ImageTwin lässt Betrüger in der Forschung auffliegen
Im Bereich der Life Sciences gab es in den vergangenen Jahren einige wissenschaftliche Durchbrüche, die die Welt veränderten – darunter etwa die Erfindung der Genschere CRISPR, der mRNA-Impfstoff gegen COVID-19 und neue Erkenntnisse zum menschlichen Mikrobiom.
Damit solche beeindruckenden Fortschritte auch in Zukunft gelingen, müssen Forscherinnen und Forscher stets sehr genau arbeiten. Fehler sollen sie keine machen.
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Leider ist das in der Wissenschaft nicht immer so. Es gibt sogar schwarze Schafe, die mit Absicht schummeln und falsche Sachverhalte in ihren Ergebnissen präsentieren.
ImageTwin entlarvte Manipulation
Einen solchen Fall gab es Anfang 2024: Forscher einer der weltweit führenden Krebskliniken, dem Dana-Faber Cancer Institute in Boston, sollen manipulierte Bilder von Bakterien, Zellkulturen und einer speziellen Labortechnik veröffentlicht haben. Solche Fälle können das Image der Wissenschaft schädigen. Aufgeflogen ist der Betrug dank einer Software des österreichischen Unternehmens ImageTwin.
Das Wiener Start-up hat nämlich ein Computerprogramm entwickelt, das Plagiate bei Abbildungen im Bereich der Life Sciences (Biowissenschaften) erkennt und mit dem man Bilder in Publikationen auf ihre Richtigkeit überprüfen kann.
Wie Plagiatsprüfung bei Texten
Für Texte gibt es solche Programme bereits seit längerem. Mittlerweile werden sogar viele Masterarbeiten bereits automatisch damit gecheckt. Wissenschaftliche Abbildungen stellten jedoch lange eine Ausnahme dar. Gerade im Bereich der Life Sciences spielen diese eine wichtige Rolle. Weil die Zahl der Veröffentlichungen von Jahr zu Jahr steigt, ist der Überprüfung durch Menschen aufwändig.
„Gerade im Bereich der Biomedizin und Life Sciences wurden in der Vergangenheit oft Abbildungen gefälscht, wiederverwertet und manipuliert. Wir überprüfen nun, ob diese korrekt sind, ob sie manipuliert wurden und ob sie die tatsächlichen Ergebnisse widerspiegeln“, erklärt Patrick Starke, einer der Co-Geschäftsführer und Gründer von ImageTwin.
Grundlage für ihre Software ist ein Abgleich mit einer akademischen Bild-Datenbank, in der sich 75 Millionen wissenschaftliche Abbildungen befinden. „Die haben wir aus vielen verschiedenen Quellen, wie öffentlich verfügbaren Datenbänken. Außerdem haben wir Vereinbarungen mit Publishern geschlossen, damit wir auf deren Datensätze zugreifen können", erklärt Starke.
KI prüft Bilder
Der User kann einzelne Bilder oder ganze PDFs hochladen. Dann werden die Bilder extrahiert, analysiert, klassifiziert und mit den Bildern aus der Datenbank abgeglichen. „Bei Treffern wird noch eine sehr detaillierte Analyse vorgenommen. Alles basiert mittlerweile auf KI-Algorithmen“, erklärt Starke.
Die Treffer werden dann mit einem Wahrscheinlichkeit-Score versehen. „Der sagt dann etwa: Mit 89 Prozent ist das hier ein problematisches Duplikat“, erklärt Starke. Duplikate werden auch erkannt, wenn das Bild gedreht, die Farbe oder der Kontrast verändert wurde.
Nicht immer geht es dabei um bösartigen Betrug. „Forscher haben auch die Möglichkeit, ihre eigenen Arbeiten zu überprüfen. Es können menschliche Fehler passieren“, erklärt Starke.
Neues Feld: KI-generierte Bilder
„Ein riesengroßes Thema ist auch die Identifizierung von KI-generierten Bildern in der Wissenschaft“, erklärt Starke: „Dafür haben wir jetzt die Seed-Förderung vom Austria Wirtschaftsservice (aws) bekommen. Wir entwickeln nun die erste Software in unserem Themengebiet, die das ordentlich erkennen kann. Wir sind optimistisch, dass wir zeitnah eine erste Version veröffentlichen können.“
Auch ein solcher Fall erregte 2024 bereits Aufregung: Ein Fachblatt hatte eine KI-generierte Illustration mit überdimensionierten Rattengenitalien veröffentlicht, auf der deutliche Fehler erkennbar waren. Nach einem öffentlichen Aufschrei wurde die bereits veröffentlichte Studie zurückgezogen.
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„So etwas würde auch erkannt werden. Das war ein vergleichsweise offensichtliches Beispiel, bei dem man mit dem menschlichen Auge sehen konnte, dass es sehr ungewöhnlich aussieht“, meint er. Die Software soll aber auch KI-generierte Abbildungen erkennen, die man nicht mit bloßem Auge sieht. Außerdem soll die Software zukünftig vorgenommene Veränderungen im Bild erkennen, was bisher keine andere Software kann.
Jetzt will das Start-up seine weltweite Führungsposition im Bereich der Bildüberprüfung im akademischen Bereich weiter ausbauen und auch wissenschaftliche Disziplinen außerhalb der Life Sciences erobern.
Dieser Artikel entstand im Rahmen einer Kooperation zwischen futurezone und Austria Wirtschaftsservice (aws).
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