
Person mit Regenschirm bei schaurigem Wetter
Wie Wetter-Prognosen für Österreich immer besser werden
Wie wird das Wetter? Das ist eine Frage, die viele Menschen täglich beschäftigt. Vor rund 100 Jahren war die Antwort darauf mit viel Arbeit verbunden: Komplexe mathematische Gleichungen mussten mühsam von Hand berechnet werden – eine Aufgabe, die damals oft Frauen übernahmen.
Mittlerweile gibt es leistungsstarke Computer, die verschiedene Einflüsse auf die Atmosphäre berücksichtigen können und uns das Wetter vorhersagen. Vor kurzem hat der Europäische Wetterdienst ein eigenes KI-Modell veröffentlicht. Dieses wird auch die Wetterforschung in Österreich beeinflussen. Denn schon heute fließen die Ergebnisse von Künstlicher Intelligenz in die Wettervorhersagen ein.
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Der Vorsprung der Technik
Zu wissen, wie das Wetter in den kommenden Tagen wird, ist nicht nur für die Freizeitplanung relevant. Bauern brauchen Informationen über Frost, Wind und Sonnenscheindauer für ihre Bewirtschaftung. PV-Anlagen-Besitzer, um den eigenen Verbrauch an die Verfügbarkeit von Sonnenenergie anzupassen.
Heutzutage liefern Stellen wie die Geosphere Austria Informationen über den Verlauf des Wetters. Das gelingt besser als je zuvor. „Denn die Computer sind schneller geworden. Gleichzeitig sind viel mehr Daten verfügbar. Je besser die Technik und die Daten sind, desto genauer kann man rechnen”, sagt Irene Schicker von der Geosphere Austria.
Das Wetter von Heute
Je nach Wetterlage kann man heute das Wetter für die kommenden Tage relativ verlässlich vorhersagen. Dafür braucht es zum einen Daten: Also jene von Wetterstationen, aber auch Satelliten- und Radardaten, oder jene, die Flugzeuge liefern.
Auch Wetterballone tragen noch immer zu den Prognosen bei. Täglich starten bei der Geosphere Austria zweimal zur gleichen Uhrzeit Wetterballone. Mit ihren Radiosonden liefern die Ballons Informationen über den Zustand der Atmosphäre in einer Höhe von etwa 30 Kilometern – weit höher als die maximal 12 Kilometer, in denen Flugzeuge fliegen.
Mit Modellen zum Wetter von Morgen
All diese Daten werden überprüft und fließen in sogenannte physikalisch-numerische Modelle ein. Leistungsstarke Computer rechnen dann die unterschiedlichen Gleichungen für Temperatur, Niederschlag, Strahlung und andere Parameter aus.
Für diese Berechnungen teilt man das jeweilige Gebiet, also zum Beispiel Österreich, in mehrere sogenannte Gitterboxen ein. Dabei wird jede Box einzeln berechnet, wobei der Austausch mit benachbarten Boxen berücksichtigt wird. „So entsteht ein Bild davon, wie sich das Wetter mit der Zeit verändert”, sagt Schicker.
Je kleiner diese Boxen sind, desto höher ist die räumliche Auflösung, also desto genauer kann das Wetter für bestimmte Orte vorhergesagt werden. Dadurch steigt allerdings auch der Rechenaufwand bzw. die Zeit, bis die Vorhersage erstellt ist.
KI ist schon heute im Einsatz
Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz in diesen Modellen zur Vorhersage des Wetters ist nichts Neues. „Machine-Learning-Modelle und Methoden aus dem Data-Science-Bereich, wie das Clustern von Daten, werden schon seit den 80er- und 90er-Jahren angewendet”, erläutert Schicker.
Zum Beispiel für Kurzfristprognosen, um die Sonnenstrahlung oder die Niederschlagsmenge vorauszusagen. Durch den Einsatz von KI wurden die Prognosen nicht nur genauer, sondern auch schneller. Für ein klassisches Wettermodell braucht Schicker ein paar Stunden, um die Ergebnisse zu berechnen. Ein KI-Modell schaffe das in rund einer Stunde.
„Wir können deutlich schneller rechnen, da die Modelle nicht jedes Mal neu angepasst werden müssen. Stattdessen nutzen wir ein bestehendes Modell, das nur alle paar Monate aktualisiert wird”, erklärt Schicker. Außerdem können diese Modelle besser auf unerwartete Ereignisse reagieren – eine entscheidende Fähigkeit angesichts der natürlichen Unsicherheiten in der Wetterentwicklung.
