Ultra-Whitening betroffen sind, oder ob es sich hier um einen Einzelfall handelt. Bei dem Test einer Redakteurin von Tech Advisor war es der „Super-Clean“-Bürstenkopf, der bockte und schlussendlich nur in 2 Teilen vom Griffstück zu lösen war. Update 17.4.: Laifen zufolge ist das Problem bekannt und soll nur bei Vorserienmodellen auftreten, die an Journalist*innen verschickt wurden. Sollten Ersatzbürstenköpfe aus der Serienfertigung nachgeschickt werden, wird Test entsprechend aktualisiert.
Update, 31.5: Einer von 12 Bürstenköpfen ist bockig
Wie versprochen hat Laifen eine Wave der Serienproduktion (Variante: Aluminium) nachgeschickt, mit 3 Bürstenkopf-Packungen (Ultra-Whitening, Gum Care, Super-Clean, alle in der Ausführung transparent). Jede Packung enthält 3 Köpfe. Bei der Wave ist auch jeweils ein Bürstenkopf jeder Art dabei.
Der Test der 12 Bürstenköpfe hat ergeben: Alle gehen etwas streng zum An- und Abstecken, am einfachsten geht das mit den Gum-Care-Bürstenköpfen. Bei 11 von 12 Bürstenköpfen ist das An- und Abstecken ohne Werkzeug möglich und sollte für Erwachsene problemlos zu erledigen sein. Bei einem Super-Clean-Bürstenkopf aus einer 3er-Packung gab es jedoch das oben beschriebene Problem:
Ein Lösen des Plastikteils von der Bürste ist ohne Hilfsmittel nicht möglich - außer man hat Fingernägel aus Stahl. Anstatt mit einer Zange habe ich es mit einem Plastiklineal probiert, um Beschädigungen an der Wave zu vermeiden:
Das ist zwar lästig, beeinflusst aber nicht die Funktion der Wave. Beim Zähneputzen löst sich der Bürstenkopf nicht und schwingt und vibriert so, wie er sollte. Sofern man nicht täglich oder wöchentlich den Bürstenkopf wechselt, kann man damit leben. Das heißt aber nicht, dass dieses Problem bestehen sollte: Hier muss Laifen nachbessern.
Verfügbarkeit der Ersatzköpfe
Dass alle 3 verfügbaren Arten der Köpfe (Super-Clean, Ultra-Whitening und Gum Care für empfindliche Zähne) beim Lieferumfang beiliegen, ist jedenfalls vorbildlich. So kann man sich durchprobieren und die Bürstenköpfe nachkaufen, die man am liebsten mag. Hier sollten sich andere Zahnbürstenhersteller ein Beispiel nehmen, die nur einen Bürstenkopf beilegen.
Bedenklich ist die Verfügbarkeit der Ersatzköpfe für die Laifen Wave. Als einziger großer Händler hat sie derzeit Amazon gelistet. Mit Stand 16. April haben alle den Status: „Derzeit nicht verfügbar. Ob und wann dieser Artikel wieder vorrätig sein wird, ist unbekannt.“
Auf Nachfrage der futurezone sagt Laifen, dass die Bürstenköpfe Ende des Monats bei Amazon verfügbar sein werden. Wenn man gleich Köpfe benötigt, könne man sie direkt im Laifen-Store bestellen.
Eine weitere Alternative sind Bürstenköpfe von Drittanbietern auf Aliexpress. Immerhin kommen diese Bürstenköpfe mit einem Plastikverhüterli für den Transport.
Handhabung
Das weiße Griffstück ist simpel gehalten und gibt der Wave fast schon Retro-Vibes. Alternativ gibt es die Wave in den Varianten Aluminium und Edelstahl (80 bzw. 100 Euro). Die Form des Griffstücks bleibt gleich. Es ist zwar nicht unhandlich, aber ergonomisch geformt ist es auch nicht. Erwachsene werden kein Problem damit haben, für Kinderhände ist es aber nicht geeignet.
Bedient wird die Wave mit einem einzigen Knopf. Der ist direkt im Gehäuse integriert, wird also nicht physisch bewegt. Es muss fester gedrückt werden, als man vermuten würde. Weiß man das nicht, wirkt es so, als würde die Taste manchmal nicht reagieren. Ob das Drücken richtig erkannt wurde, spürt man in der Form einer kurzen Vibration.
