
Weltraumschrott kann zur ernsthaften Gefahr für alle Satelliten werden.
Klimawandel kann zu zerstörerischer Kettenreaktion bei Satelliten führen
Ein Team des MIT (USA) und der University of Birmingham (Großbritannien) hat in einer neuen Studie simuliert, wie sich Treibhausgase auf die Thermosphäre und die Objekte darin auswirken. Die Thermosphäre beginnt auf einer Höhe von etwa 80 Kilometern und reicht auf etwa 700 Kilometer über der Erde.
In diesem Bereich befinden sich die meisten Kommunikations-Satelliten. Dazu zählen Tausende Starlink-Satelliten. Auch die Internationale Raumstation ISS ist in der Thermosphäre.
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Thermosphäre kühlt ab und zieht sich zusammen
Welchen Schaden CO2 und andere Treibhausgase in der Atmosphäre anrichten, wurde in der Vergangenheit hauptsächlich für die unteren Schichten untersucht, zum Beispiel für die Troposphäre, wo sich der Großteil des Wetters abspielt. Doch weil darüber, in der niedrigen Erdumlaufbahn, immer mehr und immer wichtiger werdende Satelliten kreisen, gerät nun auch diese Schicht in den Fokus der Forschung.

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Während CO2 in der Troposphäre dafür sorgt, dass Hitze „eingefangen“ wird und sich die Gesamttemperatur erhöht, hat es in der darüberliegenden Thermosphäre den gegenteiligen Effekt. Durch mehr CO2 kühlt diese Schicht ab und zieht sich dabei zusammen.
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Dichte der Thermosphäre sinkt
Die Dichte der Thermosphäre schwankt natürlicherweise in 11-Jahres-Zyklen: Bei niedriger Sonnenaktivität kühlt sie zeitweise ab und zieht sich zusammen, dehnt sich bei steigender Sonnenaktivität allerdings wieder auf ihre ursprüngliche Größe aus. In der Phase der Abkühlung werden Objekte in der Thermosphäre weniger stark abgebremst als sonst. Es wird dadurch schwieriger zu verhindern, dass Satelliten kollidieren.
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Treibhausgase verstärken die Abkühlung und Schrumpfung der Thermosphäre, und zwar über Jahrhunderte hinweg. Das hat zur Folge, dass alte Satelliten und Trümmer noch weniger stark abgebremst werden. Statt abzusinken und in niedrigeren Atmosphären-Schichten zu verglühen, bleiben sie in der Umlaufbahn.
Kessler-Syndrom droht
Doch: Je mehr Objekte – egal ob aktive Satelliten oder nicht verglühter Weltraumschrott – sich in der Umlaufbahn befinden, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit für Kollisionen. Im schlimmsten Fall kommt es zum Kessler-Syndrom, einer Kettenreaktion, die nahezu alle Satelliten in der entsprechenden Schicht zerstört.
Durch die Kollision zweier Satelliten entsteht ein fliegendes Trümmerfeld. Dieses kann weitere Satelliten treffen, wodurch auch das Trümmerfeld stetig anwächst, bis schließlich nahezu alle Flugkörper im All vernichtet sind. Der Ausfall von Satelliten hat weitreichende Folgen. Wetter- und Erdbeobachtung zur Katastrophenwarnung, militärische Überwachung, Logistiksysteme und die Steuerung autonomer Fahrzeuge sind neben der Internetversorgung Anwendungsgebiete.

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„In den vergangenen 5 Jahren wurden mehr Satelliten gestartet als in den vorhergehenden 60 Jahren zusammen. Wir wollen verstehen, ob dieser Weg, auf dem wir heute sind, nachhaltig ist“, erklärt Studienautor William Parker in einer Aussendung.
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Atmosphärische Kapazität für Satelliten sinkt
Die Forscher haben in ihrer Studie verschiedene Szenarien simuliert, um die jeweilige Tragfähigkeit des Orbits zu berechnen, also wie viele Satelliten sicher in niedriger Erdumlaufbahn kreisen können. Wenn der Treibhausgas-Ausstoß weiter zunimmt, können im Jahr 2100 auf einer Höhe von 200 bis 1.000 Kilometern deutlich weniger Satelliten sicher Platz finden.
Im schlimmsten Fall sinkt die Kapazität während hoher Sonnenaktivität um 50 Prozent, während niedriger Sonnenaktivität sogar um 66 Prozent. „In manchen Bereichen sind wir heute schon nah daran, die Kapazität auszureizen“, sagt Richard Lineares, der ebenfalls an der Studie beteiligt war. Die sicherste Methode, Kollisionen zu verringern, sei die Anzahl der Satelliten zu reduzieren.
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„Wir sind auf die Atmosphäre angewiesen, um unseren Weltraumschrott aufzuräumen. Und wenn sich die Atmosphäre verändert, verändert sich das Umfeld des Weltraumschrotts ebenso“, meint Parker. Langfristig müssten Treibhausgase unbedingt verringert werden.
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