Start-up gibt Fahrern von Elektroautos Geld
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Unternehmen wie Mineralölkonzerne, die besonders viel Treibhausgase ausstoßen, benötigen CO2-Zertifikate, um quasi für ihre Klimasünden zu bezahlen. Generiert werden diese Zertifikate u.a. durch die Verwendung von erneuerbaren Energien. Weil Elektroautos viel Ökostrom verbrauchen, erhalten Fahrer*innen diese Zertifikate. Das ist den meisten von ihnen bisher wahrscheinlich nicht bewusst. Das Start-up epuls will diese Zertifikate nun aber zu Geld machen.
Wer ein Elektroauto oder eine Stromladestelle besitzt, soll finanziell davon profitieren, während die Zertifikate an große CO2-Produzenten weiterverkauft werden. Die ersparen sich durch den Besitz von Zertifikaten hohe Strafzahlungen an den Staat.
82 Euro im Jahr
Gegründet wurde epuls vom Unternehmen Münzer Bioindustrie, das u.a. Biokraftstoffe herstellt, die normalen Treibstoffen wie Benzin und Diesel beigemengt werden. Mit der neuen Tochter will die Firma die Verkehrswende – also die Abkehr von fossilen Kraftstoffen – fördern und Elektroautos attraktiver machen.
Auf epuls.at können private und geschäftliche E-Auto-Besitzer*innen ihren Zulassungsschein hochladen, ein paar Daten angeben und erhalten nach Prüfung ihrer Angaben innerhalb von 14 Tagen Geld. Einmal jährlich wird ein Fixbetrag ausgezahlt. Für ein E-Auto in Österreich erhält man 82 Euro. Der Betrag werde aber in den nächsten Jahren steigen, versichert epuls-Geschäftsführer Christian Dyczek. Ladestellenbesitzer*innen erhalten je nach Absatz unterschiedliche Summen. Pro Kilowattstunde sind es zwischen 3 und 5 Cent.
Der Betrag errechnet sich aus der Höhe der Strafzahlungen, die Unternehmen drohen und einer gewissen Marge, die epuls zur Deckung seiner Kosten einstreift. In Deutschland seien Strafzahlungen auf einem wesentlich höheren Niveau, hier werde es künftig eine europäische Angleichung geben. Im Hinblick auf die Erreichung der Klimaziele werden die Strafen aber im Allgemeinen höher.
Rechtslage wird einfacher
"epuls übernimmt eine Vermittlerfunktion", sagt Ewald-Marco Münzer, CEO der Münzer Bioindustrie bei der Vorstellung des Start-ups am Montag. Bisher sei es für Privatpersonen mit E-Auto oder Ladestelle so gut wie unmöglich gewesen, beim Umweltbundesamt – der dafür verantwortlichen Stelle – CO2-Zertifikate zu beantragen und diese auch noch zu verkaufen. Manche Energieversorger haben ihren Kund*innen die Möglichkeit bereits geboten, mit epuls seien Privatpersonen aber unabhängig davon.
Auch für Vermittler sei die Angelegenheit derzeit noch sehr komplex. Die Kraftstoffverordnung, die die rechtliche Grundlage dafür bildet, werde allerdings demnächst novelliert und vereinfache voraussichtlich ab 2023 den Zertifikatehandel.
Damit sollten bald auch Mitbewerber für epuls auftauchen, ist Dyczek überzeugt. Man hoffe darauf, als Pionier auf dem Gebiet schnell Bekanntheit zu erlangen und dadurch einen Vorteil zu haben. In Deutschland gibt es bereits seit Längerem eine Vielzahl von Online-Dienstleistern, die E-Auto-Fahrer*innen Geld für Verschmutzungsrechte bieten.
Saubere Weste, wenig Veränderung
Von Umweltschutzorganisationen wird der Handel mit CO2-Zertifikaten kritisiert. Er diene lediglich dazu, Mineralölkonzernen eine saubere Weste zu verpassen, gebe aber keinen Anreiz, sich alternative Geschäftsmodelle zu überlegen.
Münzer Bioindustrie und epuls sehen die Sache anders. Zusatzeinnahmen für E-Auto-Fahrer*innen und Ladestellenbetreiber würden eher dazu führen, dass Elektromobilität populärer und die Infrastruktur dafür besser ausgebaut werde. Diese Entwicklung sei "gescheiter als Strafzahlungen für die Mineralölindustrie".
Außerdem sei Elektromobilität zwar sehr zu befürworten, die Mobilität der Zukunft benötige allerdings auch flüssige Treibstoffe. Hier sieht Münzer natürlich Biokraftstoffe als beste Option. Er hofft darauf, dass die Beimengquoten zu Treibstoffen erhöht werden. Verluste durch den generellen Rückgang bei Treibstoffverkäufen, aufgrund der steigenden Popularität der E-Autos, sollten dadurch kompensiert werden. Vorausgesetzt, die Quoten steigen tatsächlich, sieht er keine Gefahr für sein Kerngeschäft.
Fakten
Zertifikatepflicht
Rund 200 Unternehmen in Österreich werden vom Staat zur Verwendung von CO2-Zertifikaten verpflichtet. Die meisten Emissionen verursachen Voestalpine, OMV und Wien Energie.
Förderung
Der Zertifikatehandel hat den Zweck, Emissionen zu reduzieren. Die Verwendung von E-Autos und der Betrieb von Ladeinfrastruktur soll belohnt werden.
Preise
Die Kosten für den Ankauf von Zertifikaten werden von Mineralölkonzernen an Konsumenten weitergegeben, dasselbe ist allerdings auch bei Strafzahlungen der Fall. In Österreich sind sie im europäischen Vergleich noch sehr gering.
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