Wie Satelliten und KI dem Klimaschutz helfen
Mehr als 1.000 Erdbeobachtungssatelliten im Orbit haben ihren Blick nach unten gerichtet und messen mit ihren Instrumenten zu jeder Zeit, was auf der Erdoberfläche und in der Atmosphäre vor sich geht. Eine ihrer wichtigsten Aufgaben ist, Veränderungen des Klimas zu beobachten und zu kontrollieren, ob sich Staaten beim Bekämpfen des Klimawandels an internationale Vereinbarungen halten.
Ohne KI geht es nicht
Daten, die von Satelliten erzeugt werden, fallen aber nicht einfach so vom Himmel. Sie müssen erzeugt, verarbeitet und analysiert werden. Ein wachsendes Ökosystem an Unternehmen beschäftigt sich damit. „Daten aus dem Weltraum unterstützen Technologien, Analysen und Lösungen für die großen Herausforderungen von heute. Sie ermöglichen faktenbasierte Entscheidungen für Schlüsselthemen, wie den Klimawandel“, sagt Josef Aschbacher, Generaldirektor der europäischen Weltraumbehörde ESA. Sie veranstaltet diese Woche in Wien die Konferenz „Big Data from Space“.
Von „Big Data“ spricht man, weil die Datenmengen aus dem All so groß sind, dass Menschen sie kaum mehr ohne technische Hilfe analysieren können. Deshalb kommt Künstliche Intelligenz immer häufiger zum Einsatz, wie Inge Jonckheere von der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) auf der Konferenz schildert.
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Durch KI und Bilder von oben kann man etwa genau die Ausbreitung, Vielfalt und den Gesundheitszustand von Pflanzen analysieren oder Habitate wild lebender Tiere verfolgen. Daten aus dem All können auch den Zustand des Bodens oder Bewässerungsbedarf für die Landwirtschaft erfassen. Neben der Bekämpfung der Klimakrise geht es laut Jonckheere heute immer öfter um die Anpassung an ihre Folgen, denn: „Es läuft nicht gut beim Reduzieren von Treibhausgasemissionen.“
KI ermittelt die Gesundheit des Waldes
Rund 15 Prozent aller Wälder im Land werden von der Österreichischen Bundesforste (ÖBF) bewirtschaftet. Sie will sich künftig neuer Methoden bedienen, um möglichst genaue Daten über die Wälder zu besitzen, selbst über jene, die nur schwer zugänglich sind. Gemeinsam mit dem Austrian Institute of Technology (AIT), dem Bundesforschungszentrum für Wald (BFW) und der Universität für Bodenkultur (BOKU) wird in einem 5.000 Hektar großen Gebiet in Oberösterreich getestet, wie mithilfe von Drohnen, Lidar (Laserscanner) und Künstlicher Intelligenz „digitale Zwillinge“ von Wäldern erstellt werden können.
Bei den Messungen werden u. a. die Höhe der Bäume, Kronendichte, Totholzanteil und natürliche Verjüngung ermittelt. Selbstlernende KI übersetzt die Werte in digitale Modelle, die Rückschlüsse auf den Zustand und die Gesundheit des Waldes erlauben.
Gefahrlose Kontrolle
„Viele unserer Wälder sind sehr steil und schwer bis gar nicht zugänglich. Erhebungen am Boden können daher oft nur eingeschränkt durchgeführt werden und bergen ein nicht zu unterschätzendes Unfallrisiko, das wir minimieren wollen. Eben dort können Daten aus der Luft und KI zum Gamechanger werden“, sagt Georg Schöppl, Vorstandssprecher der Bundesforste. „Die laufende Pflege und Etablierung klimafitter Wälder ist überlebenswichtig. Alles, was uns dabei hilft, diese Aufgabe besser zu bewältigen, wollen wir nutzen.“
Geld für Wald
In ihrer Arbeit bei der FAO beschäftigt sich die Forscherin viel mit Waldinventuren. Staaten müssen Messdaten zu Umfang und Veränderungen ihrer Waldbestände vorlegen, um internationale Rahmenübereinkommen zu erfüllen. Gerade Entwicklungsländer haben großes Interesse daran, weil sie dadurch an Geld kommen, etwa aus dem Grünen Klimafonds der Vereinten Nationen.
Ihnen fehlen aber oft die technischen Mittel zur Überwachung ihrer Waldbestände oder die finanziellen Mittel zur Nutzung kommerzieller Datenanalysewerkzeuge. Hier hält die FAO eine ganze Sammlung an frei verfügbaren Open-Source-Programmen und Zugang zu Satellitendaten bereit. Das Angebot wird gut genutzt.
Keine Garantie auf Besserung
Die große Frage am Ende ist, ob Länder tatsächlich bessere Entscheidungen im Sinne des Klimaschutzes treffen, wenn sie bessere Daten haben. Laut Inge Jonckheere gibt es dafür keine Garantie: „Manche Entwicklungsländer sind extrem korrupt. Das Geld kommt oft nicht bei jenen Menschen an, die mit den Folgen des Klimawandels leben müssen.“
Die Dringlichkeit, den menschengemachten Klimawandel zu bremsen oder sich auf seine Folgen einzustellen, sei jedenfalls sehr hoch. „Die Kosten, die Katastrophen wie Waldbrände oder Überschwemmungen verursachen, sind viel höher als die Vorbereitung darauf.“