Die Leuchtanzeige für Akkustand und gewählten Modus wird durch einen Bewegungssensor aktiviert, wenn man die Zahnbürste in die Hand nimmt. Durch langes Gedrückthalten der Taste wird der Bewegungssensor deaktiviert – quasi die Transportsicherung bzw. der Flugzeugmodus. Passend dazu erscheint ein Flugzeugsymbol am Griffstück.
Ohne App geht nicht viel
Die Einstellungen für die Zahnbürste werden per App und Bluetooth-Verbindung vorgenommen. Die App ist nicht als optional zu sehen, sondern essenziell, wenn man die Wave anpassen will.
Die App ist sprachlich manchmal schwer zu verstehen. Man merkt, dass hier kein Native Speaker, sondern ein Übersetzungstool am Werk war. Generell findet man sich aber zurecht.
In der App können die 3 Modi angepasst werden. In Stufen 1 bis 10 kann jeweils Vibrationsstärke, Schwingungsbereich und Schwingungsgeschwindigkeit angepasst werden. Ebenso lässt sich eine 30-Sekunden-Erinnerung einstellen und die Putzzeit. Nach der voreingestellten Zeit hört die Wave automatisch auf, kann aber durch Drücken der Taste fortsetzen.
Durch die 3 Profile könnten z. B. 3 Personen mit ihrer jeweiligen Wunscheinstellung das Griffstück nutzen. Da einige Bürstenköpfe aber anscheinend Werkzeug zum Montieren und Abnehmen erfordern, ist das keine realistische Option.
Sie schüttelt sich und rüttelt sich…
Mit bis zu 66.000 Vibrationen pro Minute fällt die Wave in die Kategorie Schallzahnbürste. Das Besondere an ihr ist, dass sie den Bürstenkopf auch nach oben und unten, um insgesamt 60 Grad, schwingen lässt. Fun Fact: Hält man die Wave vertikal und schaltet sie ein, sieht es so aus, als würde der Bürstenkopf vehement den Kopf schütteln, um „nein nein nein!“ zu deuten.
Laifen verspricht eine „bis zu 3-fach höhere Putzeffizienz im Vergleich zu herkömmlichen elektrischen Zahnbürsten“. Das ist aber anscheinend nicht auf die Kombination aus Schwingen und Vibrieren zurückzuführen. Denn scrollt man etwa auf der Amazon-Seite weiter nach unten, liest man dort „3x Bürstenleistung“ und die Erklärung dafür: Laut Laifen hat der Schallmotor einer normalen elektrischen Zahnbürste 2 Watt, jener der Wave aber 6,1 Watt.
Dass die Putzleistung mit einer 3-fach höheren Motorleistung gleichgesetzt wird, ist eine gewagte Aussage. Da könnte man auch behaupten, mit der Wave muss man nur noch 40 Sekunden statt 2 Minuten Zähne putzen, weil ja die Motorleistung 3-mal höher ist.
Mundgefühl hat was von Dremel
Die Mischung aus Schwingen und Vibrieren ist im Mund ungewohnt. Das gilt besonders, wenn man zuvor eine elektrische Zahnbürste mit einem runden Kopf verwendet hat. Zum einen, werden die Schwingungen vom Griffstück auch in die Hand weitergeleitet. Zum anderen passiert es relativ oft, dass man aufgrund des schwingenden Bürstenkopfes und der Kopfform unabsichtlich einen Zahn berührt, etwa wenn man umgreift oder die Innenseite der Zähne putzt. Im schlimmsten Fall kommt die Hartplastikseite des Kopfes so mit den Zähnen in Berührung, dass nicht nur die Vibration unangenehm weitergegeben wird, sondern die Schwingung wie eine Mini-Watsche auf den Zahn klatscht.
Etwas harmloser ist es, wenn nur der Stiel des Bürstenkopfs unabsichtlich mit einem Zahn in Berührungen kommt. Hier fühlt und hört es sich so an, als ob man mit dem Dremel mit dem Bohrfutter oder dem Dorn des Schleif- bzw. Fräsaufsatzes das Werkstück berührt. Es ist durchaus denkbar, dass Menschen mit empfindlichen Zähnen nach ein paar solcher Berührungen keine Lust mehr darauf haben, die Wave zu verwenden.
