Zukunft der Speichermedien: Durchbruch bei 2D-Material auf Silizium-Chips
Einer Faustregel nach verdoppeln sich die Transistoren auf Mikrochips etwa alle 2 Jahre, und damit auch ihre Leistung. Doch nach gut 50 Jahren, in denen dieses „Moore’s Law“ zutraf, schwächeln die Verbesserungen in der Chip-Entwicklung seit einiger Zeit. Auf immer kleineren Chips bringt Silizium – das hunderte Mikrometer dick aufgetragen wird – nicht mehr die erhoffte Leistungssteigerung.
Eine große Hoffnung, Chips wieder erheblich zu verbessern, sind sogenannte zweidimensionale Materialien. Sie sind sind weniger als einen Nanometer dick bzw. können in wenigen Atomlagen aufgetragen werden. Sie verfügen über außerordentliche elektrische Eigenschaften.
Einem Forschungsteam der Fudan University in Shanghai gelang nun ein Durchbruch mit einem derartigen Material. Vergangene Woche stellten sie einen vollausgestatteten 2D-Flash-Chip in der Fachzeitschrift Nature vor. Diese Art von Komponente dient als Speicherbaustein und ist etwa in USB-Sticks enthalten.
Ein Schritt von der Forschung in die Anwendung
Die Forscherinnen und Forscher haben dabei einen ultraschnellen 2D-Flash-Speicher in einen ausgereiften, siliziumbasierten Halbleiter, genauer einen CMOS („complementary metal-oxide-semiconductor“) integriert. Dadurch liefern sie ein Modell, um die nächste Chip-Generation von der Forschung in die Anwendung zu bringen, so die Universität in einer Aussendung.
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Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nannten ihre neue Technologie „ATOM2CHIP“. Der neuartige Chip erreicht im Betrieb bis zu 5 Megahertz und ist dabei laut Tom’s Hardware gleichzeitig weit sparsamer als heute geläufige Silizium-Chips. Der Energieverbrauch liegt bei 0,644 Picojoules pro Bit. Die 2D-Flash-Zellen zeichnen sich durch eine Betriebsgeschwindigkeit von 20 Nanosekunden aus.
Herstellung
Grundlage der Technologie sind herkömmliche CMOS aus der Massenproduktion mit einer Größe von 5 x 5 Millimetern. Diese wurden zunächst gereinigt und beschichtet und schließlich mit dem 2D-Material Molybdänsulfid überzogen. Dieses gilt als besonders flexibel.
Eine große Herausforderung dabei war, die Oberfläche des Chips so glatt wie nur möglich zu bekommen. Da auf Nanometer-Ebene dennoch Unebenheiten übrigbleiben, entwickelten die Forscherinnen und Forscher eine neue Überzugs-Methode, bei der das Molybdänsulfid sozusagen über die darunterliegenden Schaltkreise „floss“, damit es nicht bricht.
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Peng Zhou, Professor an der Fudan University und an der Forschung beteiligt, erklärt das auf der Universitäts-Webseite so: „Das ist, wie wenn man aus dem All auf Shanghai blickt. Es wirkt flach, aber innerhalb der Stadt gibt es Gebäude unterschiedlicher Höhe – über 400 Meter, 100 Meter, oder bloß ein paar dutzend Meter. Wenn man einen dünnen Film über die Stadt legen würde, wäre dieser Film nicht flach.“
Professor Peng Zhou (mit blauem Polo-Shirt) mit seinem Team.
© Fudan University
Schutz vor elektrostatischer Entladung
Doch auch nachdem dieser heikle Prozess geschafft ist, sind 2D-Materialien enorm empfindlich. Bei klassischen Verpackungsprozessen können sie durch elektrostatische Entladung großen Schaden nehmen. Für einen Menschen fühlt sich elektrostatische Entladung üblicherweise wie ein kleiner Schlag an – z.B. wenn man über einen Kunstfaserteppich geht und danach eine Türklinke angreift. Für einen Mikrochip gleicht eine derartige elektrostatische Entladung einem Blitzeinschlag, der große Teile der Schaltkreise zerstören kann.
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Das Forschungsteam hat deswegen einerseits schützende Komponenten in den neuartigen Chip eingebaut, die elektrostatische Spannungen umleiten können. Andererseits schlagen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler eine „2D-freundliche Verpackungsstrategie“ vor. Sie zeichnet sich im Vergleich zu herkömmlichen Verfahren durch niedrigere Temperaturen und weniger Druck aus.
Zukunft der Speichertechnologie?
Zhou geht davon aus, dass Speichermedien die ersten sein werden, die mit 2D-Technologie für den Massenmarkt verfügbar sein werden. Das liegt einerseits an vergleichsweise geringen Anforderungen an die Materialqualität und Herstellungsprozesse.
Andererseits gehe ihre Leistung weit über die von gegenwärtigen Technologien hinaus. Der Professor streicht hervor, dass China mit dieser Entwicklung die Führung in der nächsten Generation von Speicherchips einnehmen könne.