Der JAC Sehol E10X aus China ist das erste Fahrzeug am Markt, das eine Natrium-Ionen-Batterie verwendet

Der JAC Sehol E10X aus China ist das erste Fahrzeug am Markt, das eine Natrium-Ionen-Batterie verwendet

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Science

Natrium-Ionen-Batterien können Elektroautos billiger machen

Batterien sind oft die teuerste Komponente von Fahrzeugen mit Elektroantrieb, seien es E-Autos, E-Scooter oder E-Bikes. Aufgrund ihrer Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit werden meist Akkus mit Lithium-Ionen-Technologie verwendet. In China kommt nun erstmals ein Elektroauto auf den Markt, das einen Natrium-Ionen-Akku enthält. Es kostet weniger als 10.000 Euro.

Mehrere Vorteile

Die Vorstellung des JAC Sehol E10X regt viele Autohersteller zum Nachdenken an. Lithium ist derzeit relativ günstig erhältlich, die Abbaukapazitäten wurden zuletzt stark ausgebaut. Die Vorkommen sind aber begrenzt und Lithium-Ionen-Akkus werden für eine Vielzahl von Geräten gebraucht, vom drahtlosen Kopfhörer bis zum Riesenspeicher für Kraftwerke. Natrium dagegen kommt überall auf der Welt vor, etwa in Salz (Natriumchlorid). 2,6 Prozent der Erdkruste bestehen aus Natrium. Es zu gewinnen ist sehr einfach.

Batteriezellen, in denen Natrium-Ionen zwischen Plus- und Minuspol fließen, wird nachgesagt, besonders hohe Ladegeschwindigkeiten auch bei Temperaturen bis -20 Grad Celsius zu ermöglichen. Sie sollen relativ unempfindlich gegen mechanische Einwirkungen sein und nicht so schnell in Flammen aufgehen. In Puncto Speicherverluste und Langlebigkeit sollen sie mit Lithium-Ionen-Akkus mithalten können. Einzige Mankos scheinen die Energiedichte und das Gewicht zu sein.

LEBANON-ECONOMY-SALT

Natrium gibt's wie Salz im Meer - wortwörtlich. Hier zu sehen sind Verdunstungsbecken im Libanon, wo Salz aus dem Meerwasser gewonnen wird

Geringere Energiedichte

"Natrium-Ionen sind 30 Prozent größer als Lithium-Ionen", erklärt Chemiker Philipp Adelhelm von der Humboldt-Universität Berlin. "Wenn man die speichern will, braucht man entsprechende Materialien, die das gut können." Prinzipiell wird die Technologie schon seit Langem erforscht, konkrete Produkte am Markt gibt es aber erst seit Kurzem. Unter anderem arbeitet das chinesische Unternehmen CATL daran.

Der weltweit größte Hersteller von E-Auto-Batterien kommt bei seinen Natrium-Ionen-Akkus auf eine Energiedichte von 160 Wattstunden pro Kilogramm Gewicht. Zum Vergleich: Bei Lithium-Ionen-Akkus beträgt sie bis zu 265 Wh/kg. CATL ist überzeugt, die Natrium-Ionen-Energiedichte bald auf 200 Wh/kg steigern zu können. Derzeit bedeutet der Unterschied aber etwa bei E-Autos, dass sie entweder schwerer und größer werden, um dieselbe Reichweite wie mit Lithium-Ionen-Akku aufzuweisen oder bei gleicher Größe weniger Reichweite haben.

Kostenvorteil im Niedrigpreissegment

Eine hohe Reichweite ist derzeit für E-Auto-Interessierte noch das wichtigste Kaufkriterium, aber laut Adelhelm vollziehe sich hier ein Wandel: "200 bis 300 Kilometer tun es vielleicht auch, wenn man hauptsächlich in der Stadt unterwegs ist oder man an vielen Orten Strom tanken kann." Der preisliche Vorteil käme vor allem im Niedrigpreissegment zur Geltung: "Wer einen Tesla oder einen Mercedes kauft, den interessieren die Mehrkosten für einen LIthium-Ionen-Akku nicht. Bei Kleinwagen aber wäre ein Unterschied von 2.000 bis 4.000 Euro interessant." Abgesehen vom Preis sei auch die Verfügbarkeit ein Bonus.

Günstige Akkus, die möglicherweise ein wenig schwerer sind, seien auch für andere Bereiche der Elektromobilität interessant, etwa für E-Scooter. Dort genutzte Nickel-Metallhydrid- oder Blei-Batterien sind gegenüber Natrium-Ionen-Batterien schon jetzt im Nachteil. Außerdem erwartet der Experte bei der Energiedichte der Natrium-Akkus große Fortschritte. "Vor 30 Jahren haben auch Lithium-Ionen-Akkus bei 100 Wh/kg begonnen." Batteriebauweisen werden ständig weiterentwickelt. Zellen werden etwa dichter gepackt oder vergrößert, um weniger Material dazwischen zu benötigen.

Kleinwagen mit geringerer Reichweite wie der JAC Sehol E10X könnten dank Natrium-Ionen-Batterien noch günstiger angeboten werden

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Spannende nächste Monate

Sehr große Fortschritte könnten durch das Verändern der genauen chemischen Zusammensetzung von Zellen erzielt werden. Je nach Variation könne man Akkus bauen, die etwa höhere Ladeleistungen aufweisen, dafür aber eine geringere Energiedichte. Dass Natrium-Ionen-Batterien per se temperaturunempfindlicher oder weniger brandgefährlich als Lithium-Ionen-Akkus sind, sei laut Adelhelm nicht gesagt. Es gebe dazu noch zu wenig Daten, weil es bisher keine konkreten Produkte am Markt gab. "Jetzt kommen die ersten Produkte und es wird intensiv getestet. Das nächste halbe Jahr wird extrem spannend, weil man sehen wird, was die erste Generation der Natrium-Ionen-Batterie alles kann."

Möglich ist auch die Kombination von Lithium-Ionen- und Natrium-Ionen-Technologie. CATL hat bereits Pläne verkündet, mit einer Kombination von unterschiedlichen Zellen innerhalb einer Hybridbatterie quasi das Beste aus beiden Welten zu erhalten, etwa besonders kurze Ladezeiten und dennoch hohe Reichweite. "Das Batteriemanagement wird dann ziemlich komplex, aber man hätte dadurch einen ganz anderen Hebel, neue Dinge auszuprobieren", sagt Adelhelm.

China nicht allein

Neben dem Batterie-Schwergewicht aus China widmen sich auch andere Player der Entwicklung von Natrium-Ionen-Akkus, etwa das französische Unternehmen Tiamat Energy oder Altris aus Schweden. Die britische Firma Faradion wurde 2022 vom indischen Konzern Reliance übernommen. "Auch Indien hat große Bestrebungen, Batterien zu bauen und unabhängiger von China zu werden", sagt Adelhelm dazu.

In den USA verfolgt Natron Energy das Thema intensiv. Und in China gibt es neben CATL auch noch andere Unternehmen, die an der Technologie forschen, etwa Pylontech oder der Batteriehersteller Hina. Letzterer hat auch den Stromspeicher für den JAC Sehol E10X geliefert.

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David Kotrba

Ich beschäftige mich großteils mit den Themen Mobilität, Klimawandel, Energie, Raumfahrt und Astronomie. Hie und da geht es aber auch in eine ganz andere Richtung.

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