Putzdisziplin ist nötig
Hat man sich an die Bewegungen der Wave gewöhnt, wird es besser. Das klassische Muster „0 – 45 – 90 Grad“ lässt sich gut einhalten, solange man nicht in Versuchung gerät, wie mit einer Handzahnbürste zusätzlich zu schrubben (sonst: Dremel). Es ist also Putzdisziplin nötig.
Für den Innenbereich der Zähne bin ich auch nach einem Monat testen noch auf der Suche nach der besten Technik. Durch den langgezogenen Bürstenkopf und die Seitwärtsbewegung ist es schwierig, komplett ohne Dremel-Moment die Beißerchen auf der Innenseite zu schrubben. Am besten geht es, wenn man den Mund sehr weit aufreißt – auch das ist etwas, was nicht alle Menschen mögen.
Hat man sich daran gewöhnt, sind Sauberkeitsgefühl und das Gefühl von glatten Zähnen gut. Ich habe die Putzzeit für mich auf 2,5 Minuten von den standardmäßigen 2 Minuten in den Einstellungen erhöht, da das vorsichtige Innenputzen mehr Zeit benötigt.
Geduldig durchprobieren
Für das optimale Resultat sollte man die verschiedenen Einstellungen ausprobieren. Kommt man selbst mit vorsichtigem Putzen mit dem Plastik des Bürstenkopfs immer wieder an den Zähnen an, könnte man etwa den Schwingungsbereich reduzieren. Auch könnte die Vibrationsstärke zu hoch eingestellt sein. In den hohen Stufen muss man das Griffstück fester halten und präziser führen, weil sonst der Kopf zu weit vom Zahn wegspringt.
Tipp: Am Anfang in den Einstellungen die 3 Modi ansteigend konfigurieren, was Vibration und Schwingungsbereich angeht (z. B.: Modus 1 mit Stärke 1, Modus 2 mit Stärke 2, usw.). Dann probiert man sich durch und erhöht danach die Stärken für die 3 Modi. (Modus 1 Stärke 4, Modus 2 Stärke 5, usw.). Fühlt es sich nicht mehr gut an, geht man auf den vorherigen Modus zurück. So hat man eine Basis, an der man, wenn nötig, noch Feintuning vornehmen kann.
Kein Drucksensor
Hat man vorher eine andere elektrische Zahnbürste genutzt, gehen bei der Wave möglicherweise Funktionen ab. Dazu gehört etwa der Drucksensor, den ich bei der Oral-B iO zu schätzen weiß.
Einen Modus, um die Zunge zu reinigen, gibt es nicht. Man könnte einen der Modi auf die schwächste Einstellung konfigurieren und mit dem Gum-Care-Bürstenkopf versuchen, die Zunge zu reinigen – allerdings auf eigene Gefahr.
In der App fehlen Komfortfunktionen. Eine Stoppuhr etwa, wie lange man schon putzt. Oder eine Akkustandanzeige in Prozent statt nur per Batterie-Icon-Farbe. Dafür kann man per App die Zahnbürste ein- und ausschalten.
Fazit
Die Laifen Wave kann eine interessante Alternative zu ähnlich teuren oder teureren Schallzahnbürsten sein. Besonders Menschen, die bisher mit elektrischen Zahnbürsten nicht zufrieden waren, könnten Gefallen daran finden. Auch als Zweit-E-Zahnbürste für Reisen macht sich die Laifen Wave gut.
Meine iO Series 10 werde ich wegen ihr aber nicht aufgeben. Denn ich komme mit dem runden Bürstenkopf gut zurecht und mag den Drucksensor. Preislich hinkt der Vergleich allerdings: Die iO Series 10 kostet mehr als das 5-Fache der Wave.
Eine Warnung für Experimentierfreudige, die mit der Wave liebäugeln: Für empfindliche Zähne und Kinder ist die Wave nichts, aufgrund der Gefahr, die Zähne mit dem Bürstenkopf ungewollt zu berühren. Außerdem sollte man Geduld mitbringen und sich durch die Stärkeeinstellungen, in Kombinationen mit den jeweiligen Bürstenköpfen, durchprobieren, bis die optimale Kombination gefunden wurde.
Zudem sollte man vor dem Kauf nachsehen, ob Ersatz-Bürstenköpfe verfügbar sind. Solange die nicht lieferbar sind, sollte man mit dem Kauf der Wave warten.
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