Weltraumforscher: "Es gibt keine Alternative zum Planeten Erde"
"In unserem Sonnensystem gibt es einfach keine Alternative zu unserem Planeten Erde. Und genau deshalb müssen wir auf diesen so gut aufpassen", sagt der renommierte Weltraumforscher Rudolf Schmidt in seiner Eröffnungskeynote des futurezone Day am Donnerstag in Wien. So spannend sich die Suche nach bewohnbaren Planeten und Monden gestalte und so faszinierend die Vision einer Besiedelung erscheine - in der Realität habe die Menschheit praktisch keine Möglichkeit, abseits der Erde sesshaft zu werden.
"Die äußeren Planeten Jupiter, Saturn, Venus und Neptun fallen als Gasplaneten weg, Merkur und Venus sind zu heiß, also bleibt neben der Erde eigentlich nur der Mars übrig, der ein gewisses Potenzial bietet", sagt Schmidt. Doch auch dieser sei als Option trotz einer zumindest schwach ausgeprägten Atmosphäre und vorhandenem flüssigem Wasser im Untergrund kaum überzeugend.
Eiskalter Sommer auf dem Mars
"Im Hochsommer hat es auf dem Mars minus 20 Grad, im Winter bis zu minus 100 Grad. Durch den geringen Druck und die geringe Atmosphäre müssten wir dauernd im Raumanzug herumlaufen", erteilt Schmidt Hoffnungen von Marsenthusiasten einen Dämpfer. In die engere Auswahl als bewohnbarer Ersatz für unsere Erde kommen dem Weltraumexperten zufolge zudem fünf bis sieben Monde um Saturn und Jupiter.
Doch auch diese, wie der Saturn-Mond Titan, der als einziger bekannter Mond unseres Sonnensystems über eine Atmosphäre verfüge und zudem flüssiges Wasser aufweise, seien eigentlich keine realistische Option. "Das Wasser verbirgt sich unter einer 30 Kilometer dicken Eisschicht. Sehr einladend ist das ganze also leider nicht", sagt Schmidt. Titans Oberfläche konnte 2006 erstmals mittels einer europäischen Sonde erkundet werden.
Exoplaneten als ferne Option
Als Ausweg bleiben der Menschheit folglich nur die sogenannten Exoplaneten außerhalb unseres Sonnensystems. Von diesen werden dem Forscher zufolge mittlerweile um die 200 pro Jahr entdeckt, von denen einige auch unter Umständen erdähnlich oder zumindest bewohnbar sein könnten. Als interessanter Kandidat gilt dabei der vermutete Exoplanet "Gliese 570", der gleich von drei Sonnen bestrahlt wird und etwa 19 Lichtjahre von der Erde entfernt liegt.
Abgesehen davon, dass neuere Messungen die Einstufung als Exoplaneten weniger wahrscheinlich machen, sei aber auch Gliese 570 als Alternative für die Menschheit irrelevant. "Das Problem ist: Wir brauchen 30.000 bis 40.000 Jahre, um dorthin zu fliegen", merkt Schmidt in seinem Vortrag an. Angesichts all dessen sei es unerlässlich, dass die Menschheit ihren eigenen Planeten, die Erde, schütze und lebenswert erhalte.
Erdbeobachtung aus dem All
Der langjährige ESA-Forscher wies in diesem Zusammenhang auf die Wichtigkeit von Satellitenprogrammen hin, die zur Erdbeobachtung eingesetzt werden. Etwa 150 Satelliten sind aktuell Tag und Nacht allein für diesen Zweck unterwegs. Europa und die EU spielen dabei eine federführende Rolle. Die EU-Investitionen ab 2014 für die Erdbeobachtung aus dem All beziffert Schmidt mit 3 Milliarden Euro, ab 2021 wird die EU 7 Milliarden zur Verfügung stellen.
Mit den Satellitendaten - etwa des Copernicus-Programms - wollen die Forscher den Zustand der Erde und Auswirkungen von Umweltzerstörung und Klimawandel besser verstehen. Schmidt wies in diesem Zusammenhang auf verblüffende Erkenntnisse hin, was etwa die 2019 grassierenden Waldbrände betreffe.
Nicht nur Amazonas als Problem
"Die Zahl der Waldbrände ist im August 2019 im Vergleich zum Vorjahr von 16.000 auf 80.000 explodiert. Und während die ganze Welt - auch medial - auf den Amazonas schaut, zeigen Satellitendaten, dass 50 Prozent dieser Brände in Asien stattgefunden haben", sagte Schmidt. Es sei angesichts solcher Daten unerlässlich, das Augenmerk zu erweitern.