Science

Infineon Österreich erreicht Meilenstein bei Chipherstellung

Computerchips sind die Grundbausteine der modernen Welt: Sie stecken in Handys, Autos, Satelliten und Herzschrittmachern. Ohne diese Mikroelektronik funktioniert kaum mehr etwas. 

➤ Mehr lesen: Snapdragon 8 Elite: Neuer Hochleistungs-Chip für Smartphones

Die zugrunde liegende Halbleiter-Technologie ist deshalb sogar zu einem weltpolitischen Streitthema geworden – ihr wird mittlerweile eine ähnlich große Bedeutung wie dem Öl zugeschrieben. Die meisten Unternehmen an der Spitze dieser Revolution haben ihren Sitz in den USA und Asien. Aber auch in Europa gibt es sie: Mit Infineon hat einer der weltweit führenden Hersteller sogar einen Standort in Österreich.

Über 50 Prozent der Smartphones weltweit enthalten Mikrochips von Infineon, sagt das Unternehmen. „Nachdem Sie aufgestanden sind, dauert es keine 10 Sekunden, bis Sie mit einem Chip zu tun haben und sei es nur, wenn man das Handy in die Hand nimmt“, sagt der Chemiker Michael Sorger von Infineon. Der österreichische Infineon-Ableger hat in jüngster Zeit doppelt aufhorchen lassen, da sie 2 neue, weltweit einzigartige Wafer vorgestellt haben.

Fakten

Halbleiter
sind Materialien, die nur unter bestimmten Bedingungen Strom leiten – das bekannteste ist Silizium. Sie sind in der modernen Technik unverzichtbar und bilden die Basis von Mikroprozessoren, Schaltungen, Speicher und Kommunikationskomponenten in den Geräten.

Wafer
sind dünne Scheiben aus Halbleitermaterial, aus denen man dann bis zu 200.000 Mikrochips schneidet. Diese werden dann in Plastikhüllen gesteckt und in Computer, Autos und Smartphones verbaut.

Silicon Valley in Villach

Als Grundstoff für diese Wafer-Scheiben wird in der Regel Silizium verwendet. In der Natur kommt das in Sand vor. Silizium leitet unter bestimmten Bedingungen Strom, unter anderen jedoch nicht – deshalb ist es ein sogenannter Halbleiter. „Man kann sich das wie einen Lichtschalter vorstellen, nur dass die Betätigung nicht mit dem Finger passiert, sondern elektronisch über einen Mikrocontroller“, erklärt Sorger, der am Infineon Standort in Villach seit den 2000er-Jahren neue Wafer entwickelt.

Silizium hat sich in den vergangenen 50 Jahren als Halbleiter-Standard etabliert. Wegen seiner enormen Bedeutung ist auch Namensgeber für das Silicon Valley, übersetzt: „Siliziumtal“.

Die Wafer von Infineon werden dann zerschnitten und zu verschiedenen Produkten weiterverarbeitet. Neben Chips zählen dazu auch Transistoren. 

Viel Energie, wenig Platz

In den Jahrzehnten wurden die Chips immer kleiner und leistungsstärker. „Wir sprechen etwa immer mehr über das Thema KI. Es gibt Berichte, dass der Strombedarf dafür explodiert. Damit steigt auch der Bedarf an Rechenzentren. Mit der Leistungsfähigkeit der Chips, die wir vor 10 oder 20 Jahren hatten, würde ein Rechenzentrum, das jetzt so groß wie ein Gebäude ist, etwa die Größe von New York haben“, erklärt der Physiker Martin Pölzl. Deshalb konzentriert sich Infineon besonders auf die Leistungsdichte der Chips. „Das heißt, wie viel Leistung man auf einem Chip auf möglichst kleiner Fläche unterbringt“, so Pölzl. 

Kürzlich präsentierte Infineon die bisher dünnsten Silizium-Power-Wafer der Welt aus einem bestimmten Silizium-Halbleitermaterial. Mit nur 20 Mikrometern sind sie etwa ein Viertel so dick wie ein durchschnittliches menschliches Haar. Infineon hat es damit geschafft, Chips zu entwickeln, die nur halb so dick sind wie vergleichbare Produkte. So wird die Elektronik effizienter, kleiner und es entsteht weniger Wärme. „Die Silizium-Scheibe hat immer eine gewisse Dicke. Wenn man sie dünner macht, verkürzen wir den Weg, des Stromes durch dieses Silizium und damit auch den Widerstand, der gleichzeitig Verlust ist“, erläutert Pölzl. Weil die Kühlung für Rechenzentren extrem teuer sei, könne man mit diesen dünneren Chips Millionen sparen.

Das ist der neue Wafer aus Galliumnitrid, den Infineon kürzlich vorgestellt hat. 

„Gleichzeitig sehen wir aber, dass wir mit Silizium an Grenzen stoßen, was die Performance anbelangt“, erklärt Pölzl. So würden Besitzer von Elektroautos ihre Fahrzeuge beispielsweise immer schneller laden wollen. 

