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Wie man durch Beton-Recycling Kohlendioxid speichern kann

Beton steckt in einer Vielzahl von Bauwerken, seien es Gebäude, Brücken oder Straßen. Bei der Herstellung des Baustoffs wird viel Kohlendioxid erzeugt. Beton nimmt mit der Zeit aber auch CO2 aus der Atmosphäre wieder auf. An der FH Campus Wien wurde nun ein Verfahren entwickelt, mit dem man diese Speicherfähigkeit verstärken kann. Das Recycling von Abbruchbeton ist dabei ein Schlüsselfaktor.

"Schritt in Richtung Kreislaufwirtschaft"

Viereinhalb Jahre lang wurde im Projekt Life-Cycle-Engineering im konstruktiven Betonbau einerseits untersucht, wie man alte Betongebäude länger erhalten kann, andererseits, wie man Abbruchmaterial am besten verwerten kann. "Unser Ziel ist, einen Schritt in Richtung Kreislaufwirtschaft im Betonbau zu gehen", meinen Markus Vill, Leiter des Kompetenzzentrums für Bauen und Gestalten sowie Lehrgangsleiter Technische Gebäudeausstattung, Bau- und Sanierungstechnik für die Immobilienwirtschaft an der FH Campus Wien und sein wissenschaftlicher Mitarbeiter Marc-Patrick Pfleger, im Gespräch mit der futurezone.

Beton sei ein wertvolles Material, für dessen Erzeugung viel Energie aufgewendet und große CO2-Emissionen erzeugt werden,  meinen die Forscher. Auch Abbruchbeton sei eine wertvolle Ressource, die außerdem die Speicherfähigkeit von CO2 in neuen Bauwerken steigern kann.

In der Versuchskammer werden Betonblöcke mit konzentriertem CO2 behandelt

Erzeugung und Aufnahme von CO2

Bei der Betonproduktion wird CO2 vor allem bei der Herstellung des Bestandteils Zement erzeugt. Um dessen Klebefähigkeit zu erhöhen, werden seine Rohstoffe bei über 1400 Grad Celsius gebrannt. Dabei wird viel CO2 aus dem Rohstoff Kalkstein herausgebrannt. Der ganze Prozess ist außerdem sehr energieaufwendig, was bei Verwendung von fossilen Energieträgern zu zusätzlichen CO2-Emissionen führt.

Ist er einmal fertig, nimmt Beton allerdings auch wieder CO2 auf. Durch natürliche Carbonatisierung dringt das Treibhausgas langsam in die Oberfläche des Betons ein. Das erhöht einerseits die Festigkeit des Betons, andererseits greift das CO2 den Stahl an, der in Stahlbeton die so genannte Bewehrung bildet. "Deswegen legt man die Bewehrung jetzt tiefer in den Beton rein", meint Vill. Besonders weit kommt das CO2 aber nicht. In 50 Jahren dringt das Gas etwa bis 2 Zentimeter unter die Oberfläche vor.

Tiefer im Inneren

Wie die Wissenschaftler*innen der FH Campus Wien herausgefunden haben, kann man zur Betonherstellung jedoch auch alten Abbruchbeton verwenden. In diesem ist CO2 bereits gespeichert. Selbst wenn das Abbruchmaterial tief im Inneren des Betons sitzt, hat das Gas dort keine Auswirkungen mehr auf die Korrosion der Bewehrung. "Das Kohlendioxid ist in den Körnern des Abbruchbetons gebunden und bleibt dort auch so", sagt Vill. Kohlendioxid bekommt man auf diese Weise tiefer in den Betonquerschnitt hinein.

Mit einem neu entwickelten Verfahren kann die Speicherfähigkeit des Abbruchbetons aber noch zusätzlich erhöht werden. Der Abbruchbeton wird dabei in einem Kammer gesteckt und wird bei 40 Grad mit konzentriertem CO2 durchströmt. "Pro Millimeter dauert die CO2-Aufnahme natürlicherweise Jahre. Bei unserem Verfahren dauert es ein bis zwei Stunden", erklärt Pfleger. Das konzentrierte CO2 kommt aus Industrieprozessen, wo es als Nebenprodukt anfällt. In Versuchen wurde innerhalb von 24 Stunden 21 Gramm CO2 pro Kilogramm Beton aufgenommen.

Querschnitt durch einen Betonblock mit lila eingefärbten CO2-Einlagerungen

Zeit des Abbruchs

Der solcherart mit CO2 angereicherte und wiederverwertete Beton kann laut den Forschern für eine Vielzahl an Bauwerken eingesetzt werden. Das ist vor allem für die öffentliche Hand interessant. "Jetzt beginnt die Zeit, wo viele Brücken der 50er- und 60er-Jahre ihr Lebensende erreicht haben. Es ist vorteilhaft, wenn man schon im Vorfeld Überlegungen anstellt, wie das, was dabei an Abbruchmaterial anfällt, möglichst gut wiederverwendet werden kann", so Vill. In den kommenden Jahrzehnten seien im Zuge der Verkehrswende viele Bauprojekte im Infrastrukturbereich zu erwarten. Finanziell unterstützt wurde das Projekt von der Wiener Magistratsabteilung 23.

Bis zu einem konkreten Einsatz des neuen Verfahrens ist jedoch noch weitere Forschungsarbeit notwendig. "Wir haben noch einiges vor uns", meint Pfleger. Folgeprojekte seien bereits in Planung.

Dieser Artikel ist im Rahmen einer Kooperation zwischen futurezone und FH Campus Wien entstanden.

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David Kotrba

Ich beschäftige mich großteils mit den Themen Energie, Mobilität und Klimaschutz. Hie und da geht es aber auch in eine ganz andere Richtung.

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