Wie Digitalisierung den Zugang zu Ombudsstellen beeinflusst
Ombudsstellen sind ein wichtiges Instrument, um Bürger*innen eine Möglichkeit zu geben, Probleme mit Institutionen oder Unternehmen schnell, unbürokratisch und meist kostenlos zu lösen. Im Justizbereich gibt es in Österreich die Volksanwaltschaft, an die man sich wenden kann, wenn man sich von Behörden ungerecht behandelt fühlt und sich beschweren möchte. Ähnliche Einrichtungen gibt es in vielen Ländern der Welt. Die Art, wie Menschen mit Ombudsstellen interagieren, hat sich in den vergangenen Jahrzehnten durch die Digitalisierung stark verändert. An der FH Campus Wien wird nun erforscht, welche Auswirkungen die Digitalisierung auf Ombudsinstitutionen wie auch auf öffentliche Dienstleistungen hat und welche Erfahrungen Bürger*innen damit machen.
"Ich möchte herausfinden, was bezüglich der Herausforderungen die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen Ländern sind und dabei besonders die Perspektive der sozialen Ungleichheit einnehmen. Es ist bekannt, dass es für bestimmte soziale Gruppen schwierig ist, die Dienste von Ombudsstellen in Anspruch zu nehmen", sagt Julia Dahlvik, Lehrende im Studiengang Public Management und Forschende im Kompetenzzentrum für Verwaltungswissenschaften der FH Campus Wien. Sie führt das Projekt "Digital public services and omduds role in access to justice" im Rahmen ihrer Habilitation durch.
"Viele Menschen wissen nicht, dass es Ombudseinrichtungen gibt, an die sie sich wenden können. Andere erleben unterschiedliche Barrieren im Umgang damit." Ausschlaggebend dafür seien Faktoren wie sozioökonomischer Status, Bildung, Geschlecht oder Migrationshintergrund.
Digital Literacy
Die Digitalisierung habe sowohl positive als auch negative Veränderungen gebracht. "Bürger*innen sind dadurch flexibler und können auf Online-Dienste von Ombudsstellen zu jeder Zeit und an jedem Ort zugreifen. Wenn man aber gezwungen ist, bestimmte Dinge online zu erledigen, kann das zum Problem werden", sagt Dahlvik. "Nicht überall gibt es eine gute Internetverbindung, manche können sich die notwendige Ausrüstung dafür nicht leisten. Dann gibt es das Problem mit 'Digital Literacy', also mangelhaften digitalen Kompetenzen. Und manche Menschen wollen sich schlicht und einfach nicht mit den ‚auferzwungenen‘ digitalen Angeboten auseinandersetzen."
Während die Volksanwaltschaft sowohl ein Onlineformular zur Verfügung stellt als auch telefonisch erreichbar ist und einen zentralen Standort in Wien betreibt sowie Sprechtage in den Bundesländern anbietet, gibt es international große Unterschiede bei den Angeboten." Gerade in Ländern mit großen Territorien gibt es oft nur wenig Möglichkeiten, persönlich einen Termin wahrzunehmen. Aber auch bezüglich der Verfügbarkeit eines ausreichend guten Internetzugangs müssen wir zum Beispiel nicht nur an Länder des globalen Südens denken."
International seien Ombudsstellen weit verbreitet, in Ländern des globalen Nordens und Südens. "Früher hat man von Entwicklungsländern oder Dritte-Welt-Ländern gesprochen, aber heute kann man das nicht mehr so eindeutig zuordnen", meint Dahlvik. Sie will sozio-politische Maßstäbe wie den Human Development Index oder den Gini-Index , der sich auf Einkommens- und Vermögensverteilung einzelner Länder bezieht, heranziehen, um die Situation in einzelnen Ländern zu untersuchen. "Welche Länder das konkret sein werden, hängt davon ab, wo ich Feldzugang bekommen werde."
Kontakte
Dahlvik plant, rund um die Welt mit öffentlichen Ombudsinstitutionen in Kontakt zu treten, aber auch unabhängig davon Zugang zu Bürger*innen zu erhalten. Dabei helfen sollen etwa Nicht-Regierungs-Organisationen (NGOs). Mit Bürger*innen will die Forscherin qualitative Interviews führen, um Erfahrungen im Umgang mit den digitalen Angeboten der öffentlichen Verwaltung wie auch der Ombudsstellen zu sammeln. "Spannend wird die Frage sein, wie ähnlich die Herausforderungen sind, mit denen Bürger*innen trotz großer politischer und kultureller Unterschiede zu kämpfen haben."
Digitalisierung allein helfe laut Dahlvik im Übrigen nicht notwendigerweise, die Existenz von Ombudseinrichtungen bekannter zu machen. "Fast alle kämpfen damit, dass die Bevölkerung nicht über bestehende Möglichkeiten Bescheid weiß." Die Situation in Österreich - mit der sich Dahlvik in einem vorangegangenen Projekt beschäftigt hat - sei vergleichsweise gut. "Eine Fernsehsendung wie den 'Bürgeranwalt' zu haben, die wöchentlich zu einer guten Sendezeit ausgestrahlt wird und Fälle der Volksanwaltschaft schildert, das hätten viele Ombudsstellen gerne."
Generell sei die empirische Forschungslage zu Ombudsinstitutionen noch sehr dünn. Dahlvik hofft, mit ihrem Projekt eine Lücke zu schließen. Gefördert wird das Projekt, das bis Anfang 2027 laufen soll, durch das Elise-Richter-Programm des Wissenschaftsfonds FWF.
Dieser Artikel entstand im Rahmen einer Kooperation zwischen futurezone und FH Campus Wien.