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Bis zu 450 Euro im Jahr: Warum man Geld für Stromtanken erhält

Seit etwas mehr als einem Jahr können Besitzer*innen von Elektroautos einmal im Jahr Geld dafür erhalten, dass sie Strom statt fossilen Energieträgern tanken. Mehrere Anbieter zahlen die Treibhausgas-Prämie aus. Manche bieten einen Fixpreis, andere eine Gutschrift auf die Stromrechnung, wieder andere einen Anteil am Verkaufserlös. Aber was wird hier eigentlich verkauft? Und warum ist die Höhe der Prämien so unterschiedlich?

Zertifikate für die Mineralölindustrie

Worum es bei der Treibhausgas-Prämie - oft auch THG-Quote, ePrämie oder eQuote eigentlich geht, sind Zertifikate für die Einsparung von CO2-Emissionen. E-Auto-Fahrer*innen stehen diese Zertifikate zu, während die Mineralölindustrie sie braucht. Unternehmen sind dazu verpflichtet, eine bestimmte Menge an CO2-Einsparungen zu erreichen. Wenn sie das nicht schaffen, müssen sie ersatzweise THG-Zertifikate vorweisen, um keine Strafzahlungen leisten zu müssen.

Die Zertifikate kaufen die Unternehmen über Zwischenhändler. Diese wiederum kaufen sie von E-Auto-Besitzer*innen und Ladestellenbetreiber*innen. Warum geht das nicht direkt? "In Österreich stellt das Umweltbundesamt Zertifikate erst ab einem Volumen von 100.000 Kilowattstunden im Jahr aus", erklärt Burkhard Schwarz. Der Elektromobilität- und Energieexperte hat das Vergleichsportal THG-Vergleichstest.at (gibt es auch für Deutschland) gegründet, das einen Überblick über Anbieter von THG-Prämien bieten.

Ethische Bedenken

Wird man als Empfänger der Treibhausgasprämie zum Beihelfer einer Industrie, die weiterhin fossile Treibstoffe produziert und verbreitet? Diese Frage könnte bei E-Auto-Fahrer*innen Gewissensbisse auslösen. Laut dem E-Mobilitätsexperten Burkhard Schwarz ist das unnötig: "Die THG-Prämie ist so konzipiert, dass man einen allmählichen, gesellschaftlich verträglichen Übergang von einer fossilen Welt in eine regenerative moderieren möchte."

Die Prämie ermögliche es der Mineralölwirtschaft, ihr Geschäft umzustellen, ohne "disruptive Vorgänge und Einschnitte" hinnehmen zu müssen (etwa Firmenpleiten). Gäbe es das Instrument nicht und würden den Unternehmen einfach strikte Einsparungsvorgaben gemacht, würde man einen volkswirtschaftlichen Schaden riskieren.

"Greenwashing"

Umweltschutzorganisationen kritisieren die THG-Prämie unterdessen gerade deswegen, weil der Transformationsdruck auf Mineralölunternehmen dadurch nicht groß genug ist. Außerdem wird kritisiert, dass es im Grunde egal ist, welchen Strom E-Auto-Fahrer tanken. Es muss kein Ökostrom sein. Durch den Kauf von CO2-Zertifikaten könnten Mineralölunternehmen zudem "Greenwashing" betreiben, also einfach ihr Image aufpolieren, während das Kerngeschäft sich nicht verändere.

Wenn man als Privatperson auf die Prämie verzichte, werde sie laut Schwarz dem Bundeshaushalt zugeschlagen. Der Staat verkauft es der Mineralölindustrie dann anstelle von E-Auto-Fahrer*innen. Durch einen Verzicht vernichte man keine CO2-Zertifikate, man erhalte nur nicht das Geld dafür

Anhaltspunkt für Preise sind Strafen

Auf eine geladene Strommenge von 100.000 kWh wird eine Einzelperson kaum kommen. Die Kraftstoffverordnung nimmt für private E-Auto-Fahrer*innen ein pauschales Ladevolumen von 1.500 kWh an. Zwischenhändler können die Lademengen von Einzelpersonen aber sammeln, sie in ausreichendem Volumen dem Umweltbundesamt vorweisen und dafür Zertifikate erhalten, die sie Mineralölunternehmen verkaufen.

Wie viel Geld Zwischenhändler Privatpersonen für ihre E-Auto-Nutzung anbieten, orientiert sich an den Strafen, die Unternehmen zahlen müssten, wenn sie keine CO2-Zertifikate vorweisen könnten. Für 1.500 kWh müssten sie 900 Euro zahlen. Zertifikate müssen klarerweise für weniger Geld verkauft werden. Dann kommt es darauf an, welches Unternehmen wie viele Zertifikate braucht und wie viele Zertifikate ein Zwischenhändler zu welchem Zeitpunkt anbieten kann. Der Zwischenhändler möchte klarerweise auch einen Profit von dem Geschäft haben.

"Der Handel mit den Zertifikaten läuft nicht wie auf einer transparenten Börse ab. Zwischenhändler haben im Grunde ein privates Netzwerk an Kontakten zur Mineralölindustrie", erklärt Schwarz. Die Anzahl der Beteiligten in diesem Bereich in Österreich sei sehr klein.

