So sieht das Coronavirus in 3D aus
Einen neuen, dreidimensionalen Blick auf jenen winzigen Erreger, der seit knapp einem Jahr weltweit unvorstellbar große Umwälzungen verursacht, ermöglichen u.a. Wiener Forscher in Video-Visualisierungen. Das Besondere daran: Es handelt sich um kein Modell, sondern um durch neue Techniken entstandene 3D-Abbildungen "echter" SARS-CoV-2-Viren aus schockgefrorenen Proben. Laut dem TU Wien-Spin-off Nanographics sind dies die ersten ihrer Art.
Von dem vor rund einem Jahr aufgetauchten neuen Coronavirus kursieren mittlerweile schier unzählige Darstellungen. Allen gemein ist ihre Kugelform mit den charakteristischen Spike-Proteinen, die der Erreger zum Andocken an und Eindringen in menschliche Zellen benötigt. Modellhafte Darstellungen begleiten die Pandemie bisher in unzähliger Anzahl und Form - von der möglichst realitätsnahen Darstellung aus Basis wissenschaftlicher bis zur Comic-haften Darstellung für Kinder.
Die Visualisierungen der Wiener Firma fußen nun auf Daten von Forschern von der Tsinghua University in Peking. Dort hat es ein Team um Sai Li von der School of Life Sciences geschafft, intakte SARS-CoV-2-Viruspartikel in Proben zu extrahieren, sie mit Kryoelektronenmikroskopie abzuscannen und zu digitalisieren, erklärt Ivan Viola von der Technischen Universität (TU) Wien und der King Abdullah University of Science and Technology (Saudi-Arabien). Wichtig war hier, dass durch das Scannen der Probe die Spike-Proteine möglichst nicht in ihrer Struktur verändert wurden.
Salzlösung verschwinden lassen
Um die derart gewonnenen Daten der einzelnen Viren auch sichtbar zu machen, mussten die Experten von Nanographics Methoden finden, um die Salzlösung, in die die von den Wissenschaftern möglichst dicht nebeneinander gepackten Erreger-Partikel eingebettet waren, sozusagen verschwinden zu lassen. In einer der Visualisierungen lässt sich nachvollziehen, wie die Viren Schritt für Schritt aus dem Hintergrund heraustreten.
Es sei faszinierend, wie auf Basis der tatsächlichen Mikroskopie-Daten "direkt ziemlich detailliert die Virusstruktur zum Beobachten ist", die den geläufigen indirekten Darstellungen gut entspricht, so Viola zur APA. Die Visualisierung sei die weltweit erste Darstellung derartiger Daten in derart hoher visueller Qualität.
Die von den Forschern entwickelten Methoden sollen künftig dabei helfen, biologische Mikroskopie-Daten leichter und schneller zu analysieren. Zusammen mit den chinesischen Biologen und in Kooperation mit Forschern vom Scripps Research Institute (USA) arbeiten u.a. die Experten der KAUST an der Verbesserung und Neuentwicklung von Software-Lösungen, um Strukturmodelle zu erstellen. So sind dem Wiener Uni-Spin-off bereits äußerst detaillierte, animierte Modelle der Aufbaus von SARS-CoV-2 gelungen, in die auch verschiedene Annahmen zur Feinstruktur von Oberfläche und Innenleben des Erregers eingingen.