Sony LinkBuds Open im Test: Die Kopfhörer mit dem Ring-Trick
Mit den LinkBuds hat Sony vor 2 Jahren eine für sich neue Kategorie von True Wireless In-Ears eingeführt. Anstatt das Ohr zuzustoppeln, sind sie ringförmig aufgebaut und haben in der Mitte ein Loch. So kriegt man akustisch mit, was um einen herum passiert und muss nicht auf Musik oder Podcasts verzichten.
Mit den LinkBuds Open (170 Euro, erhältlich ua. bei Amazon) ist jetzt die zweite Generation erschienen. Das Konzept ist dabei gleichgeblieben: Musik hören und trotzdem alles hören. Ich habe sie getestet.
Verschmierter Recycling-Look
Die Kopfhörer sind in 3 Farben verfügbar: Weiß, Violett und Schwarz. Ich habe die Weißen zum Testen bekommen. Wie schon bei den ersten LinkBuds wird auf recycelte Materialien gesetzt.
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Beim Ladecase sieht das nicht schön aus. Beim Vorgänger war es gesprenkelt, hier ist die Oberseite glänzend und die Unterseite matt. Die Oberseite hat schwarze Streifen im Material. Vielleicht soll das wie Marmor wirken, aber es sieht dreckig verschmiert aus.
Dafür schauen die Kopfhörer selbst sauberer aus als die Vorgänger. Sie haben kein gesprenkeltes Muster im Plastik. Sie sind Großteils von einem Silikonnoppen überzogen. Diese kann man in unterschiedlichen Farben für 10 Euro nachkaufen, falls man den Look der Kopfhörer ändern will.
Tragekomfort
Die Silikonnoppen – Sony nennt sie offiziell Anpassungsunterstützung oder Air Fitter – haben eine wichtigere Funktion als modisch zu sein. Sie halten die LinkBuds Open im Ohr. Weil die eben nicht zustoppeln, wie normale Kopfhörer, wird hier ein wenig auf Klemmwirkung gesetzt. Der Ring liegt auf Tragus und Antitragus auf, der Gumminoppen auf der Innenseite des Anthelix (Google-Prompt: „Ohrmuschel Teile“).
Die LinkBuds Open sitzen sehr bequem. Selbst nach längerem Tragen spürt man sie kaum. Bei mir sitzt der rechte Kopfhörer zu locker. Ich habe ihn, streng nach der Sony-Anleitung, eingesetzt und auch die Funktion „Tragebedingungen überprüfen“ in der App hat bestätigt, dass die Kopfhörer richtig sitzen.
Trotzdem besteht der rechte Kopfhörer den Test nicht, wenn man nach dem Einsetzen den Kopf schüttelt. Ich habe dennoch versucht, ihn unterwegs zu tragen. Beim Weg von der U-Bahn-Station zur Arbeit (gehen, nicht laufen) ist er mir aus dem Ohr gefallen. Nur der Rechte wohlgemerkt, der Linke besteht Schüttel- und Gehtest.
Derzeit keine Lösung für lockere Kopfhörer
Bei meiner Lebenspartnerin halten beide Kopfhörer. Bei meinem Kollegen Marcel fällt der rechte Kopfhörer aber ebenfalls aus dem Ohr. Am Silikonnoppen ist keine Beschädigung oder Auffälligkeit erkennbar.
Ich habe bei Sony nachgefragt, ob es wirklich nur eine Größe der Silikonnoppen gibt und Fotos der Kopfhörer geschickt, ob Sony eine Beschädigung am Noppen erkennt. Die Antwort: „Beim LinkBuds Open gibt es nur eine Größe von Air Fittern, da sie universal einsetzbar sind. Durch die flexible Silikon-Form sollten sie zu allen Ohren passen. Uns ist hier nicht bekannt, dass es häufiger zu diesen Problemen kommt.“
Für mich (und Marcel) sind die LinkBuds Open also nicht geeignet. Und anscheinend auch für einige andere User nicht. So ist etwa auf Reddit von ähnlichen Problemen zu lesen. Dort wurde allerdings Kunden versprochen, dass eine größere Version der Air Fitter bald verfügbar sein wird. Eine Anfrage an Sony Österreich diesbezüglich ist raus.
