Corona-Mutation: Sorge um Wirksamkeit von Impfstoffen
Es gibt zunehmend Hinweise darauf, dass einige neue Corona-Varianten resistenter gegenüber Immunantworten durch frühere Infektionen oder Impfungen sind. Das zeigen neue Daten, die diese Woche veröffentlicht wurden. Bei einigen Wissenschaftlern sorgt dies für Bedenken hinsichtlich der Wirksamkeit von Impfstoffen.
"Einige der Daten, die ich in den letzten 48 Stunden gesehen habe, haben mich wirklich erschreckt", wird Daniel Altmann, Immunologe am Imperial College London, im Fachmagazin Nature zitiert. Er befürchtet, dass die Erkenntnisse auf eine Verringerung der Wirksamkeit von COVID-19-Impfungen hindeuten können.
Insgesamt ist die Datenlage aber noch alles andere als eindeutig. So wurde bislang nur an einer kleinen Zahl von zuvor infizierten oder geimpften Menschen untersucht, wie gut die Antikörper im Blut die neuen Varianten neutralisieren. Eine umfassende Immunantwort des Körpers hätte noch weit mehr Komponenten.
Südafrikanische Variante
Die größten Sorgen bereitet den Wissenschaftlern die erstmals in Südafrika identifizierte Variante 501Y.V2. Veränderungen im Spike-Protein führen laut derzeitiger Datenlage dazu, dass sie außerdem ansteckender ist, als andere Coronavirus-Varianten.
Ein Team unter der Leitung von Tulio de Oliveira, einem Bioinformatiker an der Universität von KwaZulu-Natal in Durban, Südafrika, hat untersucht, wie Antikörper auf das neue Virus reagieren. Genutzt hat er Blutplasma von Menschen, die zuvor eine Corona-Infektion durchgemacht haben.
Sein Team fand heraus, dass die Neutralisierung von 501Y.V2 viel schlechter verlief als von Varianten, die früher in der Pandemie zirkulierten. Das Plasma einiger Menschen zeigte gegen 501Y.V2 zwar eine bessere Leistung als das anderer, aber in allen Fällen war die Antwort durch die Antikörper erheblich geschwächt.
"Es ist äußerst besorgniserregend", sagt de Oliveira. Auch eine separate Studie an der Universität Witwatersrand in Johannesburg liefert Hinweise, dass die Variante zumindest teilweise resistent gegen Antikörper früherer Infektionen ist.
Es ist äußerst besorgniserregend
Weitere Studien notwendig
Beide südafrikanische Teams werden in Kürze die 501Y.V2-Variante mit Plasma von Personen testen, die an COVID-19-Impfstoffstudien teilgenommen haben. Auch in anderen Laboren weltweit werden derzeit ähnliche Untersuchungen geplant.
Ein Team um Paul Bieniasz, Virologe an der Rockefeller University in New York City, hat Hinweise darauf, dass die Mutationen der Rezeptorbindung von 501Y.V2 nur zu einem leichten Rückgang der Wirksamkeit von Antikörper im Blut von Personen führt, die mit einem mRNA-Impfstoff geimpft waren. Dies sei “beruhigend”, allerdings seien noch mehr Untersuchungen notwendig.
Volker Thiel, RNA-Virologe an der Universität Bern in der Schweiz, geht davon aus, dass die durch die mRNA-Impfstoffe ausgelöste Immunantwort ausreichend sein müsste, um auch die neuen Varianten abzudecken. Es seien jedoch noch Studien notwendig.
Als sehr wahrscheinlich gilt jedenfalls, dass der Biontech/Pfizer-Impfstoff gegen die britische Mutation B.1.1.7 wirkt.
Nicht zwingend ein Problem
Auch wenn die durch die Impfung ausgelöste Immunantwort bei den neuen Varianten vielleicht schwächer ausfällt, muss das nicht zwingend ein großes Problem sein, meint Marion Koopmans, Virologin am Erasmus Medical Center in Rotterdam.
Es sei möglich, dass in Labortests zwar eine verringerte Immunantwort nachgewiesen werden kann, das in der Praxis aber keine Auswirkungen auf die Infektionsgefahr hat. Auch sei es immer schwierig festzustellen, ob die Infektion auf eine geschwächte Reaktion des Immunsystems oder auf eine Auswirkung der Mutation zurückzuführen sei.