Samsung Galaxy S8 und S8+ im Kurztest: Weg mit dem Speck
Das wohl wichtigste Smartphone dieses Jahres wurde nicht 2017, sondern bereits im Vorjahr präsentiert: das Xiaomi Mi Mix. Der chinesische Elektronik-Hersteller verabschiedete sich vom ewig gleichen Design, das 2007 durch Apples iPhone geprägt wurde, und verwandelte das Smartphone in einen einzigen Bildschirm. Die Front bestand fast nur aus Bildschirm, Kamera, Lautsprecher und Bedienelemente wurden gut versteckt und durch neue Technologien ersetzt.
Das Konzeptgerät war rasch ausverkauft und sorgte für frischen Wind auf dem zu einer homogenen Masse verkommenen Smartphone-Markt. Während das komplett rahmenlose Smartphone durch technologische Limitierungen nach wie vor nicht möglich ist, tasten sich einige Hersteller langsam an dieses heran. Den Anfang machte Ende Februar LG mit dem G6, nun zieht Samsung mit dem S8 und S8+ nach. Größer, aber kleiner zugleich. Dieses Kunststück wollen die beiden südkoreanischen Hersteller mithilfe ähnlicher Tricks vollbringen. Die futurezone konnte die beiden Samsung-Flaggschiffe in London bereits ausprobieren.
Edge über alles
Nun herrscht Gewissheit: Das Samsung Galaxy S7 war das letzte Samsung-Flaggschiff mit einem flachen Bildschirm. Sowohl S8 als auch S8+ setzen auf ein Edge-Display, das ähnlich stark abgerundet ist wie jenes des S7 edge. Aus persönlicher Sicht bedauere ich das. Das Edge-Display ist nicht mehr als ein Gimmick, einen praktischen Nutzen hat es noch nie erfüllt. Weder Haptik noch Funktionalität des Smartphones profitieren davon.
Immerhin hat Samsung auf die Kritik am S7 edge reagiert und bei beiden Modellen den Bereich unter der Kante etwas verbreitert, sodass sich sowohl das S8 als auch das etwas größere S8+ gut in der Hand halten lassen.
Mit einer Hand halten, aber nicht bedienen
Das S8 ist stolze 148,9 Millimeter lang, allerdings nur 68,1 Millimeter schmal - kleiner als beim Vorgänger S7, der trotz deutlich kleinerem 5,1-Zoll-Bildschirm 69,6 Millimeter breit ist. Der beeindruckende Wert wäre mit 16:9 nicht erreichbar. Hier würde allein die Bildschirmbreite ohne Rand rund 69,6 Millimeter betragen. Das Smartphone lässt sich so zwar angenehm mit einer Hand halten, aber nicht durchgehend einhändig bedienen. Durch den langen Bildschirm muss man sich deutlich strecken, um gewisse Bereiche erreichen zu können.
Rund, runder, S8
Das S8 und das S8+ wirken so, als wurden sie im Windkanal entwickelt. Sowohl Rückseite als auch Kanten und Rahmen wurden im Vergleich zum Vorgänger nochmals deutlich abgerundet, sodass sie sich nun trotz ordentlichem Wachstum angenehm in die Handfläche schmiegen. Fragwürdig erscheint trotz der hervorragenden Haptik allerdings die Platzierung des Fingerabdrucksensors. Statt, wie üblich, unter der Kamera, wurde er rechts neben der Kamera verbaut. Rechtshänder greifen dabei fast zwangsläufig auf die Kameralinse, auch weil sich der Sensor nur schwer ertasten lässt.
Bildschirm unter Druck
Apropos Bildschirm: Sowohl beim S8 (5,8 Zoll) als auch beim S8+ (6,2 Zoll) kommt nach wie vor ein Super-AMOLED-Panel zum Einsatz, das Samsung aufgrund der an der Seite rahmenlosen Bauweise als „Infinity-Display“ bezeichnet. Die Auflösung wurde ebenfalls angepasst: Statt 2560 mal 1440 Pixeln löst der Bildschirm sowohl beim S8 als auch beim S8+ nun mit 2960 mal 1440 Pixeln auf. Das reduziert die Pixeldichte etwas, im Alltag merkt man davon aber nichts. Die Farbdarstellung war nach wie vor hervorragend, auch die Helligkeit und Blickwinkelabhängigkeit gaben einen guten ersten Eindruck ab.
Eine große Neuerung verbirgt sich unter dem Display: Im unteren Bereich befindet sich ein Drucksensor, der, ähnlich wie Apples 3D Touch, das Display zur Taste machen soll. Im Kurztest kam dieser allerdings nie zum Einsatz. Zum Aktivieren des Bildschirms betätigte ich stets instinktiv die Power-Taste an der rechten Seite. Auch beim Bedienen von Android hatte ich keine Verwendung dafür, denn Android blendete stets die virtuellen Softkeys ein.
Killer-Features nur in der Vitrine
Die Kamera ließ sich lediglich kurz ausprobieren, machte aber einen ähnlich hervorragenden Eindruck wie beim Vorgänger. Der Bildstabilisator verrichtet noch bessere Arbeit als zuvor und konnte selbst starke Wackler ausgleichen. Die Frontkamera löst jetzt mit acht statt fünf Megapixeln auf und setzt auf eine ebenso lichtstarke Linse wie die Rückkamera (f/1.7). Überraschenderweise hatte der Autofokus selbst bei Aufnahmen aus nächster Nähe keinerlei Probleme, sodass ich selbst einzelne Poren am Bildschirm betrachten konnte.
Fazit
Samsung setzte nach dem milliardenschweren Debakel um das Galaxy Note 7 eine Hype-Maschine in Gang, die ihren Erwartungen nie gerecht werden konnte. Das S8 solle eine Entschuldigung an alle Note-7-Käufer werden, die das Versagen des (eigentlich großartigen) Phablets vergessen machen sollen. Das Ergebnis könnte meiner Meinung nach etwas noch Besseres sein.
Ob das S8 bzw. das S8+ ein adäquater Ersatz für das Note 7 sind, muss der Test zeigen (mein Kollege Gregor freut sich bereits darauf, nachdem er sein Note 7 zurückgeben musste). Doch viel wichtiger ist, dass das S8 der erste wichtige Vorbote für den bevorstehenden Wandel am Smartphone-Markt ist. Das rahmenlose Smartphone ist am Vormarsch und Samsung könnte den Weg dafür ebnen.
Der erste Eindruck ist hervorragend - Haptik, Performance und Verarbeitung sind nahezu makellos. Lediglich einige Kleinigkeiten, wie der etwas deplatzierte Fingerabdrucksensor, trübten beim Kurztest den Gesamteindruck.