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Voyager 1: Nicht mal ein Senderausfall stoppt die interstellare Sonde

Als die Raumsonde „Voyager 1“ vor wenigen Wochen plötzlich keine Daten mehr schickte, dachte die amerikanische Weltraumorganisation NASA, das außergewöhnliche Projekt wäre nun ans Ende gekommen. Alles fing damit an, dass die zuständigen Ingenieure mit einem Routinebefehl ein Heizsystem von Voyager für Messungen aktivieren wollten. 2 Tage später stellten sie fest, dass sie so versehentlich ein Schutzsystem ausgelöst hatten.  

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Fast vergessener Sensor meldete sich

Dieses schaltete den Transmitter ab, der bisher Daten aus dem interstellaren Raum zur Erde sendete. Bisher sendete dieser die Daten in einem X-Band-Frequenzbereich, der normalerweise zwischen 8 und 12 Ghz liegt. So konnte der Sender Daten mit relativ hoher Geschwindigkeit aus dem entfernten All zur Erde schicken.

Als der Transmitter ausfiel, brach die Kommunikation zur Voyager 1 vollständig ab, bis sich überraschend ein zweites, fast in Vergessenheit geratenes, alternatives System aktivierte. Ein sogenannter S-Band-Transmitter, der als Back-up-Lösung gedacht war. Damals wurde er eingebaut, weil man weiß, dass kosmische Strahlung Elektronikkomponenten zerstören kann.

Das letzte Mal wurde der Transmitter 1981 benutzt. Er sendet allerdings mit niedrigerer Frequenz. Dadurch kommen weniger Daten an und die Übertragung dauert länger.

Die NASA zeigt in einem Modell die exakte Position der Voyager 1. 

Zur Mission

Voyager 1 und Voyager 2 sind robotische Raumsonden zur Erkundung des Sonnensystems und des interstellaren Raums, die 1977 losgeschickt wurden

Der interstellare Raum ist der Bereich zwischen den Sternensystemen innerhalb einer Galaxie

24 Milliarden Kilometer von der Erde entfernt bewegt sich Voyager 1 derzeit mit 61.000 km/h durch den interstellaren Raum

Überraschend langes Leben einer Sonde

Mit einer Distanz von über 24 Milliarden km von der Erde hat sich Voyager 1 weiter von uns entfernt, als irgendein menschengemachtes Objekt zuvor. Vor 47 Jahren hat die Sonde mit einer Rakete vom Space Launch Complex 41 im US-Bundestaat Florida aus ihre Reise angetreten – etwa 2 Wochen, nachdem ihre Zwillingssonde Voyager 2 gestartet war. 

Damals wollte man mit den Instrumenten an Bord mehr über die Planeten Jupiter und Saturn erfahren. „Voyager 1 ist insofern einmalig, weil sie einen zweifachen Nutzen hat. Sie nahm Messungen in unserem Sonnensystem vor und jetzt auch außerhalb“, erklärt Bruno Besser vom Grazer Institut für Weltraumforschung. Im März 1979 passierte die Sonde den Jupiter und machte davon erstmals Fotos, die eine wichtige Grundlage für dessen spätere Erforschung waren. Im November machte sie das Gleiche mit dem Saturn. 

Historische Aufnahme, die Voyager 1 beim Vorbeiflug vom Jupiter machte. 

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Am 25. August 2012 erreichte die Raumsonde Voyager 1 schließlich als erstes menschengemachtes Objekt überhaupt den interstellaren Raum, von wo sie seither verschiedene Messdaten zur Erde schickt. Damit könnte nun bald Schluss sein.

"Natürlich ist es traurig, wenn wir draußen nicht mehr messen können, aber die Welt wird sich trotzdem weiterdrehen. Die Sonde hätte auch schon beim Start kaputtgehen können. Nachdem die Sonde schon so viel geliefert hat, ist alles was noch kommt, nur mehr ein Zusatznutzen", erklärt Besser: "Es ist eines der erfolgreichsten Projekte überhaupt, weil damals niemand damit gerechnet hat, dass eine Sonde, die1977 startet, heute noch funktionieren wird."

Einst stand die Raumsonde in den Hallen der NASA - dann brach sie zu einer jahrzehntelangen Reise auf.

Funk aus dem interstellaren Raum

Wissenschaftler sind sehr dankbar für die Messdaten aus dem interstellaren Raum. "Wir können diese Bereiche normalerweise nur durch Spektroskopie oder indirekte Methoden erkennen. Die Voyager-Sonden sind die einzigen, die außerhalb der Einflusssphäre der Sonne sind und die dort tatsächlich Sachen messen können", erklärt der Weltraumexperte.

Dazu gehören das Magnetfeld, die herrschende kosmische Strahlung von anderen Sternen und Teilchen. Zwar wäre es technisch möglich gewesen, dort neue Sonden hinzuschicken, die optimal für die Erforschung dieses Raumes ausgestattet wären. Aber das sei zu teuer, erklärt Besser. "Es gibt halt nur einige Tausend Wissenschaftler, die daran interessiert sind. Das ist zu wenig, um die NASA von einem Bau einer Multi-Millionen-Dollar-Sonde zu überzeugen", erklärt Besser.

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Zu wenig Energie für den Vollbetrieb

„Das Team sammelt nun Informationen, mit denen sie herausfinden wollen, was passiert ist. Dann wollen sie die Voyager 1 wieder in den Normalbetrieb versetzen“, sagt die NASA. Ob das gelingt, ist ungewiss. Wie lange die Voyager-Mission noch andauern wird, ist auch nicht klar. Denn wenn die Messgeräte oder Kommunikationsgeräte kaputt gehen, kann man nicht hinfliegen und sie reparieren. „Immer, wenn man ein Instrument anschaltet, besteht die Gefahr, dass das gesamte System zusammenbricht“, sagt Besser. 

Schon lange muss die Voyager 1 mit einer extrem dürftigen Energieversorgung leben: Die alternden Radionuklidbatterien, die das Raumfahrzeug antreiben, liefern von Jahr zu Jahr weniger Energie. Immer wieder müssen sich die Forscher deshalb darum streiten, welche Messgeräte weiter betrieben werden. So wurde etwa das Heizsystem, dessen Einschalten zum Ausfall der X-Band-Kommunikation führte, für bestimmte Messungen benötigt.

Die NASA rechnet mit einem Betrieb der Sonde bis in die 2030er-Jahre. Am Treibstoff liegt es jedenfalls nicht, dieser würde bis 2040 reichen. An einem Himmelsobjekt direkt würde die robotische Sonde ohnehin nicht mehr vorbeikommen. Erst in 40.000 Jahren würde sie in die Nähe eines Sterns kommen, meint Besser.

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Jana Unterrainer

Überall werden heute Daten verarbeitet, Sensoren gibt es sogar in Arktis und Tiefsee. Die Welt hat sich durch die Digitalisierung stark verändert. Das interessiert mich besonders, mit KI und Robotik steigt die Bedeutung weiter enorm.

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