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Neue KI-Projekte bei der Geosphere
Seit Herbst 2024 sind verschiedene Projekte zum Einsatz von datengetriebener KI bei der Geosphere gestartet, die 3 Jahre dauern sollen. Diese basieren auf dem KI-Modell “Artificial Intelligence Forecasting System" (AIFS), das der Europäische Wetterdienst Ende Februar veröffentlicht hat.
Dieses sei um bis zu 20 Prozent präziser als rein physikalisch-numerische Modelle und benötigt pro Vorhersage ein Tausendstel des Strombedarfs. AIFS wird mit Wetterdaten des Europäischen Wetterdienstes trainiert, die bis 1979 zurückreichen. Täglich fließen über 800 neue Messwerte ein.

So funktioniert das Artificial Intelligence Forecasting System (AIFS)
© ECMWF
AI-Prometheus
„Bei dieser Art von KI geht es nicht darum, die herkömmlichen Wettermodelle zu ersetzen, sondern zusätzlich ein KI-basiertes Wettermodell zu haben. Dieses soll nicht nur einzelne Parameter wie jetzt abdecken, sondern wirklich das gesamte Wetter”, sagt Schicker.
Eines dieser Projekte heißt AI-Prometheus, im Zuge dessen ein digitaler Zwilling des Alpenraums erstellt werden soll. Vereinfacht gesagt, handelt es sich also um ein regionales Wettermodell, das die Topografie der Alpen stärker berücksichtigen kann. Denn damit gehen viele Unsicherheiten in Zusammenhang mit dem Wetter einher.
Daten aus Österreich für bessere Ergebnisse
Die Geosphere Austria nutzt für AI-Prometheus eigene historische Daten und trainiert das europäische Modell damit. Das ist nämlich ein globales Modell, das es aber auch ermöglicht, einzelne Regionen genauer zu betrachten.
Durch das Training mit den regionalen Wetterdaten soll dann auch die Gesamtgenauigkeit von AIFS verbessert werden. Ein weiterer Schritt besteht darin, die Auflösung zu erhöhen. Denn das europäische Modell arbeitet mit einer Auflösung von ca. 9 Kilometern.
Je näher man aber heranzoomen kann, desto genauer wird die Prognose. Das Ziel der Geosphere Austria ist, auf eine Auflösung von einem Kilometer zu kommen. „Das heißt zum Beispiel, dass wir das Wetter im Inntal besser abbilden und beispielsweise Hangwinde oder die Schneeabdeckung besser berücksichtigen können”, sagt Schicker.
Schritt für Schritt zu besseren Ergebnissen
AI-Prometheus hat die ersten Entwicklungsschritte bereits durchlaufen. „Jetzt geht es darum, das Ganze zu verfeinern. Es werden also die ersten Experimente gemacht und Fehler ausgebessert”, sagt Schicker. Noch sind außerdem nicht alle Parameter enthalten, die in klassischen Modellen zum Einsatz kommen.
Eine weitere Herausforderung ist die Datenaufbereitung. Die Daten müssen nämlich in das richtige Format gebracht werden. Aber auch die Beschaffung der Daten an sich gestaltet sich schwierig: „Wir müssen die Modelldaten vom Europäischen Rechenzentrum holen, die in einem Magnetbandarchiv gespeichert sind. Für ein Jahr an Daten dauert dieser Beschaffungsprozess etwa 2 Wochen, weil wir ja nicht die einzigen sind, die Daten brauchen”, sagt Schicker.
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Mehr KI für schnellere Prognosen
Die KI-Modelle brauchen Energie. Vor allem das Training der Modelle ist energieintensiv und damit es zu guten Ergebnissen kommt, braucht es mehrere Trainingszyklen. „Im Betrieb sind sie aber einfach viel schneller als klassische Wettermodelle", so Schicker.
Laut ihr wird der Einsatz von KI-Wettermodellen in Zukunft zunehmen: „Ich denke, wir werden weiterhin physikalische Modelle nutzen, da sie unverzichtbar sind. Gleichzeitig wird der Einsatz von KI-Modellen mehr werden, insbesondere für Unsicherheitsberechnungen in den Prognosen”, sagt Schicker.
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