Feststoffakkus versprechen doppelte Kapazität für E-Autos
Eine der vielversprechendsten Technologien zur Verbesserung von Sicherheit und Reichweite von E-Autos sind Feststoffakkus, bei denen der flüssige Elektrolyt, der in heutigen Akkus den Lithium-Ionen die Bewegung zwischen den Elektroden erlaubt, durch ein festes Material ersetzt wird. Das soll Energiespeicher ermöglichen, die sicherer sind und eine höhere Energiedichte pro Kilogramm aufweisen.
Firmen wie BMW, Honda oder Nissan entwickeln entweder selbst entsprechende Akkus oder haben Partnerschaften mit spezialisierten Unternehmen geschlossen. Toyota und auch Dyson, bislang hauptsächlich für Staubsauger bekannt, haben sogar schon angekündigt, dass ab Anfang beziehungsweise Mitte der 2020er-Jahre erste Feststoffakkus für Autos auf den Markt kommen sollen. „Von einem Hype würde ich noch nicht sprechen, aber in den vergangenen Jahren ist deutlich mehr investiert worden“, sagt Martin Finsterbusch, der am Institut für Energie- und Klimaforschung im Forschungszentrum Jülich das Team Festkörperbatterien leitet.
Grundlagen
Trotz der hohen Investitionen - Dyson will angeblich mehr als eine Milliarde Euro in die Entwicklung stecken - ist die Forschung noch im Grundlagenstadium. Erste Festkörperakkus sind zwar bereits erhältlich, diese sind aber für Anwendungen in Bereichen wie dem Internet der Dinge, wo ganz andere Anforderungen als im Automobilbereich gelten, ausgelegt. Zudem funktionieren diese Zellen erst ab 60 Grad Celsius optimal. Grundsätzlich gibt es aktuell zwei konkurrierende Ansätze für Feststoffakkus:
Ein Konzept, das auch die Forscher in Jülich verfolgen, setzt auf Keramik als Elektrolyt, das andere auf Polymere. „An der Zellchemie selbst ändert sich für die Autobauer vorerst nichts, es sind immer noch Lithium-Ionen, die durch den Elektrolyt fließen“, erklärt Finsterbusch. Möglich wären aber auch andere Ladungsträger. In Jülich werden beispielsweise auch Festkörperbatterien auf Natrium-Ionen-Basis entwickelt. Welches Konzept sich durchsetzen wird, ist heute noch nicht entschieden. Polymere bieten den Vorteil, dass sie besser mit heutigen Produktionsprozessen gebaut werden könnten und auf günstigere Materialien setzen, Keramiken bieten höhere Leitfähigkeit und können unter Umständen bei tieferen Temperaturen betrieben werden.
Sicherheit
„Das letzte, was in einem entsprechenden Elektroauto übrigbleiben würde, wenn es abbrennt, wäre die keramische Zelle“, sagt Finsterbusch. Auch polymerbasierte Akkus versprechen höhere Sicherheit als aktuelle Akkus, die wie etwa Samsungs Galaxy Note 7 gezeigt hat, zu Kurzschlüssen neigen. Zudem können Feststoffakkus theoretisch eine Energiedichte erreichen, die zweimal so hoch ist, wie bei gängigen Lithium-Ionen-Akkus. "Lithium-Ionen-Akkus erreichen heute etwa 250 Wh/kg. Mit festen Elektrolyten sollten 500 Wh möglich sein. Zudem lässt sich wahrscheinlich auch die maximale Spannung steigern", sagt Finsterbusch. Die höhere Sicherheit könnte es zudem erlauben, zumindest teilweise auf einige Vorsichtsmaßnahmen wie Kühlung, schützende Stahlkonstruktionen oder Steuerungselektronik zu verzichten. Die kalendarische Haltbarkeit soll ebenfalls besser sein:
"Wenn ich ein modernes E-Bike über den Winter in der Garage stehen habe, ist das für den Akku etwa so beanspruchend, wie wenn ich den ganzen Sommer lang jeden Tag damit fahren würde. Feste Elektrolyte können länger gelagert werden, ohne dass mit Einbußen gerechnet werden muss", sagt Finsterbusch. Potenzial gibt es auch beim Schnellladen abzuschöpfen. Je nachdem. welche Elektrodenmaterialien zum Einsatz kommen, könnten Feststoffakkus sehr schnell geladen werden. Das konnte mit Dünnschichtverfahren bereits gezeigt werden. Hier kommt eine amorphe Keramik, also ein Glas, als Elektrolyt zum Einsatz. Solche Zellen haben aber eine sehr geringe Kapazität.
Ein Nachteil von Feststoffakkus ist, dass die Ausgangsmaterialien für die Herstellung teurer sind. Wie sich das auf die Kosten für Akkupakete auswirkt, ist heute kaum abschätzbar. „Bei Autos ist der Preis alles. Wo der liegen wird, hängt vom jeweiligen Verfahren und von Einsparmöglichkeiten bei der Packung ab. Damit haben wir aber noch keine Erfahrung. Unsere Hoffnung ist, dass deutliche Einsparungen durch weniger aufwendige Sicherheitsmaßnahmen sich hier bemerkbar machen. Derzeit konzentrieren wir uns darauf, skalierbare Verfahren für die Herstellung größerer Zellen zu entwickeln“, sagt Finsterbusch. Vor diesem Hintergrund scheint eine Markteinführung von Feststoffakkus Anfang oder Mitte der 2020er-Jahre optimistisch. „Zumindest Prototypen halte ich bis 2025 durchaus für vorstellbar. Welche Art von Feststoffakkus das sein werden und wie hoch die Stückzahlen sind, kann ich nicht einschätzen“, sagt Finsterbusch.