Fusionsdurchbruch in den USA soll zu richtigem Kraftwerk führen
2022 gelang Forscher an der National Ignition Facility am US-amerikanischen Lawrence Livermore National Laboratory ein Durchbruch. Erstmals konnte mehr Energie aus einer Kernfusionsreaktion gewonnen werden, als es gebraucht hat, um sie in Gang zu setzen. Das Start-up Inertia versucht nun, diesen wissenschaftlichen Durchbruch auch kommerziell umzusetzen.
Gegründet wurde es unter anderem von der Nuklearphysikerin Andrea Kritcher, der Leiterin und Konstrukteurin der Tests aus dem Jahr 2022. Für die nötige Finanzspritze sorgt der US-Unternehmer Jeff Lawson, der mit seiner Cloud-Kommunikationsplattform Twilio zum Milliardär wurde.
"Es gibt eine Menge Start-ups, die Kernfusion mit verschiedenen Methoden verfolgen", sagt Lawson gegenüber Fast Company. "Aber keines von ihnen stützt sich wirklich auf Livermore und entwickelt das, was jetzt in Livermore funktioniert, zu einem funktionierenden Kraftwerksentwurf weiter."
Leistungsstarke Laser nötig
Im Experiment des Labors im Jahr 2022 wurden 192 leistungsstarke Laser auf ein winziges Döschen gerichtet, einen sogenannten Hohlraum. In dieser milimetergroßen Dose aus Gold befand sich ein gefrorenes Kügelchen des Fusionsbrennstoffs Deuterium. Die Forscher schossen dabei mit den Lasern auf die Innenseite der Golddose, die dadurch Röntgenwellen abstrahlte. Diese Wellen erhitzten wiederum einen sogenannten “Hot Spot” auf dem Brennstoffkügelchen, der die Fusionsreaktion zündet.
In so einem Gold-Hohlraum spielt sich die Reaktion ab.
© LLNL
Das Ergebnis: Etwa 2 Megajoule (0,5 Kilowattstunden) brauchte es, um die Fusion in Gang zu setzen, rund 3 Megajoule (0,8 Kilowattstunden) wurden bei der Fusion selbst freigesetzt. In den vergangenen Jahren konnte die Energieausbeute zudem deutlich gesteigert werden und lag zuletzt bei 8,6 Megajoule, also 2,4 Kilowattstunden. Das ist etwa ein Drittel eines Tagesverbrauchs eines durchschnittlichen Haushalts.
Energieausbeute immer noch negativ
Das Problem: Die Laser selbst brauchen für ihren Betrieb ein Vielfaches der Energie, die sie in den Hohlraum abgeben können. Insgesamt ist die Energieausbeute daher immer noch klar negativ.
Doch das soll sich ändern. "Die Laser sind ineffizient und basieren auf einer sehr alten Technologie", sagt Kritcher. Die Laser sind auch viel kleiner als sie in einem Kraftwerk sein müssten. Das Experiment "war nie dazu gedacht, mehr Energie zu erzeugen, als wir aus der Steckdose ziehen", stellt sie fest.
Stärkere, modernere Laser sollen das Problem überwinden. "Erstens müssen wir den energiereichsten Laser der Welt bauen - einen riesigen Laser, der weitaus energiereicher und leistungsfähiger ist als der, den die National Ignition Facility hat, aber auch physisch viel kleiner ist", sagt Lawson.
Laserstrahlen treffen auf das Goldröhrchen mit dem Brennstoff.
© NIF
Und zweitens müssten auch die Brennstoffkapseln in Serie hergestellt werden. Das ist gar kein leichtes Unterfangen, denn selbst geringste Unebenheiten in der Kapsel oder minimale Verformungen des Brennstoffkügelchens entscheiden darüber, ob eine Fusion erfolgreich ist oder nicht. Ist das geschafft, beginnt erst der Bau des Kraftwerks, in dem die entstehende Wärmeenergie auch in elektrischen Strom umgewandelt werden kann.
Funktionierendes Kraftwerk in 12 Jahren
Das Start-up will 18 Monaten erste Designs für den Hohlraum und die Laser erarbeiten. In 3 bis 4 Jahren sollen einfache Versionen für die Montage der beiden Schlüsseltechnologien zur Verfügung stehen. Das Team schätzt, dass ein funktionierender Prototyp in etwa 10 Jahren möglich sein könnte. Eine Anlage mit 1,5 Gigawatt Leistung - genug für eine mittelgroße Stadt - könnte in 12 Jahren stehen.
Kritcher wird allerdings weiterhin an der National Ignition Facility arbeiten, während das Start-up aufgebaut wird. Das Unternehmen hat fast 200 Patente des Labors lizenziert, die sich mit dem Erreichen der Fusionszündung beschäftigen.
Aber auch das staatliche Forschungslabor soll von dem Start-up profitieren. Dort besteht nämlich nur die Möglichkeit, einige Male im Jahr Experimente durchzuführen, um die Energieausbeute zu optimieren. Im Start-up sollen Designänderungen - auch dank KI - deutlich schneller möglich sein.