„Man will eine Batterie innerhalb von 5 Minuten aufgeladen haben. Eine Batterie mit 100 Kilowattstunden in fünf Minuten aufladen – da sprechen wir von einer Ladeleistung von einem Megawatt. Um das wirklich ins Auto und die Batterie hineinzukriegen, braucht man extrem leistungsfähige Elektronik“, erklärt Sorger. Deshalb entwickelt Infineon neben Silizium-Chips auch modernere Technologien mit neueren Halbleitermaterialien auf Basis von Siliziumkarbid und Galliumnitrid.

➤ Mehr lesen: AT&S: Vom Computer direkt in die Produktion

Hoffnung Galliumnitrid 

Letzteres setzt man v. a. bei hohen Frequenzen und überall dort ein, wo schnelles Schalten erforderlich ist. Es handelt sich um einen künstlich hergestellten Kristall. „Etwa bei Abfragen über ChatGPT. Da müssen irrsinnig schnell gewaltige Energiemengen fließen, um die KI Prozessoren mit Strom zu versorgen. Mit Galliumnitrid und dessen Schnelligkeit ist man bei dieser Anforderung ganz vorne dabei“, erklärt Sorger. 

Auch bei diesem Produkt ist Infineon Österreich nun ein Durchbruch gelungen. „Galliumnitrid gibt es schon eine ganze Weile, aber es ist ein sehr teurer Rohstoff“, erklärt Sorger. Solche Elemente würden derzeit etwa 2- bis 3-mal so viel wie jene aus Silizium kosten.  

Auch waren größere Scheibendurchmesser bisher eine ungelöste Herausforderung. Nun hat Infineon einen 300-Millimeter-Galliumnitrid-Wafer vorgestellt, der etwa 30 Prozent größer ist als Konkurrenzprodukte. „Das bedeutet mehr Bauteile auf einer Scheibe, effizientere Herstellung und attraktivere Kosten. Man kann damit kleinere Strukturen mit noch höheren Energien realisieren. Galliumnitrid kann außerdem mit höheren Temperaturen als Silizium betrieben werden“, sagt Sorger.

700 Einzelschritte 

Der Weg dorthin war lang: Es dauert zwischen 3 und 5 Jahre, bis eine neue Chipgeneration entwickelt wird. Bei der Forschung kooperiert Infineon mit Universitäten im In- und Ausland. Auch die Chipfertigung ist anspruchsvoll und umfasst über 700 Einzelschritte. Die Wafer werden beschichtet, belichtet und die Schaltkreise eingeätzt. Aus einer Halbleiter-Scheibe entstehen so Hunderttausende Mikrochips, die wiederum in unseren elektronischen Geräten zum Einsatz kommen.  

Neben Infineon Austria gibt es hierzulande auch andere erfolgreiche Betriebe, die Mikroelektronik entwickeln. Hier etwa ein Mitarbeiter vom steirischen Leiterplattenhersteller AT&S.

Mikroelektronik "Made in Austria"

Wer an die fortschrittlichen Technologien denkt, die in unseren Smartphones zum Einsatz kommen, denkt meistens an Fabriken und Labore in weit entfernten Ländern. Aber auch in Österreich gibt es eine Tech-Industrie, deren Produkte international in der Topliga spielen. 

Neben Infineon ist etwa das in der Steiermark ansässige Unternehmen AT&S ein international gefragter Hersteller von elektronischen Komponenten wie Leiterplatten, die etwa in der Autoindustrie verwendet werden. Viele Autobauer und deren Zulieferer zählen etwa zu den Kunden des Unternehmens aus der Steiermark. 

Aber auch andere österreichische Unternehmen gelten als international gefragte Entwickler und Hersteller von Mikroelektronik-Komponenten für diverse Geräte.
Auch der niederländische Halbleiterhersteller NXP schätzt die österreichische Mikroelektronik-Expertise und betreibt deshalb einen Standort im steirischen Ort Gratkorn. Eine Fertigungsstätte hat auch der deutsche Halbleiterhersteller Siltronic bei uns.   

Das ebenfalls in der Steiermark beheimatete Unternehmen AMS-Osram stellt hochmoderne Sensoren und Beleuchtungstechnologien her, bei denen ebenfalls Halbleitertechnologien zum Einsatz kommen. In der Vergangenheit zählte das Unternehmen etwa Apple zu seinen Kunden.

Beleuchtungstechnologien stellt auch das österreichische Unternehmen ZKW her. Spezielle Chipsätze für die Auto- und Flugzeugindustrie baut wiederum das Wiener Unternehmen TTTech.  

Klicken Sie hier für die Newsletteranmeldung

Hat dir der Artikel gefallen? Jetzt teilen!

Jana Unterrainer

Überall werden heute Daten verarbeitet, Sensoren gibt es sogar in Arktis und Tiefsee. Die Welt hat sich durch die Digitalisierung stark verändert. Das interessiert mich besonders, mit KI und Robotik steigt die Bedeutung weiter enorm.

mehr lesen