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Tesla Model 3 im Test: Einfach gut

Teslas Mittelklasse-Elektrolimousine Model 3 soll dem US-Hersteller den Eintritt in den automobilen Massenmarkt eröffnen. Im März 2016 wurde das Auto vorgestellt, hunderttausende Interessenten zahlten 1000 Dollar, um auf der Warteliste zu landen. Die Produktion lief nur schleppend an und erreichte erst in den vergangenen Wochen die volle Kapazität. In Europa wird das Model 3 immer noch nicht ausgeliefert. Die futurezone bekam mit etwas Glück aber die Gelegenheit, das Fahrzeug zu testen.

futurezone-Fan spendiert Testfahrt

Durch einen unserer Artikel angeregt, nahm Gregor Scheurecker mit der futurezone Kontakt auf. Mit einem Partner hat er den Elektroautohandel G-Electric gegründet und im April ein Model 3 aus den USA importiert, um sich selbst einen Eindruck von dem Fahrzeug zu verschaffen. Die Möglichkeit wollte er auch der futurezone eröffnen und so durfte ich - nach dem Model X und dem Model S - nun auch zwei Tage lang mit dem Model 3 herumdüsen.

Einschränkungen in Europa

Bei dem getesteten Model 3 handelt es sich um die Long-Range-Version mit einem 80 Kilowattstunden-Akku (offiziell werden 75 kWh angegeben), einer Normreichweite von 500 Kilometer, Heckantrieb mit 211 Kilowatt (287 PS) und einer abgeriegelten Höchstgeschwindigkeit von 225 km/h. Das Testfahrzeug ist außerdem mit adaptivem Tempomat und Autopilot ausgestattet. Da es für den US-Markt produziert wurde, muss das Auto in Europa mit einigen Einschränkungen auskommen.

Zunächst einmal gibt es keine mobile Internetverbindung, wodurch Navigation, Musik-Streaming-Dienste, Sprachsteuerung und automatische Updates ausfallen. Außerdem kann man europäische Supercharger-Ladestationen nicht nutzen, weil die US-amerikanischen andere Spezifikationen aufweisen. Schlussendlich entspricht ein US-Tesla auch nicht europäischen Zulassungsbestimmungen, weshalb lediglich Probefahrten mit blauem Werkstattkennzeichen möglich sind.

Design mit Platzangebot

Von außen präsentiert sich das getestete Model 3 mit "Midnight Silver"-Lackierung und großem Glasdach. Hinter der Windschutzscheibe, vor dem Vordertüren und in der B-Säule erkennt man Kameras, die für die zukünftig immer weitreichenderen autonomen Fahrfunktionen gebraucht werden. Die Form des Model 3 ähnelt dem großen Bruder Model S, ist aber kompakter und knuffiger. Bei 4,6 Meter Länge ist aber immer noch reichlich Platz vorhanden. Der Kofferraumdeckel unterhalb der riesigen Heckscheibe öffnet ein erstaunlich geräumiges Heck. Wenn man die hinteren Sitzlehnen umklappt, könne man ausgestreckt liegen, meint Scheurecker: "Das ist vielleicht interessant für jene Leute, die in ihrem Tesla campieren."

Den Innenraum prägt vor allem ein 15 Zoll großes LC-Touchscreen über der Mittelkonsole. Lüftungsdüsen findet man im Model 3 ebensowenig wie einen Tacho hinter dem Lenkrad. Stattdessen nimmt eine Holzzierleiste und ein durchgehender Lüftungsschlitz die gesamte Breite des Armaturenbretts ein. Die einzigen Knöpfe, die man findet, befinden sich am Lenkrad und an der Decke (Warnblinkanlage).

Der Touchscreen übernimmt sämtliche gewohnten Aufgaben, von der Geschwindigkeitsanzeige bis zum Öffnen des Handschuhfachs. Genial ist die Ablage für zwei Smartphones samt austauschbaren Ladeanschlüssen in der Mittelkonsole.

Ladefläche im Model 3 mit umgeklappten Rücksitzlehnen

Rasant in die Kurven

Bei den Fahroptionen findet man im Model 3 eine geringere Auswahl als im Model S oder Model X. Die Direktheit der Lenkung lässt sich dreistufig regulieren, bei der Beschleunigung kann man nur zwischen "Chill" und "Sport" wählen. Mit letzterer Option entfaltet der Heckmotor vom Stand weg 525 Newtonmeter. Hundert km/h erreicht man damit in etwa fünf Sekunden. An die 2,4 Sekunden des Model S P100D kommt das zwar nicht heran, aber wie Tesla-Gründer Elon Musk versprochen hat, entspricht das immerhin der Leistung eines BMW M3.

Was beim Fahren mit dem Model 3 gleich einmal auffällt, ist die Übersicht, die den großen Brüdern S und X weit überlegen ist. Die vergleichsweise "normalen" Dimensionen des Model 3 machen es wesentlich leichter, durch dichten Verkehr und enge Gassen zu manövrieren.

Das Fahrwerk des Model 3 ist relativ straff. Eine Luftfederung zur Komfort-Variierung ist nicht vorhanden. Bei hohen Geschwindigkeiten sind die Windgeräusche deutlich lauter als bei den größeren Tesla-Modellen. Die Kurvenlage des 1,7 Tonnen schweren und mit 19-Zoll-Reifen ausgestatteten Elektroflitzers ist phänomenal. Durch den Hinterradantrieb kann man auf nassem Asphalt oder Schotter auch mal ein bisschen driften.

