Sunny4Urban: Ein Tool für bessere Erträge bei Photovoltaikanlagen
Wer in Städten wie Wien wohnt weiß, eine Solaranlage zu installieren ist gar nicht so einfach. Es braucht die Zustimmung aller Eigentümer und man muss den Brand- oder Denkmalschutz beachten. Das alles hat aber noch wenig mit der Optimierung des Ertrags der Solaranlage zu tun.
Denn dieser fällt geringer aus, wenn sich der Schatten anderer Gebäude über die Solarzellen legt. Welche Faktoren man bei der Installation einer Photovoltaikanlage beachten muss und wie man sie am besten platziert, muss man bald nicht mehr alleine herausfinden. Denn das Forschungsprojekt Sunny4Urban hilft, die richtige Stelle für den Stromlieferanten zu finden.
Ein Planungstool für Photovoltaik
Bei Sunny4Urban handelt es sich um ein interaktives Planungstool, das das Solarpotenzial einer Stadt übersichtlich aufzeigt und präzise darstellt. Durch das Tool soll also die Planung von Photovoltaikanlagen einfacher werden. Es hilft bei großen Dächern, kann aber auch für Balkonkraftwerke oder Fassadenanlagen genutzt werden.
Denn zu den größten Herausforderungen bei der Installation von Photovoltaikanlagen im städtischen Raum zählt den idealen Platz zu finden. Es sollte zumindest ein Standort sein, an dem das ganze Jahr über möglichst wenig Schatten fällt. “Daneben gibt es baupolizeiliche Herausforderungen und selbst für Balkonkraftwerke ist oft eine Genehmigung erforderlich”, sagt Christoph Traxler, der für das Projekt beim Partner VRVis zuständig ist.
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Daten für mehr Durchblick
Damit man mit Sunny4Urban den besten Platz für die Solaranlage findet, werden verschiedene Datenquellen genutzt. Dafür werden erstmals meteorologische Daten, 3D-Analysen, Klimasimulationen und ein benutzerfreundliches Design kombiniert. Das bedeutet, es fließen Langzeitprognosen der Solarstrahlung ein. Auch historische Wetterdaten werden analysiert.
Mit den Klimadaten wird ein spezieller Fokus auf das Potenzial von verschiedenen Regionen gelegt bzw. zukünftige Entwicklungen abgeschätzt. Damit verschiedene Daten auch zusammenpassen, werden jene aus europäischen Systemen, wie Copernicus oder EUMETSAT, genutzt. Darüber hinaus werden auch lokale Gegebenheiten, wie die Vegetation, Verschattung oder architektonische Aspekte, berücksichtigt.
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Die Visualisierung von PV-Paneelen
Um das Solarpotenzial an einem bestimmten Ort darzustellen, wird ein 3D-Visualisierungstool genutzt. Dieses basiert auf dem HORA-3D-System des VRVis, wodurch hochdetaillierte Darstellungen möglich sind.
Welche Visualisierungen der Prototyp aktuell liefert
© VRVis
Das Planungstool basiert auf der zu erwartenden Sonneneinstrahlung und einem Mikroklima-Modell von dem Projektpartner Ubimet, wodurch der jährliche Energie-Output genau berechnet und interaktiv dargestellt werden kann. “Die Sonneneinstrahlung wird über das Jahr akkumuliert, wobei auch die wechselnde Beschattung berücksichtigt wird. Es werden konkrete PV-Paneele simuliert und deren Energie-Output in einem Dashboard dargestellt”, sagt Traxler.
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Was den Ertrag beeinflusst
“Sunny4Urban berücksichtigt die durchschnittliche Bewölkung und den Dunst (Diesigkeit) im Jahr. Das sind Faktoren der zukünftigen klimatischen Veränderungen”, sagt Traxler. Laut ihm könne auch Hitze ein Thema sein, das bei der Installation von Solaranlagen berücksichtigt werden sollte. “Die Kennzahl für die optimale Betriebstemperatur liegt bei den meisten PV-Paneelen bei 25°. An sehr heißen Tagen muss mit einem Leistungsabfall gerechnet werden”, erklärt der Koordinator des Projektes, Stefan Wilker von der TU Wien.
Mit Sunny4Urban könnte man z.B. herausfinden, dass ein Balkonkraftwerk, das an der Innenseite statt am Geländer montiert wird, die Investition einer Photovotaikanlage nicht rechtfertigt. Denn das Tool zeigt dann, dass die Verschattung über das Jahr gesehen zu hoch und der Energiegewinn zu gering ist.
Die Beteiligung von Bürgern an der Energiewende
Sunny4Urban soll ermöglichen, dass sich auch Bürgerinnen und Bürger an der Energiewende beteiligen können. So soll beispielsweise die Bildung von Energiegemeinschaften erleichtert werden.
Denn das Sunny4Urban-Tool richtet sich nicht nur an Stadtplanerinnen und Stadtplaner oder an PV-Installateure für Dach- und Fassadenmontagen. Es ist auch für Hausgemeinschaften und Privatpersonen gedacht, die es beispielsweise für die Planung von Balkonkraftwerken nutzen können. Damit Sunny4Urban genau auf die Bedürfnisse und Anforderungen der Zielgruppen eingehen kann, wurden diese früh in die Gestaltung miteinbezogen und zu einem Workshop eingeladen.
Der aktuelle Stand des Projekts
In Wien sollen bis 2030 11 Terrawattstunden an Photovoltaikleistung installiert werden. Laut dem Wiener Klimafahrplan soll die Metropole eines Tages die Solarhauptstadt Europas werden. Sunny4Urban kann dazu einen Beitrag leisten.
Momentan befindet sich das Forschungsprojekt aber noch in der Planungsphase. Bisher wurden wichtige Anwendungsfälle, aber auch Zielgruppen und beteiligte Personen oder Gruppen, identifiziert. Mittlerweile gibt es auch einen ersten Prototypen, der zeigt, wie man Solarpaneele am besten auf Dächern oder Fassaden platziert.
Wie es mit dem Projekt weitergeht
Der Projektstart von Sunny4Urban war im November 2024. Bis April 2027 läuft das Projekt noch, an dem auch die TU Wien, die Ubimet GmbH, die OurPower Energiegenossenschaft und Data Intelligence Offensive (DIO) mitwirken. Bis dahin soll der Prototyp für das 3D-Planungs-Tool fertig sein. Sunny4Urban wird dann als Webanwendung zur Verfügung gestellt.
“Bei einem solchen Forschungsprojekt entsteht noch keine marktreife Lösung, sondern ein Prototyp, der die Funktionsweise demonstriert und für User Studies verwendet werden kann”, erklärt Traxler. Vorerst soll Sunny4Urban nur in Wien eingesetzt werden. Mit einem Nachfolgeprojekt könne man den Einsatz aber auch auf andere Städte oder Länder ausweiten.
Dieser Artikel entstand im Rahmen einer Kooperation mit VRVis.