Solange die größeren Air Fitter nicht verfügbar sind, sind die LinkBuds Open für mich jedenfalls nicht nutzbar. Sollte ich (und Marcel) tatsächlich nicht der berüchtigte „Einzelfall“ sein, stellt sie die Frage, wieso Sony bei den Produkttests nicht bedacht hat, dass Menschen unterschiedlich große Ohren haben. Beim Vorgängermodell waren sogar 5 Größen der Silikonnoppen im Lieferumfang enthalten, hier ist es nur eine.
Guter Sound nur bei gutem Sitz
Durch den lockeren Sitz muss man sehr genau darauf achten, dass die Kopfhörer korrekt ausgerichtet sind. Sind sie das nicht, ist der Klang schlechter. Falls die LinkBuds Open also gar schwachbrüstig seltsam klingen, muss man sie ein bisschen im Ohr herumschieben und den Sitz nochmal überprüfen.
Verglichen mit anderen Kopfhörern der Open-Bauweise klingen die LinkBuds Open sehr gut. Der Klang ist sauber, aber eher flach. Obwohl Bass bei Open-Kopfhörern nur schwer umzusetzen ist, haben die LinkBuds Open merkbare tiefe Töne. Zugedröhnt wird man dadurch aber nicht. Zumindest im Winter kann man es bei Bedarf etwas mehr wummern lassen: Setzt man ein Stirnband oder eine Haube über die Ohren, wird der Sound deutlich voller.
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Abgesehen davon ist der Klang am ehesten im Bereich Referenz einzuordnen, also recht neutral. Lediglich bei hohen Lautstärken wird er zu spitz. Im Test eignete er sich für alle Musikrichtungen und Podcasts, sofern man nicht auf einen starken Bass angewiesen ist, um etwas beim Musikhören zu fühlen. Im Equalizer in der Begleit-App kann der Sound angepasst werden. Damit kann der Klang deutlich verändert werden, aber Bass in der Stärke eines guten klassischen In-Ears kann man trotzdem nicht herausholen.
Das Open-Erlebnis
Hat man noch nie Kopfhörer in Open-Bauweise getragen, kann das anfangs sehr ungewohnt sein. Weil man das Meiste aus der Umgebung hört und auch die Musik (ein klein wenig dumpfen die LinkBuds Open die Umgebung schon ab, weil der Eingang zum Gehör verengt wird), könnte man glauben, dass das Handy den Sound gerade über den Lautsprecher ausgibt.
Um euch zu beruhigen: Die Umwelt kriegt weniger mit, als es den Eindruck macht. In stiller Umgebung hören andere Personen bei 50 Prozent Lautstärke nur das Lied erkennbar, wenn sie weniger als einen halben Meter entfernt sind. Bei 50 bis 70 Prozent Lautstärke reicht eine Entfernung von 2,5 Metern, dass man höchstens noch eine Geräuschquelle wahrnimmt, die aber nicht zuordnen kann.
In lauterer Umgebung, wie der U-Bahn, kriegt der Sitznachbar bei 70 Prozent Lautstärke nichts mit. Viel lauter wird man die LinkBuds Open vermutlich nur selten verwenden – schließlich will man ja was von der Umgebung mitbekommen, anstatt sich voll akustisch zuzudröhnen. Sonst würde man nicht Kopfhörer in Open-Bauweise wählen.
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Generell kann man schon mit hohen Lautstärken versuchen, unerwünschte Umgebungsgeräusche zu übertönen. Das ist mit den LinkBuds Open natürlich nicht so effizient wie mit gewöhnlichen Kopfhörern, die das Ohr zustoppeln, und bei weitem nicht so gut, wie wenn man Noise-Cancelling-Headphones verwendet. Das Tippen oder Schmatzen einer Person im Großraumbüro kann man mit Musik überblenden. Der Podcast in der U-Bahn reicht aber nicht, um Durchsagen und das generelle Gerumpel zu übertönen.
