Wie Start-ups Ägypten für Öko-Touristen attraktiv machen
Es mag überraschen, aber Afrika gilt als globaler Trendsetter im Technologie-Bereich. Beim diesjährigen kontinentalen Weltwirtschaftsforum (WEF) in Kapstadt hat sich beispielsweise der Kleinstaat Ruanda als weltweit einziges Land mit einem Drohnenliefersystem etabliert. Ägypten hingegen will die vierte industrielle Revolution nun verstärkt in die Tourismusbranche einbeziehen. Das Nil-Land gilt als eines der beliebtesten Reiseziele im Mittelmeerraum – im vergangenen Jahr zählte es neun Millionen Besucher.
Seit zwei Jahren wächst die dortige Tourismusindustrie stetig, berichtet Addaia Arizmendi, Expertin im Bereich Innovation und digitale Transformation bei der UN World Tourism Organisation. Die futurezone sprach mit ihr im Rahmen des Mentoring-Programms "Travel Tech 4 Good" (TT4G), das vergangene Woche in Kairo stattgefunden hat. Dieses wurde von der TUI Care Foundation und der Berliner Non-Profit-Organisation enpact ins Leben gerufen.
Nachhaltiger Tourismus
Gemeinsam mit elf Mentoren haben fünf ägyptische Start-ups Konzepte und Strategien erarbeitet, um ihre innovativen Unternehmen aufzubauen. Ihr Ziel: Mithilfe von Technologie und Digitalisierung einen nachhaltigen Tourismus in Ägypten schaffen.
Die Herausforderungen in Ägypten und vielen anderen Entwicklungsländern sind groß. Laut dem enpact Startup Friendliness Index haben Unternehmen in Kairo einen defizitären Zugang zu Fachwissen, Finanzmitteln oder Expertenunterstützung, um ihre Geschäftsideen umzusetzen. Das soll sich durch das TT4G-Programm und die neuen Unternehmensgründungen ändern.
Gründer mit globalem Netzwerk verbunden
Nach einer Nacht in der Wüste, wo die Teilnehmer des TT4G Kraft getankt haben, wurden sie von den unterschiedlichen Mentoren im Startup House Kairo dabei unterstützt, ihre Marke aufzubauen. Ihre Ideen pitchen die jungen Gründer im Dezember. Neben einem Preisgeld von 5.000 Euro erhält der Sieger Zugang zu einem globalen Netzwerk aus Kunden, Investoren und Stakeholdern.
"Die Jury besteht aus Experten der Vereinten Nationen, TUI, dem Ministerium für Tourismus und Nachhaltigkeit sowie einem internationalen Netzwerk. Wir bringen die besten Leute zusammen“, sagt Jost Neumann von der TUI Care Foundation. Nach Ende des Programms in Kairo wird die Initiative Anfang nächsten Jahres auch in einer anderen afrikanischen Destination ausgerollt.
Fünf Start-ups mit gleicher Mission
Unter den 50 Bewerbungen für das Mentoring-Programm wurden fünf Start-ups für nachhaltigen Tourismus ausgewählt. futurezone hat sie in Kairo begleitet.
Geo Travel
Die 31-jährige Reham Abobakr hat nach ihrer Karriere im Öl-Sektor das Unternehmen Geo Travel gegründet, das innerhalb von drei Jahren über 2.400 Kunden gewonnen hat, wie sie gegenüber futurezone erzählt. Es ist das erste Unternehmen in Ägypten, das sich auf Geotourismus spezialisiert hat. Dabei erhalten Urlauber Informationen zur Geografie und Ökologie, insbesondere von geschützten Arealen in Ägypten. Gegründet wurde Geo Travel vor drei Jahren. „Zwei Jahre habe ich alleine gearbeitet“, sagt Abobakr. Nun hat sie ein Team aus weiteren drei wissenschaftlichen Mitarbeitern aufgebaut, die Reisende bei ihren Exkursionen begleiten und sie über die jeweilige Naturbeschaffenheit informieren. Gebucht wird über Facebook.
ToBadaa
ToBadaa ist wie Uber, aber für Ausflüge zu unterschiedlichen Destinationen. Dieses Start-up bietet Urlaubern an, sich Reiseleiter, Uhrzeiten und Reiseziele flexibel selbst zu gestalten. Nutzer werden mit dem Privatauto abgeholt, anstatt mit großen Touristenbussen. „Sie können beispielsweise auch nur einen Sitz buchen“, sagt Ahmed Hamed, der Gründer von ToBadaa. Derzeit ist das Start-up dabei, die App für Touristen und danach für Reiseführer zu entwickeln. „Seit vier Monaten arbeiten wir daran und nun starten die Gespräche mit Unternehmen“. Mit dieser Idee will ToBadaa lokale Reiseveranstalter und Reiseleiter unterstützen, Urlaubern authentische und ehrliche Ausflüge anbieten und ein Bewusstsein für das kulturelle Erbe schaffen.
Conictus
Amir Gerges hat das Unternehmen Conictus gestartet, das auf unterschiedlichen Stufen agiert. Zum einen schafft es eine Datenbank, in der Informationen über die Beschaffenheit der Ozeane gesammelt werden, um so ökologische Bedürfnisse sicherzustellen. Die Daten, zum Großteil generiert durch Fotos, werden sowohl von Tauchtouristen als auch von Tauchagenturen auf die Conictus-Plattform hochgeladen. Ein Algorithmus analysiert sie und ermittelt, was für Areale oder Meerestiere von Nutzen ist, um ihre Vielfalt zu sichern. Weiters unterstützt eine künstliche Intelligenz Tauchtouristen beim Buchen und Gestalten ihrer Tauchgänge. Derzeit ist das Unternehmen noch in der Aufbauphase.
Blue Odysea
Auch das Start-up von Raghda Ezzekdin, die nationale Rekordhalterin im freien Tauchen ist, bedient sich des Elements Wasser. Blue Odysea geht aber in eine eher ungewöhnliche Richtung. Zugeschnitten ist es auf Free Diving (Apnoetauchen), bei dem ohne Sauerstoffflasche getaucht wird. Das Unternehmen will anhand dieser Free-Dive-Erfahrungen Menschen mit der Unterwasserwelt verbinden und ein stärkeres Bewusstsein für die Natur schaffen.
Halla Travel
Halla Travel ist eine Online-Plattform, die Touristen mit ägyptischen Reiseagenturen verbindet. Besucher bekommen über das Portal die Möglichkeit, aus einer Reihe an Reiseangeboten das passende auszusuchen, ähnlich wie Booking.com für die Hotelbranche. Die Agenturen hingegen haben über die Online-Verbreitung Zugang zu mehr Kunden. Auch erhalten sie diverse Leistungen, wie Beratungen, um ihre Performance zu steigern.