Wie elektronische Bauteile künftig schneller entwickelt werden können
Moderne Hightech-Geräte wie Smartphones, Computer oder Elektroautos setzen sich aus immer mehr elektronischen Bauteilen zusammen. Diese bestehen aus unterschiedlichsten Schichten und Materialien wie Metalle, Keramiken, Gläser oder Polymere mit verschiedenen physikalischen Eigenschaften. Sie alle erfüllen bestimmte Funktionen, passen materialwissenschaftlich aber nicht immer gut zusammen. So haften sie teilweise schlecht aneinander oder dehnen sich bei Erhitzung unterschiedlich stark aus.
Bei elektrischen Schaltvorgängen oder thermischer Belastung etwa entstehen hohe innere Spannungen. Diese können die Langlebigkeit des Produkts beeinflussen und zu Defekten oder Brüchen führen.
Testverfahren mit Grenzen
Um vorhersagen zu können, wie sich die finalen Bauteile unter solch erschwerten Bedingungen verhalten, braucht es effiziente Testverfahren. „In der industriellen Praxis beruhen die meisten Zuverlässigkeitsprüfverfahren auf thermischen (aufheizen – abkühlen) und elektrischen (ein- und ausschalten) Belastungszyklen. Allerdings sind diesen Testverfahren aufgrund der physikalischen Eigenschaften der elektronischen Geräte Grenzen gesetzt“, sagt die Materialforscherin Golta Khatibi von der TU Wien und vom Christian Doppler Labor für Lebensdauer und Zuverlässigkeit von Grenzflächen in komplexen Mehrlagenstrukturen der Elektronik.
Grundlagenforschung in Christian Doppler Labors
In Christian Doppler Labors wird international vernetzt anwendungsorientierte Grundlagenforschung betrieben. In der Materialwissenschaft zählt etwa die Erforschung und Entwicklung innovativer Testverfahren für die materialwissenschaftliche Prüfung zu den wesentlichen Bereichen.
Bauteile auf Lebensdauer und Zuverlässigkeit zu untersuchen, bringt nicht nur der Elektronik Vorteile, sondern auch der Medizin. Unter anderem spielt die Grundlagenforschung am CD-Labor in der Medizintechnik bei der Entwicklung von Implantaten zum Offenhalten von Gefäßen eine wesentliche Rolle.
Die CD-Labors werden von der öffentlichen Hand und den beteiligten Unternehmen finanziert.
Auch sind diese Methoden zeitintensiv und können monatelang dauern. Als Folge verzögert sich auch die Entwicklung der Endprodukte.
Schnellere Ultraschallmethode
Das soll sich in Zukunft ändern. „Die Grundidee besteht darin, die während des Betriebs auftretenden thermomechanisch induzierten Spannungen in einer Materialverbindung durch zyklische mechanische Belastungen zu ersetzen und die benötigte Zeit durch die Erhöhung der Testfrequenz erheblich zu verkürzen“, sagt Khatibi der futurezone.
Daher bringt das CD-Labor gemeinsam mit den Unternehmenspartnern F&S Bondtec Semiconductor GmbH und Infineon Technologies AG die sogenannte Ultraschallprüfung zur Anwendung. Konkret wird das Testverfahren zur Schwingungsanregung der Proben eingesetzt.
Testung in wenigen Stunden
Laut Khatibi werden so die relevanten Versagensmechanismen in den Materialgrenzflächen ausgelöst, wodurch Schwachstellen von Bauteilen schnell erkannt werden können. „Durch die relative periodische Bewegung der Bauteile von einigen zehntausenden Zyklen pro Sekunde, kommt es in kürzester Zeit zu den gewünschten Schädigungen der Schwachstelle“, sagt sie.
Die Verwendung verschiedener Konfigurationen dieses Aufbaus ermögliche die Prüfung von Modell-Teststrukturen sowie von Proben aus der Produktion und die Bewertung ausgewählter Grenzflächen oder Verbindungen in der Elektronik.
Hocheffizientes Instrument
Das Verfahren wirkt. Studien haben laut der Forscherin gezeigt, dass die Methode besonders gut für die Bewertung der elektronischen Bauteile geeignet ist. Zunächst wurde sie für Drahtbondverbindungen und Lötstellen in der Leistungselektronik mit besonders hohen Anforderungen an die Lebensdauer entwickelt und später für verschiedene Leiterplatten erweitert.
Der praktische Einsatz der Ultraschallprüfung sei laut der Materialforscherin ein hocheffizientes Instrument für das Screening, zur raschen Erkennung der Schwachstellen von Bauteilen und zur Ermittlung von Versagensursachen, wie sie in Entwicklung und Produktion von Mehrschichtsystemen für die optimale Materialauswahl und Prozessauslegung benötigt werden.
Erhebliche Kostenreduktion
Die Testung kann mit der Methode von mehreren Monaten auf nur wenige Stunden reduziert werden. Generell führe die Anwendung dieser Methode laut der Expertin unter anderem zu einer raschen Verbesserung von Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit, zumal Ausschuss- und Abfallraten auf diese Weise reduziert werden können. Weiters könne dadurch eine erhebliche Verkürzung des Zeitraums bis zur Markteinführung und damit eine Kostenreduktion erzielt werden.
Die Tätigkeit am 7-jährigen CD-Labor sei der Forscherin zufolge bald abgeschlossen – „wir setzen unsere Forschungsarbeiten in einigen Folgeprojekte fort.“
Dieser Artikel entstand im Rahmen einer Kooperation mit der Christian Doppler Forschungsgesellschaft (CDG).