Science

Gehirn als Schlachtfeld: Forscher warnen vor "Brain Weapons"

Im Oktober 2002 kam es im Moskauer Dubrowka-Theater zu einer Geiselnahme, bei der dutzende Terroristen mehr als 850 Menschen in ihre Gewalt gebracht haben. Eine Spezialeinheit des russischen Inlandsgeheimdienstes FSB pumpte eine Gasmischung aus Carfentanyl und Remifentanil in den Theatersaal, wodurch alle Personen betäubt wurden. 

Daraufhin stürmten die Spezialeinheiten das Theater und töteten alle Terroristen. 125 Geiseln kamen zu Tode, weil die Rettungskräfte nicht wussten, wie sie die betäubten Personen behandeln sollten. Viele weitere Geiseln litten unter den Spätfolgen des Gaseinsatzes. 

Dieser gezielte Einsatz von starken Opioiden, um Attentäter außer Gefecht zu setzen, nehmen 2 britische Wissenschaftler als Beispiel, um vor so genannten "Brain Weapons" (Gehirnwaffen) zu warnen. Durch die Verwendung von fortschrittlichen Chemikalien könnte ihnen zufolge nämlich das Gehirn zum Schlachtfeld werden. 

➤ Mehr lesen: Warum Atombomben in einer Halle mit Spiegeln gelagert werden sollen

Waffen, die das Gehirn angreifen

Michael Crowley und Malcolm Dando von der Universität Bradford zeigen in ihrem Buch "Preventing Weaponization of CNS-acting Chemicals: A Holistic Arms Control Analysis" auf, wie solche "Brain Weapons" funktionieren, wozu sie genutzt werden können und wie man sie regulieren könnte. 

Bei sogenannten "CNS-acting Chemicals" handelt es sich um Wirkstoffe, die auf das zentrale Nervensystem wirken (CNS - Central Nervous System). Solche chemischen Stoffe können für medizinische Zwecke im Bereich der Anästhesie, Neurologie oder zur Bekämpfung von Depressionen angewandt werden. 

Die Forschung in diesen Bereichen schreite rasant voran, schreiben die Buchautoren. Das führt die Wissenschaft in ein "Dual Use"-Dilemma. Denn einerseits könnten die Erkenntnisse aus der Forschung im medizinischen Bereich für zivile Zwecke genutzt werden. Andererseits würden sich die erforschten Wirkstoffe auch für den militärischen Einsatz eignen. 

➤ Mehr lesen: USA fürchtet sich zunehmend vor KI-generierten Biowaffen

Manipulation von Bewusstsein

In einem solchen Zusammenhang könnten derartige Gehirnwaffen zur "Sedierung, Verwirrung, Bewusstseinsveränderung, Halluzinationen, Bewusstlosigkeit - oder sogar zur Unterwerfung und Kontrolle von Personen" herangezogen werden, so die beiden Wissenschafter gegenüber dem Guardian.

Diese "Brain Weapons" unterscheiden sich von klassischen chemischen oder biologischen Waffen, bei denen es darum geht, Menschen zu töten, zu verletzen oder krank zu machen. Die Bedrohung durch diese neue Art von Gehirnwaffe bestehe nicht mehr nur darin, Soldaten bewusstlos zu machen. 

Vielmehr gehe es laut den britischen Forschern um ausgeklügelte und zielgerichtete Manipulation von Bewusstsein, Wahrnehmung und Erinnerung. Die Forscher beschreiben ein Szenario, in dem Chemikalien eingesetzt werden könnten, um zivilen Widerstand zu unterdrücken oder Truppen zielgerichtet zu desorientieren.

➤ Mehr lesen: Warum sieht man vertikale Rauchstreifen bei Atombomben-Explosionen?

Ein Ausblick

Michael Crowley und Malcolm Dando wollen mit ihrem Buch einen Weckruf an die internationale Community richten. Sie wollen das Risiko aufzeigen, das durch einen möglichen Missbrauch neurologischer Forschung entsteht. Gleichzeitig liefern sie Vorschläge, wie man die Kontrolle und Ethik in diesem Bereich stärken kann, ohne legitime Forschung zu behindern. 

Sie plädieren dafür, dass die bestehenden internationalen Abkommen, wie die Chemie- und Biowaffenkonvention, dahingehend angepasst werden. Außerdem sollten entsprechende Kontrollmechanismen aufgebaut werden. Gleichzeitig wollen sie das Bewusstsein für einen derartigen Missbrauch in der wissenschaftlichen und medizinischen Community stärken.

➤ Mehr lesen: China simuliert dreifachen Nuklearschlag auf selbes Ziel

Warum die futurezone Partnerlinks einsetzt

Unsere Artikel entstehen in redaktioneller Unabhängigkeit. Die futurezone kann aber eine Provision erhalten, wenn ihr über einen der verlinkten Shops etwas kauft. Was das bedeutet, erfahrt ihr hier.

Klicken Sie hier für die Newsletteranmeldung

Hat dir der Artikel gefallen? Jetzt teilen!