Sputnik V: Verwirrung um Fehler beim Vektorimpfstoff
Der russische Impfstoff Sputnik V sucht derzeit in mehreren Ländern um Zulassung an, unter anderen prüft die EMA den Impfstoff. Kürzlich lehnte die brasilianische Gesundheitsbehörde Anvisa den Impfstoff ab. Grund dafür war scheinbar ein Fehler bei der zweiten Dosis.
Wie AstraZeneca und Johnson & Johnson ist auch Sputnik V ein sogenannter Vektorimpfstoff. Dafür wird ein harmloser Trägervirus, also ein Vektor, eingesetzt. Im Fall dieser 3 Coronavirus-Impfstoffe handelt es sich dabei um den Adenovirus, jedoch setzen alle 3 verschiedene Arten ein. Sputnik V verwendet 2 verschiedene: Ad26.COV2-S für die erste und Typ 5 (Ad5) für die zweite Impfung. Damit will man verhindern, dass der Körper nach der ersten Teilimpfung eine Immunantwort auf Ad26 ausbildet und damit die zweite Impfung weniger oder gar nicht effektiv ist.
Vektorenviren inaktiv machen
Die Vektoren bringen das Spike Protein von SARS-CoV-2 zur Immunzelle. Diese bildet Antikörper aus. Damit sich die Adenoviren nicht unkontrolliert im Körper vermehren können, schneidet man in der Regel die Proteine E1 und E3 aus dem Adenovirus heraus.
Damit soll einerseits Platz für das Spike-Protein geschaffen werden, es gibt aber weitere Gründe, sie zu entfernen. „E1 wird entfernt, damit sich das Adenovirus im Körper nicht mehr vermehren kann. Schneidet man es nicht heraus, könnte sich der Gesundheitszustand von Geimpften mit einem schwachen Immunsystem verschlechtern“, erklärt die Virologin Monika Redlberger-Fritz von der MedUni Wien im Gespräch mit der futurezone. Für gesunde Menschen seien die Auswirkungen gering.
Ad5 vermehrt sich
Wird E3 entfernt, kann das Adenovirus das Immunsystem nicht mehr umgehen. „Man entfernt sozusagen die Tarnkappe des Virus“, so Redlberger-Fritz. Die Untersuchung der brasilianischen Gesundheitsbehörde Anvisa hat ergeben, dass Ad5 nicht inaktiv gemacht wurde, da es sich vermehren konnte.
Auf Twitter führte die Virologin Angela Rasmussen aus, dass den Angaben von Anvisa zufolge, Ad5 bei einem Test mit A549-Zellen (Lungenzellen) sogenannte Plaques bildete, also Löcher in den Zellen. Das passiert, wenn die Viren Zellen infizieren, abtöten und sich auf die Nachbarzellen ausbreiten.
Zudem vermutet sie, dass möglicherweise nicht ausreichend Platz für das Spike-Protein geschaffen wurde. Damit würde sich das Adenovirus im Körper vermehren, ohne dass eine Immunantwort für das Coronavirus ausgebildet würde. Ob ähnliche Probleme bei der ersten Impfdosis mit Ad26 auftreten, wurde noch nicht untersucht.
Zulassung in EU fraglich
„Die Hersteller müssen wie bei AstraZeneca und Johnson & Johnson bestimmte Qualitätsrichtlinien nachweisbar erfüllen. Wir haben dafür derzeit nicht genug Daten für Sputnik V. Zwei Darreichungsformen hatten bereits eine andere Zusammensetzung als sie in der Phase-3-Studie angeben war, die in The Lancet veröffentlicht wurde“, sagt Redlberger-Fritz. Unter diesen Umständen erhalte Sputnik V keine Zulassung durch die EMA, so die Virologin.
Sputnik V: Fake News und politische Entscheidung
Auf Twitter wehrt sich das Sputnik-V-PR-Team gegen die Vorwürfe. Die Ablehnung durch die brasilianische Gesundheitsbehörde sei „politischer Natur“ und habe nichts mit der Datenlage zu tun, heißt es in einem Statement.
E1 sei entfernt worden. Die Informationen seitens Anvisa seinen falsch und hätten keine wissenschaftliche Basis. Der Impfstoff sei bei der Entwicklung und Produktion im Gamaleya Center in Moskau geprüft worden und man habe keine Anzeichen auf vermehrungsfähige Adenoviren gefunden.
Manipulationsvorwürfe durch die EU
Auch die EU hatte Russland und China vorgeworfen, Falschinformationen über Sputnik V zu verbreiten. Einem Bericht des Auswärtigen Dienst der EU (EAD) zufolge würden unter anderem soziale Medien genutzt, um weltweit aggressiv für die jeweiligen staatlichen Impfstoffe zu werben. Das sei mit Desinformation und Manipulation verbunden. Man versuche gleichzeitig, das Vertrauen in westliche Vakzine zu untergraben und Einfluss auf den Westbalkan zu nehmen. "'Impfstoff-Diplomatie' hat die 'Masken-Diplomatie' vollständig ersetzt", heißt es im Bericht.
Auch dagegen wert sich Sputnik V auf Twitter und wittert eine Attacke gegen den Impfstoff. Das schade der Gesundheit auf der ganzen Welt und blockiere die Zulassung von Sputnik V aus politischen Gründen. Man arbeite aber trotzdem mit der EMA zusammen, heißt es seitens Sputnik V.