Zusätzlich zum Gegenüber hört man eben auch die Umgebung. Im Verkehr erhöht das z. B. die Sicherheit und es sorgt dafür, dass man im Großraumbüro weiter ansprechbar bleibt oder zu Hause nicht verpasst, wenn der Paketbote an der Tür läutet.
Viele Features
Wie bei Sonys Kopfhörern mittlerweile üblich, bieten auch die LinkBuds Open einige Zusatzfunktionen. Diese sind, je nach dem Einsatzzweck, mehr oder weniger praktisch. Das Kopfnicken bzw. -schütteln, um einen Anruf anzunehmen oder abzulehnen, ist noch eher praktisch. Die Sprachsteuerung ist zwar gut nutzbar, aber in der Öffentlichkeit vielleicht ein wenig seltsam. Mit „Hey Headphones, Skip Song“ springt man etwa zum nächsten Lied.
Die adaptive Lautstärkenregelung, die die Lautstärke an den Umgebungslärmpegel anpasst, funktioniert nur mäßig. Sprechen, um die Wiedergabe kurz zu pausieren, klappt dafür verlässlich. Auch die Verbindung mit 2 Geräten gleichzeitig, etwa Notebook und Smartphone, funktioniert.
Das „Weitbereich-Antippen“ ist eine gute Idee. Man kann nicht nur die Kopfhörer doppelt antippen (die sich dabei im Ohr verschieben könnten), um etwa die Musik zu pausieren, sondern auch das Ohr in der Nähe. Das funktioniert oben an der Ohrmuschel genauso wie beim Ohrläppchen.
Ziemlich unnötig ist „Hintergrundmusikeffekt“. Die Idee dieser Funktion ist, dass die Musik so klingt, als würde sie irgendwo aus Lautsprechern im Raum kommen. Der Klang wirkt in dem Modus etwas weiter weg und leiser. Im Grunde kann man auch einfach die Lautstärke reduzieren, für einen ähnlichen Effekt – ohne dazu in die App gehen und dort die Funktion aktivieren zu müssen.
Akkulaufzeit und Telefonie
Laut Sony können die LinkBuds Open bis zu 8 Stunden genutzt werden, bevor sie wieder ins Ladecase müssen. Die tatsächliche Laufzeit ist u. a. von der Lautstärke und den aktiven Features abhängig. Im Test wurden die 8 Stunden aber fast immer erreicht. Das Case hat genügend Kapazität für weitere 14 Stunden. Wireless Charging beherrscht das Case nicht.
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Die Sprechzeit, etwa für Telefonate und Voicecalls, liegt jetzt bei 4,5 Stunden – beim Vorgängermodell waren es noch 2,5 Stunden. Beachtlich ist, wie gut die Mikrofone dieser kleinen Kopfhörer funktionieren und wie sie Hintergrundgeräusche herausfiltern. Bei Wind wird es zwar schwierig, aber Straßenlärm, bei dem man das Gefühl hat, dass man sich selbst kaum hört, kommt beim Gesprächspartner nur dezent an.
Fazit
Kopfhörer in Open-Bauweise sucht man sich ganz bewusst aus: Man kennt ihre Vor- und Nachteile. In dieser Kategorie gehören die LinkBuds Open (170 Euro) zu den besseren Modellen. Trotz des für diese Bauweise üblichen flachen Klangs können sie etwas Bass erzeugen und klingen sauber, solange man es bei der Lautstärke nicht übertreibt. Zudem gibt es, wie man es von Sonys anderen Kopfhörern gewohnt ist, viele Features.
Das große Problem ist der Sitz der LinkBuds Open in den Ohren. Solange es keine größeren oder anders geformten Silikonnoppen gibt, kann ich sie z. B. nicht beim Gehen (oder Headbangen) verwenden, weil mir der rechte Hörer dabei rausfällt. Deshalb: Probiert die Kopfhörer aus und macht, wenn nötig, vom 2-wöchigen Rückgaberecht bei Online-Bestellungen Gebrauch, falls sie euch aus den Ohren fallen.
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