AT&S stellt Leiterplatten und IC-Substrate her.

AT&S stellt Leiterplatten und IC-Substrate her.

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AT&S: Vom Computer direkt in die Produktion

Am 30. Mai 1978 bekamen die Anwesenden eines Treffens des Vereins der deutschen Ingenieure etwas Besonderes zu sehen. Ein Militärflugzeug flog in ein Atomkraftwerk - als Computersimulation selbstverständlich. Die Methode, einen Unfall auf einem Computer zu simulieren, war damals eine Neuheit und zog die Aufmerksamkeit der Automobilindustrie auf sich.

Mitte der 1980er-Jahre kollidierte ein VW Polo erstmals komplett digital mit einer starren Betonbarriere. Für die Industrie war das ein enormer Fortschritt, Crashtests waren - wie man sich vorstellen kann - äußerst aufwändig und sehr teuer. Erstmals konnte man am Computer berechnen, welche Kräfte auf welche Teile des Autos während eines Unfalls wirken. Und das alles, ohne ein echtes Auto zu beschädigen.

Große Fortschritte bei Simulationen

Bei der Simulation wurde über das Auto ein virtuelles Netz gespannt, das aus etwa 5.000 Knotenpunkten bestand. Man ließ die Berechnungen für jeden Punkt durchlaufen und konnte so sehen, wie sich ein Frontalcrash auf die einzelnen Teilstücke auswirkte. 

“Diese Modelle wirken aus heutiger Sicht eigentlich lächerlich”, sagt Simulationsexperte Thomas Krivec vom Leiterplattenhersteller AT&S. “Wenn wir heute eine Leiterplatte simulieren, dann hat die eine Million Elemente. Und das ist nicht einmal viel, wenn man sich anschaut, was etwa bei medizinischen Simulationen zum Einsatz kommt. Da hat ein virtuelles Herz an die 50, 60 Millionen Elemente.”

Simulationsferne Elektroindustrie

Simulationen sind für die heutige Fertigungsindustrie unerlässlich geworden. “Heute kann kein Auto mehr gebaut werden, ohne dass man simuliert”, weiß Krivec. In der Elektroindustrie ist man hingegen immer noch sehr simulationsfern. “Als ich vor 10 Jahren in die Leiterplattenindustrie gekommen bin, hat fast gar niemand simuliert”, erzählt er.

Der gelernte Kunststofftechniker kommt eigentlich aus dem Spritzguss. “Wer heute Spritzgusswerkzeuge produzieren möchte, muss zuerst Hunderttausende Euro in die Form und Maschinen investieren. Da wird alles simuliert, was geht. Die Elektronikindustrie macht das anders”, sagt Krivec.

So sieht ein simuliertes IC-Substrat aus.

So sieht eine simulierte Leiterplatte aus.

Oder zumindest war das in der Vergangenheit so. Bis vor wenigen Jahren würden nämlich einfach mehrere Prototypen in großen Stückzahlen produziert, monatelang getestet und die Ergebnisse am Schluss statistisch ausgewertet. “Dann kam man auf etwas drauf, was man bereits am Anfang ausrechnen hätte können.”

Seine Erfahrung mit Kunststoff hilft Krivec auch in der Leiterplattenherstellung. “Der Werkstoff ist für die Leiterplatte ganz zentral, und wir haben nur 2 drinnen. Das eine ist Kunststoff und das andere ist Kupfer.” Je nach Zusammensetzung und Aufbau wirken sich auch die Belastungen auf die Platte unterschiedlich aus.

Zeitvorteil durch Simulationen

Klassisch sind Temperaturwechsel: In der Luft- und Raumfahrt oder auch der Industrie kann die Umgebungstemperatur von Leiterplatten oft um mehr als 200 Grad schwanken. 1.000 stündliche Temperaturwechsel sind im Labor schnell simuliert, in einem realen Experiment würde allein der Testvorgang etwa 6 Wochen dauern. Auswertungen sind da noch nicht eingerechnet.

“Wir würden gern so schnell simulieren, wie wir produzieren”, sagt Krivec. “Im besten Fall ist eine Simulation nach wenigen Tagen abgewickelt, Ziel ist ein erstes Ergebnis innerhalb einer Woche.”

Daneben werden auch mechanische Belastungen - Stichwort Bendgate - oder etwa Änderungen der Luftfeuchtigkeit simuliert. Der hauseigene AT&S-Rechencluster mit 64 Kernen ist 24 Stunden am Tag und 7 Tage die Woche ausgelastet, es laufen immer 2 bis 3 Jobs parallel.

Flugzeugbau als Vorbild

Gern orientiert sich Krivec auch an der Flugzeugbranche, in der Simulationen das A und O beim Bau eines neuen Flugzeugmodells sind. Auch bei AT&S wolle man so weit kommen, dass bereits der erste Prototyp tadellos funktioniert. “Airbus testet auch nicht 77 Flugzeuge, bevor sie das erste abheben lassen. Das ist unser Vorbild, dort wollen wir hin.” 

Dieser Artikel entstand im Rahmen einer Kooperation zwischen futurezone und AT&S.

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Marcel Strobl

marcel_stro

Ich interessiere mich vor allem für Klima- und Wissenschaftsthemen. Aber auch das ein oder andere Gadget kann mich entzücken.

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