Induktive Ladegeräte sind praktisch, aber auch ineffizienter als kabelgebundenes Aufladen

Induktive Ladegeräte sind praktisch, aber auch ineffizienter als kabelgebundenes Aufladen

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Frag die futurezone

Schadet induktives Laden dem Handy-Akku?

Smartphones, Tablets oder andere elektronische Geräte drahtlos aufzuladen, empfinden viele Menschen als sehr praktisch. Induktive Ladestationen finden große Verbreitung und werden immer öfter auch in Möbel oder Fahrzeuge eingebaut. Manche Menschen schrecken vor ihrer Verwendung allerdings zurück, weil sie gelesen haben, dass die Technologie die Lebenszeit ihres Mobilgeräteakkus verkürzen könnte. Ist das tatsächlich so?

Spulen heizen sich auf

Prinzipiell wird beim induktiven Laden ein elektromagnetisches Feld zwischen zwei Spulen aufgebaut, die sich sowohl im Mobilgerät, als auch in der Ladestation befinden. Im Empfangsgerät, also etwa im Smartphone, wird dadurch Strom erzeugt, der den Akku lädt. Als Nebeneffekt heizen sich die Spulen auf. Genau das könnte für Akkus problematisch sein.

Wie eine Studie der University of Warwick gezeigt hat, ensteht beim induktiven Laden noch mehr Hitze, wenn sich die Spulen von Ladestationen und Mobilgerät nicht genau übereinander befinden. Um die Ladegeschwindigkeit konstant zu halten, erhöht das Ladegerät in diesem Fall die Leistung, was zu noch mehr Hitzeentwicklung führt.

Leistung abhängig von Temperatur

Auch wenn die Hitze in den Spulen ensteht und nicht direkt im Akku, ist dieser doch davon betroffen. Durch die kompakte Bauweise von Mobilgeräten dringt die Hitze durch, und zwar nicht nur von der eingebauten Spule, sondern auch von der Ladestation, auf der das Mobilgerät liegt.

So heiß, dass man sie nicht mehr angreifen kann, sollten Ladestation und Mobilgerät aber nicht werden. Der am häufigten verbreitete Standard für induktives Laden, Qi (ausgesprochen: Tschi), inkludiert ständige Kommunikation zwischen Ladestation und Empfangsgerät sowie die Überwachung der Temperatur. Steigt sie zu stark an, wird die Ladeleistung im Sinne des thermischen Managements reduziert.

The Wireless Charger

Wer auf Effizienz und Batterielebensdauer achtet, stellt sicher, dass die Spulen von Ladegerät und Handy übereinander liegen

Trägere Elektroden

Üblicherweise können 30 Grad oder ein wenig mehr beim induktiven Laden erreicht werden. Laut den Forscher*innen der University of Warwick reicht das aus, um chemische Prozesse im Inneren der Batteriezellen zu fördern, bei denen die Reaktionsfreudigkeit der Elektroden reduziert wird. Sind die Spulen beim induktiven Laden richtig zueinander ausgerichtet, wurden bei Tests durchschnittlich 30,5 Grad Celsius erreicht (gemessen über den gesamten Ladevorgang). Bei falsch ausgerichteten Spulen stieg die Temperatur zwar nicht höher, aber die Ladezeit verlängerte sich, wodurch der Akku am Ende mehr als doppelt so lange den 30,5 Grad ausgesetzt war. Die Ladeleistung war von 11 Watt auf 9,5 Watt gesunken.

Qi 2 bringt magnetische Ausrichtung

Im Vergleich dazu wurden beim konventionellen Laden mittels Kabel nur 27 Grad Celsius erreicht. Das Laden mittels Induktion verursacht auch einen höheren Stromverbrauch, weil es durch das Überwinden der "Luftbrücke" zu Verlusten kommt. Man kann mit etwa 50 Prozent mehr rechnen. Auf der Stromrechnung wird sich das kaum bemerkbar machen. Auf einer größeren Skala ist kabelgebundenes Laden effizienter und damit auch klimafreundlicher. Für viele Menschen wird dies andere Vorteile des induktiven Ladens nicht trüben, etwa den Nutzungskomfort oder die Kompatibilität mit Geräten unterschiedlicher Hersteller.

Was die Ausrichtung der Spulen zueinander betrifft, ist auch eine Lösung in Sicht. Das Wireless Power Consortium, das den Standard verbreitet, arbeitet an dessen nächster Generation. Qi 2 soll Magneten enthalten, durch die Ladestation und Mobilgerät in korrekter Lage zueinander einrasten. Der Mechanismus stammt von Apples MagSafe-Technologie.

5 bis 15 Prozent weniger Lebensdauer

Um wieviel sich die Lebensdauer eines Akkus langfristig reduziert, wenn ein Gerät induktiv geladen wird, sei schwer exakt zu beziffern, sagt Issam Al-Abassy, Geschäftsführer des Grazer Batterieentwicklungsunternehmens Accupower: "Ein Akku ist ein lebendiges Element, das auf seine Umgebung reagiert, auf unterschiedliche Belastungen oder Ladezustände." Man könne wahrscheinlich davon ausgehen, dass die Lebenszeit des Akkus sich bei dauerhafter induktiver Ladung um 5 bis 15 Prozent reduziere.

Al-Abassy rät Anwender*innen, nur Ladegeräte namhafter Hersteller zu verwenden, die temperaturkompensierte Ladung (Leistungsreduktion bei zuviel Hitze) betreiben. Wer die Lebensdauer seines Akkus maximieren wolle, könne sein Gerät auch in 2 bis 3 Etappen laden und dem Akku dazwischen "Verschnaufpausen" gönnen, in denen er abkühlen kann.

Am besten nicht 100 Prozent

Viel wichtiger als die Frage, ob man Kabel oder induktives Laden verwendet, sei für die Akkulebensdauer der Ladebereich. Ein Lithium-Ionen-Akku werde laut Al-Abassy am besten im mittleren bis unteren Bereich betrieben und nie zu 100 Prozent aufgeladen. Das sieht auch Bernhard Gadermaier vom Institut für chemische Technologie von Materialien der TU Graz so: "Im Idealfall nutzt man nicht den vollen Bereich zwischen 0 und 100 Prozent aus. Entladen sollte man nur bis ca. 25 Prozent." Auf den meisten Smartphones kann man zumindest nach oben hin Ladestandsbegrenzungen einstellen.

Um beim Aufladen nicht auf 100 Prozent zu kommen und den Akku auch noch stundenlang durch ständiges Wiederauffüllen auf diesem Ladestand zu halten, sollte man Mobilgeräte auch nicht über Nacht aufladen. Das sei laut Al-Abassy auch aus einem anderen Grund ratsam: "Mit der Zeit können Akkus Probleme bekommen, es kann zu einem Kurzschluss kommen." Aufgrund der Brandgefahr sei es besser, Akkus zu laden, wenn man selbst wach sei und auf einen Brand reagieren könne.

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David Kotrba

Ich beschäftige mich großteils mit den Themen Mobilität, Klimawandel, Energie, Raumfahrt und Astronomie. Hie und da geht es aber auch in eine ganz andere Richtung.

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