➤ Mehr lesen: So beantragt man eine Förderung für ein Elektroauto

Risikos Vorleistung und Überschuss

Einen zusätzlichen Einfluss bei der Preisgestaltung hat der Verfahrensablauf. "Die Kraftstoffverordnung sagt, du musst erst die Quoten von einem Kalenderjahr sammeln, dann beantragst du als Zwischenhändler die Zertifikate beim Umweltbundesamt in einem Stück bis zum Februar des Folgejahres", sagt Schwarz. Das Umweltbundesamt prüfe dann 3 Monate lang die eingereichten Ladevolumina und stelle dann ab Juni Bescheide über die genehmigten Zertifikate aus. Erst dann können Zwischenhändler die Zertifikate an Mineralölunternehmen verkaufen.

Bei manchen Anbietern müssen E-Auto-Fahrer*innen bis zu diesem Zeitpunkt warten, bis sie Geld erhalten, bei anderen treten die Zwischenhändler in Vorleistung. Manche zahlen E-Auto-Fahrer*innen sofort einen Fixbetrag aus. Dadurch tragen sie allerdings auch ein Risiko, denn nicht alle übermittelten Ladevolumina werden in Zertifikate umgewandelt. "Der Anteil an Fehlanmeldungen beträgt zwischen 10 und 20 Prozent", sagt Schwarz. "Manche Fahrer*innen melden ihre Quote bei mehreren Zwischenhändlern an. Das fällt bei der Kontrolle durch das Umweltbundesamt auf."

Im Fall, dass eine Privatperson ihr Ladevolumen an mehr als einen Zwischenhändler verkauft, und dafür bereits Geld erhalten hat, müssen diese Beträge mühsam zurückgefordert werden. Dieses Risiko schlägt sich in der Höhe der THG-Prämie also ebenfalls nieder. Außerdem gebe es das Risiko, dass Zwischenhändler nicht all ihre Zertifikate verkaufen können und auf einem Teil "sitzen bleiben".

Lädt man überwiegend zuhause oder an einer öffentlichen Ladestation? Die Antwort entscheidet darüber, wer die THG-Prämie beantragen darf

Wo überwiegend aufgeladen wird

In Deutschland laufe das Verfahren anders, schildert Schwarz. Dort gebe es kein Mindestkontingent von 100.000 kWh und Anträge beim Umweltbundesamt könnten sofort gestellt werden, nicht erst im Folgejahr. In Deutschland beträgt der pauschale Stromverbrauch für ein E-Auto 2.000 kWh und nicht 1.500 kWh. Neben der pauschalen Abgeltung können E-Auto-Besitzer*innen in Österreich im Übrigen auch die tatsächlich geladene Strommenge einreichen. Dann benötigen sie aber ein teures Messgerät.

Die THG-Prämie können Privatpersonen außerdem nur dann beantragen, wenn sie ihr E-Auto überwiegend zuhause aufladen. Verwenden sie überwiegend öffentliche Ladestationen, sind sie nicht prämienberechtigt, dafür aber der Ladestellenbetreiber. Wo man überwiegend Strom tankt, dafür muss man keine Art von Beweis vorlegen. Die eigene Aussage genügt dem Umweltbundesamt.

Fett aus China lässt deutsche Preise purzeln

Wer die Höhe der THG-Prämien in Deutschland und Österreich vergleicht, wird schnell feststellen, dass es einen deutlichen Unterschied gibt. In Österreich können E-Auto-Fahrer*innen mit einem pauschalen Stromverbrauch einmal im Jahr bis zu 450 Euro erhalten, in Deutschland nur etwa ein Viertel davon. Laut Schwarz liege das am Markt für CO2-Zertifikate im Verkehrsbereich, der einem dynamischen Wandel unterzogen sei. Mineralölunternehmen kommen außer durch Zertifikate z.B. auch durch so genannte alternative Erfüllungsoptionen an einen CO2-Ausgleich.  Dies drohe nun auch in Österreich.

Zu alternativen Erfüllungsoptionen zählt etwa das Inverkehrbringen von Biokraftstoffen. Schwarz: "Man denkt da an Dinge wie Rapsöl, aber nicht daran, dass in großem Stil gebrauchtes Altspeisefett aus China oder Palmfett aus Monokulturen importiert wird." Genau das geschehe aber. “Ein ökologisches Desaster”, sagt Schwarz. Im Falle von Österreich kommen die sogenannten Hydrierten Pflanzenöle (HVO) zwar nicht aus China, sondern aus der EU, aber sie überschwemmen derzeit den THG-Markt in Österreich genauso wie vor einem Jahr in Deutschland. Der Preis für CO2-Zertifikate und damit die Höhe der THG-Prämien sinken. Gesetzliche Regelungen, die das wirksam verhindern könnten, bestehen weder in Deutschland noch in Österreich in ausreichendem Maße. 

Neben E-Autos sind in Österreich zweispurige Fahrzeuge prämienberechtigt, also keine elektrischen Motorräder, wohl aber E-Busse oder E-Lkw. Für letztere gelten aber etwas andere Regeln beim Erhalt von THG-Prämien.

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David Kotrba

Ich beschäftige mich großteils mit den Themen Energie, Mobilität und Klimaschutz. Hie und da geht es aber auch in eine ganz andere Richtung.

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