Komfortables Cruisen

Wer die Energie-Rekuperation nicht von normal auf niedrig verstellt, braucht das Bremspedal nur selten verwenden. Beim Loslassen des Gaspedals wird schnell verzögert. Wer die Fußarbeit einstellen möchte, kann mit einem Tipp auf den Gangwahlhebel rechts hinter dem Lenkrad den adaptiven Tempomaten starten. Der Tesla passt sich dabei der Geschwindigkeit der vor ihm fahrenden Autos an und hält exakt einen vom Fahrer mehrstufig wählbaren Abstand. Die Nutzung des Autopilots ist in Österreich noch verboten.

Das Bordentertainment konnte ich mangels Internetverbindung nur bedingt testen. Da mich aus unerfindlichen Gründen auch das eingebaute Radio im Stich ließ, konnte ich die Soundanlage nur per Bluetooth-Verbindung zum Smartphone ausprobieren. Die Klangqualität ist ausgezeichnet. Der Subwoofer im Heck könnte möglicherweise etwas weniger Kraft als jene im Model S oder X haben, aber das fällt nicht weiter ins Gewicht.

Reichweite und Aufladen

Wirklich bemerkenswert beim Model 3 ist die Reichweite. Während die noch verfügbaren Kilometer in anderen Teslas oft weit schneller purzeln, als die tatsächlich zurückgelegte Distanz, bekommt man im Model 3 meist, was einem versprochen wird. "Wir haben knapp 10.000 Kilometer mit dem Model 3 zurückgelegt und sind überzeugt, dass man damit weiter kommt, als mit einem Model S oder X mit 100-kWh-Batterie", meint Scheurecker. Verantwortlich dafür sind seiner Meinung nach bessere Aerodynamik, ein geringeres Gewicht, aber auch ein effizienterer Motor.

Fahrer von G-Electric haben laut eigenen Angaben Reichweiten von über 550 Kilometer erzielt, "ohne besonders ökonomisch zu fahren". Vor allem auf der Autobahn seien die Verbrauchswerte des Model 3 herausragend, meint Scheurecker. Bei hohen Geschwindigkeiten erziele der Tesla sogar bessere Resultate als der Hyundai Ioniq, der für den Elektroauto-Experten als besonders effizient gilt.

Aufgeladen habe ich das Model 3 während der beiden Testtage ausschließlich an kostenlos benutzbaren Stationen: Einmal an der Schnellladestation Weigelsdorf in Niederösterreich, zweimal an einer der neuen Tanke-Stationen von Wien Energie in Wien. Letztere können noch bis 1. Oktober gratis genutzt werden. Für das Testfahrzeug erhielt ich einen eigenen Adapter, da der US-Ladeanschluss nicht deckungsgleich mit dem europäischen Tesla-Anschluss (Typ 2) ist.

Ladestation vor dem Kaffee Monarchie in der Wiener Nussdorferstraße

Fazit und Preis

Sollte Tesla seine Produktionsprobleme in den Griff bekommen, wird das Model 3 mit ziemlicher Sicherheit ein Renner werden. Das Auto sieht super aus, ist sehr komfortabel und enthält all jene technischen Spielereien, wie nur Tesla sie momentan bietet. Wer sich das futuristische Gefährt zulegen will, muss allerdings mit monate- bis jahrelanger Wartezeit rechnen. Womit ein potenzieller Käufer ebenfalls rechnen muss, ist ein hoher Preis. 2016 noch mit einem voraussichtlichen Preiszettel von 35.000 Dollar angekündigt, fällt der momentan wahre Kaufpreis weit höher aus.

"Die 35.000 Dollar waren stets vor Steuern gemeint", erklärt Scheurecker. Tatsächlich müsse man in den USA mit einem Grundpreis von 42.000 Dollar rechnen. Darum bekäme man allerdings das Basismodell ohne Long-Range-Akku, das von Tesla noch nicht einmal produziert wird. Mit Long-Range-Akku sowie der Premium-Ausstattung und dem Autopilot - wie beim Testfahrzeug inkludiert - kostet das Model 3 rund 60.000 Dollar. In Europa wird die günstigste Version des Model 3 vermutlich über 40.000 Euro kosten.

Zukunftspläne

Das Interesse am Model 3 ist dennoch enorm, meint Scheurecker. Das Testfahrzeug von G-Electric hat bereits einige Interessenten angelockt, u.a. aus dem Verkehrsministerium. Der Elektroautohändler freut sich über eine enorme Werbewirkung. "Wir wollen damit unsere Expertise bei Elektroautos aufzeigen", meint Scheurecker. Der ehemalige Militärpilot sieht den Vorteil seines markenunabhängigen Geschäfts darin, dass Kunden "bei uns die wahren Informationen über alle Produkte am Markt erhalten".

In Zukunft will Scheurecker über Beratung und Verkauf hinausgehen und zum Elektromobilitätsdienstleister werden. In Kooperation mit Genossenschaften soll G-Electric künftig etwa Carsharing für Wohnprojekte umsetzen. Wohnen und Elektromobilität könnten auf diese Art aus einer Hand angeboten werden.

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David Kotrba

Ich beschäftige mich großteils mit den Themen Energie, Mobilität und Klimaschutz. Hie und da geht es aber auch in eine ganz andere Richtung.

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